"Wir wollen Udo!" - am 25. Oktober 1983 spielt Udo Lindenberg in Ost-Berlin ein Konzert. Doch viele seiner Fans schaffen es gar nicht in den Palast der Republik. Seine Fans aber sitzen nicht im, sondern stehen vor dem Palast der Republik und rufen "Wir wollen rein!".

Drinnen bereitet sich Udo Lindenberg auf sein Konzert vor - sein erstes in der DDR. Lange hat er sich darum bemüht, in Ost-Berlin auftreten zu dürfen. Nun hat ihn die DDR-Spitze als Friedensboten eingeladen. Wie ist es dazu gekommen?

Blick zurück auf den Anfang der 1980er-Jahre: Tausende gehen aus Angst vor einer nuklearer Katastrophe auf die Straße – auch in der DDR. 1976 hatte die Sowjetunion SS-20 Raketen gebaut, deren atomare Ladung die achtzigfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe besaß. 1979 setzte Bundeskanzler Helmut Schmidt den Nato-Doppelbeschluss durch: Sollten (vierjährige) Verhandlungen scheitern, würden amerikanische Mittelstrecken-Raketen des Typs Pershing II und Cruise Missiles zur atomaren Abschreckung im Bundesgebiet stationiert.

Gegen die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen auf dem Bundesgebiet demonstrieren 1983 unter anderem in Süddeutschland 220.000 Menschen. Sie bilden die damals längste Menschenkette der Welt auf 108 Kilometern zwischen Plochingen und Ulm.

Auch Udo Lindenberg engagiert sich in der Friedenspolitik. Die DDR Spitze registriert, dass er sich nicht nur gegen sowjetische sondern auch amerikanischen Atomraketen ausspricht. Lindenberg wird den "Genossen" als Friedensbote gegen das Wettrüsten präsentiert.

Nach einem Brief an den DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, wird Lindenberg zu einem Friedenskonzert in den Palast der Republik eingeladen. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) richtet am 25. Oktober 1983 das Konzert "Für den Frieden der Welt - Weg mit dem NATO-Doppelbeschluss" aus. Auf ein Honorar verzichtet der Musiker. Auch der US-Amerikaner Harry Belafonte wird singen.

Belafonte reist über Schönefeld, Lindenberg über den Grenzübergang Invalidenstraße ein. Hauptsächlich linientreue Gäste bekommen ein Konzertticket - und so warten die eigentlichen Lindenberg-Fans vor dem Palast der Republik. Nach einem Soundcheck entwischt Lindenberg seinen Aufpassern. Er wird von Fans bestürmt und durch die Menge getragen.

Die Menge seiner Fans vor dem Palast wächst: Die Jugendlichen versuchen im Lauf des Abends, die Absperrung der Volkspolizei zu durchbrechen und skandieren "Wir wollen rein!". Die Stasi geht teils mit brutaler Gewalt gegen Jugendliche vor und verhaftet rund 50 Personen.

Vier Lieder spielen Udo Lindenberg und sein Panikorchester im Palast der Republik. Den "Sonderzug nach Pankow" singt er allerdings nicht.

"Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen." sagt er am Abend. "Nirgendwo wollen wir auch nur eine einzige Rakete sehen, keine Pershings und SS-20." Mit der Kritik an den sowjetischen Mittelstreckenraketen SS-20 bricht er in der DDR ein Tabu.

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