Handball-Bundesliga - Weniger Füchse, mehr Erfolg?!

Fr 20.10.23 | 19:18 Uhr
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Jubel bei den Füchsen Berlin (imago images/O.Behrendt)
Video: rbb24 | 20.10.2023 | Bild: imago images/O.Behrendt

Die Füchse Berlin sind makellos in die Saison gestartet, dominieren die Handball-Bundesliga. Warum der Trainer trotzdem ratlos ist und sein bester Spieler Schwächungen als Stärke ansieht. Von Ilja Behnisch

Auf den ersten Blick sah man Stefan Kretzschmar (50) die Anstrengung, die das Topspiel der Handball-Bundesliga gegen die MT Melsungen gewesen sein muss, nicht an. Der Sportvorstand der Füchse Berlin stellte sich nach dem 37:31-Erfolg des Tabellenersten gegen den Tabellenzweiten in gewohnter Rockstar-Pose vor die Mikrofone und Kameras. Dann erst merkte man auch dem ewig jugendlichen Kretzschmar an, dass dieses Spiel ans Eingemachte gegangen war.

"Wir kämpfen um alles"

Eine "absolute Top-Mannschaft" sei dieses Melsungen gewesen, so Kretzschmar. Er gab damit eine Lesart vor, der sich seine Spieler später vorbehaltlos anschlossen. Kleinigkeiten hätten die Partie entschieden. "Ein paar mehr Tor-Paraden" etwa oder Nils Lichtlein, der in der Schlussphase die Verantwortung übernahm und traf. Sagte es und schnaufte, leicht angeschwitzt, erstmal durch, dieser Stefan Kretzschmar. So als könne er selbst nicht ganz glauben, was seine Jungs, wie er sie durchgehend nennt, da seit Saisonbeginn auf die Platte bringen.

Zwölf Siege in zwölf Pflichtspielen sind es inzwischen. Davon zehn Siege in zehn Bundesliga-Partien. Die Füchse sind das, wie passend, zehnte Team in der Liga-Historie, denen ein solcher Start gelungen ist. Sechs davon holten anschließend auch die Meisterschaft.

Die will auch Kretzschmar, weil: "Wir kämpfen um alles was es gibt. Das wollen wir. Dem stellen wir uns." Auch wenn der Ex-Nationalspieler (218 Länderspiele) sofort pflichtgemäß einschränkt, dass da noch ein paar andere Teams mit "einer hohen Qualität" lauern würden. "Wir werden nicht ungeschlagen durch die Saison gehen, das ist klar."

Der beste Spieler der Welt

Zumal die Füchse auch im Vorjahr brilliant gestartet waren und bis in den November hinein ungeschlagen blieben in der Bundesliga. Tabellen-Führung inklusive. Am Ende reichte es nur für Rang drei, bei acht Punkten Rückstand auf den Meister aus Kiel.

Auch deshalb will Trainer Jaron Siewert von nichts weiter als einer "schönen Momentaufnahme" sprechen: "Es wird noch sehr viel Wasser die Spree runterfließen, bis wir uns mit solchen Fragen beschäftigen."

Nun fließt die Spree mit 36 Kubikmeter pro Sekunde in den Weltenlauf, was viel klingt, in der Tat aber recht wenig ist. Bei der Elbe etwa, nur mal zum Vergleich, sind es satte 711 Kubikmeter pro Sekunde. Dabei scheint es durchaus angebracht, diese Füchse-Mannschaft als Titel-Kandidaten mindestens mal in Betracht zu ziehen.

Da wäre etwa der schon von Stefan Kretzschmar besungene Torhüter, Dejan Milosavljev, von dem sein Mitspieler Mathias Gidsel sagt, er sei der "beste Torwart der Welt". Und das will was heißen, schließlich sagt wiederum Sportvorstand Kretzschmar, Gidsel sei der "momentan vielleicht beste Spieler der Welt". Trainer Siewert wiederum freute sich nach dem Sieg gegen Melsungen vor allem darüber, dass "jeder Spieler so seine Phase hatte, in der er performt hat".

"Ehrlich gesagt - keine Ahnung"

Angesichts der aktuellen Mannschafts-Tiefe der Füchse, so möchte man anfügen, bleibt dem Team derzeit auch nichts anderes übrig, will es seine Spiele gewinnen. Der ohnehin schmale Kader ist durch die Verletzungen der Leistungsträger Paul Drux, Fabian Wiede und Max Darj zusätzlich ausgedünnt. Für Mathias Gidsel ist das jedoch fast schon ein Vorteil, denn "die Spieler, die da sind, wissen, sie müssen liefern".

Auch der Schweizer Andy Schmid, einer der besten Spielmacher seiner Zeit und 2016 und 2017 mit den Rhein-Neckar Löwen deutscher Meister, erinnerte sich unlängst im "Tagesspiegel" [tagesspiegel.de]: "Als wir Meister geworden sind, haben wir mit mehrheitlich acht Leuten durchgespielt."

Trainer Jaron Siewert wird der Verknappung als Erfolgsformel wohl eher weniger abgewinnen können. Schon jetzt muss er die Waffen seines bekanntermaßen immensen Fachwissens strecken, fragt man ihn, wie seine Mannschaft die vielen Verletzungen denn auffange. "Ehrlich gesagt - keine Ahnung", so die Ad-hoc-Antwort des 29-Jährigen, ehe er versuchte, das Geheimnis doch irgendwie zu entschlüsseln: "Ich glaube, jeder steht für jeden ein. Jeder gibt dieses Extra-Prozent." Selbst der Sportvorstand mit den Rockstar-Posen. Wenn auch nur auf den zweiten Blick.

Sendung: rbb24, 20.10.2023, 18 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich Fan Löwen, mein Mann Füchse…spannend. Aber Gratulation für die aktuellen Leistungen an die Füchse. Wir waren gerade etwas eingespannt, freuen uns aber auf die Spannung im Fuchsbau!

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