Änderung des Mobilitätsgesetzes - Berliner CDU will Vorrang für Radfahrer abschaffen

Fr 15.09.23 | 16:25 Uhr
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Ein einzelner Radfahrer auf der Leipziger Straße in Berlin (Quelle: Photothek/Florian Gaertner)
Audio: rbb24 Inforadio | 15.09.2023 | Jan Menzel | Bild: Photothek/Florian Gaertner

Schmalere Radwege, Vorbehalte gegen Spielstraßen, andere Prioritäten für die Verkehrsteilnehmer: Die Fraktion der CDU im Abgeordnetenhaus möchte einiges am Berliner Mobilitätsgesetz ändern, wie ein Entwurf zeigt.

Die CDU hat ihre Vorstellungen zur künftigen Mobilität in Berlin konkretisiert. Dem rbb liegt der Änderungsentwurf der CDU-Fraktion für das Mobilitätsgesetz vor. Demnach werden zahlreiche Passagen umformuliert oder ersatzlos gestrichen. "Wir wollen für alle Verkehrsteilnehmer Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Angebot neu definieren", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Johannes Kraft dem rbb. Seiner Fraktion gehe es um pragmatische Lösungen und eine schnelle Umsetzung von Maßnahmen, so Kraft weiter.

Bislang ist im Mobilitätsgesetz die Rede von einem Radnetz, in dem Fahrräder Vorrang vor Autos haben sollen. Diese von Rot-Grün-Rot verankerte Bevorzugung will die CDU kippen. Im Änderungsentwurf heißt es, dass Radnetz, ÖPNV-Netz, Fuß- und Wirtschaftsverkehr sich "nicht gegenseitig verdrängen" dürfen. Konkreter wird die Neuregelung an dieser Stelle jedoch nicht.

Rad- und Gehwege auf 2,50 Metern Breite

Dafür sollen Radwege und -streifen nicht mehr so breit gebaut werden wie bisher im Gesetz vorgesehen. Mobilitätssenatorin Manja Schreiner hatte diese Änderung schon mehrfach angekündigt. Bislang gilt der Standard, den die rot-grüne-rote Koalition gesetzlich verankert hatte: "Radstreifen sollen so gestaltet werden, dass sich Radfahrende sicher überholen können." Die CDU will hier deutliche schmalere Radstreifen und -wege zulassen. Auch gemeinsame Geh- und Radwege mit einem Mindestmaß von 2,50 m sollen laut Entwurf möglich sein.

Auch personell spiegelt sich die veränderte Prioritätensetzung wieder. Zurzeit gilt noch die Vorgabe, dass in jedem Bezirk mindestens zwei Beschäftigte für Planung und Umsetzung von Radverkehrsprojekten zuständig sind. Im CDU-Entwurf ist nur noch von einer Stelle pro Bezirk die Rede. Nach den Plänen der größten Regierungsfraktion soll die Instandsetzung bestehender Radwege wichtiger werden als der Bau neuer, sicherer Radstreifen.

Abgeschwächt werden sollen auch die Rechte von Fußgängern. Bisher ist im Gesetz von einem "Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr" die Rede. In der Neufassung wird dieser Vorrang der Fußgänger unter den Vorbehalt der "Anforderungen und Bedürfnisse anderer Verkehrsteilnehmer" gestellt.

Fraktion könnte Änderungswünsche am Dienstag beschließen

Auch auf Spielstraßen als Instrument der Verkehrsberuhigung blickt die CDU mit Skepsis. Im aktuellen Mobilitätsgesetz sollen die Spielstraßen "gefördert" werden. Im Änderungstext ist nur noch davon die Rede, dass ihre Einrichtung geprüft werden soll. Während im geltenden Gesetz die Vorgabe enthalten ist, dass der Autoverkehr in mehr Kiezen zurückgedrängt werden soll, ist diese Passage im CDU-Entwurf ersatzlos gestrichen.

Dass die CDU - wie im Wahlkampf angekündigt - das Auto nicht ausbremsen will, zieht sich wie ein roter Faden durch das Änderungswerk. Während bisher bei der Stadtentwicklungsplanung die Verkehrsmittel des Umweltverbundes besonders zu berücksichtigen waren, sind im Entwurf nun die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer genannt, also auch die der Autofahrer.

Die geplanten Änderungen sollen am Dienstag in der Sitzung der CDU-Fraktion besprochen und möglicherweise auch beschlossen werden. Danach steht eine Verständigung mit dem Koalitionspartner SPD an.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.09.2023, 18.30 Uhr

223 Kommentare

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  1. 223.

    Oh....super! Wo ist denn dieser Kiez? Ich fahre ca. 7 km zur Arbeit und freue mich wenn mir auf einer Strecke nur 2x die Vorfahrt genommen wird (PKW, LKW). Das ist nicht ironisch gemeint.... Das ist einfach so!

  2. 222.

    Nicht nur die, die Radfahrer legen an einer bestimmten Ecke in der Schönhauser Allee noch einen Zacken zu. Nur um auf ihr Vorfahrtsrecht zu bestehen um dann eine Vollbremsung machen zu müssen. Irgendwann knallt es da gewaltig.Realistisch unmöglich vor dem Auto rüberzukommen. Aber man besteht auf sein Recht. Nicht umsonst ist dort eine Schwerpunktkontrolle der Polizei gegen die Radfahrer und es werden genügend raus gezogen.

  3. 221.

    Ich fahre sowohl Auto, als auch Rad, zusätzlich benutze ich häufig meine Beine zur Fortbewegung. Mein Eindruck ist vielmehr, dass wir ein gesellschaftliches Problem mit mangelnder Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit haben. Autofahrende, die nur das eigene Vorankommen im Sinn haben und sich entsprechend rücksichtslos verhalten. Radfahrende, die Verkehrsregeln nicht oder nur unzureichend beachten und Fußgänger, die ohne Sinn für den Verkehr um sie herum, aber nicht selten mit den Augen auf das Display ihres Smartphones gerichtet, durch die Gegend mäandern. Man könnte es auch schlicht egoistisch nennen.

  4. 220.

    Hoffentlich wird das so nicht durchgesetzt. Ich würde wieder zurück auf auf mein Auto umsteigen. Dann stehe ich wieder im Stau und bewundere die RadfahrerINNEN die so mutig sind. Und ich bin dann dankbar für jeden Radfahrer! Denn der/die sorgt ja dafür das ich schneller vorran komme....Wäre ja schlimm wenn die jetzt auch noch im Auto sitzen würden!
    Und evtl. weniger Spielstrassen... wer denkt sich denn so etwas aus? Wer findet so etwas gut? Mich macht das traurig! Und politik-verdrossen!

  5. 219.

    Ich seh da, was ich kenne auf radwegen zb. Die baumwurtzeln, die den radweg ziemlich unbequem sind. Das ist auch nicht schön so rad zu Fahren.

  6. 218.

    Leider haben sich in der Hektik einige orthographische Fehler eingeschlichen. Tut mir leid.

  7. 217.

    "Mehr Sachpolitik, weniger Ideologie." Das heißt sie sind für eine faire Aufteilung des Verkehrsraums? Dann haben leider Autofahrer überproportional mehr Fläche als die anderen Verkehrsteilnehmer.

  8. 214.

    Sie werden sich wundern. Mit ihrer rigorosen Verkehrspolitik haben die Grünen Wähler verloren. Und das zu recht. Wenn ganze Quartiere, wie in Berlin-Mitte, durch sogenannte Blockbildung in ein Labyrinth verwandelt werden, nur um Autoverkehr zu verhindern, mach man sich nur bei der beschränkten Grünen Klientel beliebt. Wenn man über Nacht Straßen mit Straßenmöbeln vollstellt und damit entgegen den Willen der Anwohner sämtliche Parkplätze in Nacht- und Nebelaktionen wegnimmt, dann erreicht man keine normalen Wähler. Wenn Hauptstraße auf eine Fahrspur verengt werden um künstliche Staus zu erreichen und damit die Autofahrer zu schikanieren, der wird keine Wähler gewinnen. Nur einige der an Autohass grenzenden Grünen Maßnahmen um Autofahrer zu schikanieren und mit diktatorischen Maßnahmen ihre wirre Verkehrspolitik durchzusetzen.
    Diese Autoverbotspartei wird keine Mehrheiten. Sie sollten mal die Meinungsumfragen ansehen, dann wissen Sie wer demnächst gewählt wird.

  9. 213.

    Es geht um die Balance. Verstehen Sie das?
    Fahrradwege werden nicht abgeschafft. Nur etwas schmaler. Fahrräder sind ebenfalls wesentlich schmaler als Autos.
    Dauerstaus bei Autos helfen niemandem, auch dem Umweltschutz ist damit nicht gedient. Deshalb zwei Spuren auf wichtigen Hauptverkehrsstraßen. Keine künstlichen Schikanen gegen den Autoverkehr mehr. Mehr Sachpolitik, weniger Ideologie.
    Capito?

  10. 212.

    Hallo Hop, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, den Kommentar, auf den Sie antworten, in Ruhe zu lesen, dann hätten Sie bemerkt, dass dort von einer Mehrheit, bestehend aus Fußgängern, Fahrradfahren und ÖPNV-Benutzern, geschrieben wurde. Aber sie lesen nur: Mehrheit, Radfahrer. Schade

  11. 211.

    Es gab in den 70ern und 80ern zwar zugegeben weniger Verkehrsunfälle, jedoch ist seitdem die Zahl der Unfälle mit Personenschaden oder Toten stark zurückgegangen. Dementsprechend handelt es sich wohl eher um eine subjektive Empfindung ihrerseits.

    Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Tabellen/liste-strassenverkehrsunfaelle.html#251628

  12. 210.

    Absolut lobenswert, wenn Sie als Autofahrer für kürzere Strecken auch das Rad benutzen. Und sicher fahren Sie dabei umsichtig und achten z.B. auch auf Fußgänger. Sie dürfen allerdings nicht von sich auf andere schließen. Ich erlebe es nämlich nur allzu oft, dass Radfahrer auf Bürgersteigen mittenmang der Fußgänger Slalom fahren, obwohl nebenher ein gut ausgebauter Radweg verläuft. Was also tun? Ich persönlich plädiere unbedingt für eine Kennzeichnungspflicht für Fahrradfahrer, um sie ggf. bei Zusammenstößen mit Fußgängern strafrechtlich verfolgen zu können. Und was wir leider auch brauchen, ist eine deutlich höhere Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit (z.B. Fahrradstaffel)!!

  13. 209.

    Der durchschnittliche CDU-Wähler wohnt vor allem selten in der Ringbahnblase mit gutem ÖPNV-Angebot und kurzen Wegen, wo man offenbar glaubt, dass man wie in Bullerbü nur die Parkplätze nach ausserhalb verlegen muss, um alle Verkehrsprobleme zu lösen.

  14. 208.

    "Mit der CDU in den Dauerstau!" Sie verwechseln das ewas. Z.B. wurden für Anwohner teils brandgefählichen Radwege auf der jetzt noch häufiger zugestauten Kantstraße hektisch von einer linksalternativen Immobilitätssenatorin unbegründet ausgewiesen.

  15. 207.

    Von gemeinsamen Rad- und Fußwegen rate ich dringendst ab, weil wir die sowieso schon oft haben und sich häufig gefährliche Situationen ergeben. Fußgängerwege müssen Fußgängern vorbehalten sein, weil sie vielfach von den schwächsten der Gesellschaft genutzt werden: von Kindern, alten Menschen, körperlich eingeschränkten Menschen.
    In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass sich meiner Erfahrung nach Autofahrer in unserem Kiez Fußgängern gegenüber vorbildlich verhalten.

  16. 205.

    Das ist Unsinn. 1970 gab es mit 21.322 die höchste Zahl von Verkehrstoten in der Geschichte der BRD. 2020 waren es 3000. Die 70er und 80er Jahre waren aufgrund der weitgehenden Missachtung der Gurtpflicht und dem Fehlen einer bundeseinheitlichen Promillegrenze die gefährlichsten Jahrzehnte im deutschen Straßenverkehr.

  17. 204.

    Sie haben vollkommen Recht.
    Ich stelle als Radfahrer immer häufiger fest, dass andere Radfahrende immer rücksichtslose werden. Teilweise sehr gefährlich ohne Abstand überholen, der rückwärtige Kfz Verkehr wird natürlich überhaupt nicht beachtet, bis hin zum angepöbelt werden, wenn man an einer roten Ampel anhält. Und natürlich über den Gehweg an der roten Ampel ganz nach vorne fahren und dann wegen Handy gucken nicht mitbekommen wann es grün wird usw......
    Haltet euch an die StVO und nehmt Rücksicht, da haben wir alle was von, gilt natürlich auch für die Autofahrenden. Schönes Wochenende.

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