Vorstoß von CDU und CSU - Leiter von KZ-Gedenkstätten lehnt Pflichtbesuche für Schüler ab

So 21.04.24 | 15:10 Uhr
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Archivbild: Blick auf den Eingang zur Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen in Oranienburg, Brandenburg, am 18.06.2023.(Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Audio: radioeins | 21.04.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, spricht sich gegen Pflichtbesuche von Schülerinnen und Schülern in ehemaligen Konzentrationslagern aus.

So etwas könne für junge Menschen eine "emotionale Überforderung" darstellen, die niemandem aufgezwungen werden sollte, sagte Drecoll der Zeitung "Die Welt". Die Erfahrung zeige, dass Zwang häufig ablehnende Haltungen eher verstärke.

Drecoll ist als Stiftungsdirektor auch für die Brandenburger KZ-Gedenkstätten Sachsenhausen in Oranienburg und Ravensbrück im heutigen Fürstenberg/Havel (Oberhavel) zuständig.

CDU und CSU fordern Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion im Bundestag fordert Pflichtbesuche für alle Schülerinnen und Schüler, um Antisemitismus zu bekämpfen, wie aus einem Antrag hervorgeht, über den die "Welt" ebenfalls berichtet.

Auch die Leiter der Gedenkstätten von Buchenwald und Mittelbau-Dora beziehungsweise von Dachau stehen dem Vorschlag skeptisch gegenüber. Dagegen begrüßte Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, die Idee. In Bayern gebe es bereits die Besuchspflicht für Gymnasiasten und Realschüler, sagte er. Man habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

Sendung: radioeins, 21.04.2024, 18:00 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Ist das jetzt ein Treppenwitz der Geschichte dass ausgerechnet die cSU fordert? Die einen Koalitionspartner haben der Nazi Flugblätter verteilt haben soll und der Deutschlabd als "formale Demokratie" verunglimpft?

    Deren Vorsitzende keine Berührungsängste mit Faschisten hatten?

  2. 25.

    Diese Diskussion ist ja schon älter. Interessant, dass 2020 die Mehrheit einer repräsentativen Umfrage den Besuch befürwotet hat.
    https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/mehrheit-ist-fuer-pflichtbesuche-von-kz-gedenkstaetten/
    Mir persönlich hing der Besuch von Buchenwald noch länger nach. Es gibt aber sicher immer welche, die nichts an sich heranlassen wollen (oder evtl. nicht können, weil selbst von Gewalt in der Familie betroffen oder Syrien-Folter-traumatisiert).
    Danke für die bisher überwiegend sachlichen Kommentare.

  3. 24.

    Ich kann Ihnen nur zustimmen ... vorallem dem letzten Satz!

    Zusatz: Der Film oder/und das Buch "Nackt unter Wolfen" sollte evtl. auch Pflicht sein.

  4. 23.

    Also ich sehe das Problem nicht. Wir waren damals auch alle zu einem "Ausflug" in Buchenwald. Ob das eine Pflichtveranstaltung nach Lehrplan war, kann ich nicht sagen. Gemacht haben es dennoch alle. Es trägt meines Erachtens zum Gesamtverständnis im Rahmen des Geschichtsunterrichts, wenn die NS-Zeit behandelt wird, enorm bei. Man muss das ja nicht mit den jüngeren Kindern unternehmen. Aber so ab der 10. Klasse sind die Schüler in aller Regel reif genug, um das zu verstehen. Wer ab 16 wählen können soll, dem kann man in diesen Alter auch unsere Geschichte zumuten.

  5. 22.

    Wir haben damals unser blaues Halstuch in Sachsenhausen bekommen. Sehr heftig. Ich verstehe deshalb, dass man heute meist erst ab der 9.-10. Klasse diese Stätten besucht.

    Ein anderer Aspekt: Bereits heute laufen die Gedenkstätten personell und finanziell auf dem Zahnfleisch. Man braucht ein langfristiges Konzept mit stabilem Fundament.

  6. 21.

    Stimme Ihnen zu. Ich war noch etwas jünger, als meine Eltern mich mit nach Dachau nahmen. Sie haben mir das auch für mich verständlich erklärt. Den Film, der damals gezeigt wurde, war heftig, hat mich aber nicht für mein Leben zerstört. Später habe ich Buchenwald, Oranienburg und Theresienstadt besucht. Ich glaube, wenn man Jugendliche mit der dazugehörigen Aufklärung durch ein KZ führt, gibt man der Geschichte ein Gesicht. Und vielleicht ändert es auch die Sichtweise auf extreme Ansichten.

  7. 20.

    "Warum muß man sich einer Herausforderung stellen, der man emotional nicht gewachsen ist?"
    Woher weiß man denn, dass man einer unbekannten Situation nicht gewachsen ist? Ist es nicht gerade gut, wenn man möglichst in einer intakten Gruppe solche Situationen durchlebt?
    Gehört natürlich auch viel Empathie der Lehrerschaft dazu, um die Jugendlichen genau einzuschätzen.
    Meiner subjektiven Beobachtung nach leidet das heutige Schulsystem genau daran, dass es sehr theoretisch und wenig anschaulich ist. Alle Sinne ansprechen! Nichtmal von Büchern oder Filmen über die Nazizeit hab ich von meinen Kindern etwas aus der Schule wahrgenommen. Wir achten natürlich selbst darauf ihnen das "Nie Wieder.." zu erklären
    Als filmischen Einstieg würde ich "The Zone of Interest" empfehlen. So still war es lange nicht mehr im Kino nach Ende eines Films. Für Jugendliche allerdings nur mit Nach- oder Vorbereitung.
    Sind schon ein paar Gedanken um die Ecke notwendig, um den Sinn vollständig zu begreifen.

  8. 19.

    Ich bin mal wieder mit Ihnen einer Meinung. Ursache und Wirkung werden ja gern verdreht, um sich als Opfer zu sehen.
    Allerdings denke ich auch, dass es nichts bringt, wenn man pflichtgemäß eine Gedenkstätte besucht und dann lustlos hindurchschlendert. Ich war mit 16 mit der Klasse in Buchenwald und in Weimar. Die Fahrt war gut vorbereitet und wir haben verschiedene Seiten der deutschen Geschichte kennengelernt. So haben wir gelernt, das Schlechte zu bekämpfen und das Gute zu bewahren.

  9. 18.

    Ich habe schon durch den Schulunterricht in der damaligen DDR unbedingt wissen wollen, was meine Vorfahren mitzuverantworten hatten. Allerdings hatte ich auch Angst vor dieser Begegnung mit diesen Wahrheiten. In den Gedenkstätten allerdings fasste mich das kalte Grausen und ich dachte, wie fragil ist der humane Gedanke und müssen wir nicht alles daran setzen, das Gute in den Menschen zu erwecken und am Leben zu erhalten? Wer sah, was dort geschah, der verändert sein Denken und erkennt die menschlichen Abgründe, die wir nie wieder erreichen wollen. Ich erinnere mich an d. Lampenschirme die ein Hans Müller aus Menschenhaut machte und die menschlichen Schrumpfköpfe der Gedenkstätte Buchenwald, an die Fleischerhaken, an denen Menschen lebendig aufgehängt wurden und daneben die heile Welt der Aufseher, unfassbar.
    Ein Besuch ändert das Denken, die Grausamkeit berührt tief, vergisst man nie mehr.

  10. 17.

    Warum muß man sich einer Herausforderung stellen, der man emotional nicht gewachsen ist? Wir mussten uns damals Schindlers Liste ansehen. Meistens spielt bei solchen Themen Gewalt gegenüber anderen eine zentrale Rolle. Das halte ich wenn man gezwungen wird sich so was anzusehen für unangebracht. Auch wenn wir uns genug Filme/Horrorfilme mit Mord und Totschlag ansehen und das ganz freiwillig.Fällt mir geschichtlich noch was ein. Die Themen sind einfach nur grausam und Emotional für manche eine Belastung. Geschichte können wir nicht ändern, sondern nur verhindern, dass so was noch mal passiert. Da ist die ganze Welt gefragt und nicht nur der kleine Mann.Was damals passiert ist darf nie wieder passieren und muß verhindert werden.Unfassbar, dass wir uns in der Heutigen Zeit immer noch bekriegen müssen.

  11. 16.

    Kann es sein, dass Sie sich nie ernsthaften mit der Entwicklung des damaligen Deutschlands und warum wir dann in die Nazizeit gerutscht sind, beschäftigt haben? Ihre kruden Ansätze, die damalige Zeit mit Strukturen und Entartungen (eine zweifelhafte Wortwahl bei diesem Thema)zu erklären, lassen das erkennen.

  12. 15.

    Das sehe ich ganz genauso. Diese Pflichtbesuche haben dazu geführt, dass man sich noch heute, 55 Jahre später, an Einzelheiten des Filmes erinnert. Nur "nie wieder" zu rufen genügt nicht, wenn sich Jugendliche gar nicht vorstellen können wozu Menschen fähig sind. Zeitzeugen gibt's bald nicht mehr und die sozialen Medien tragen nicht unbedingt zur Aufklärungsarbeit bei. Bei agressiven Computerspielen glänzt ein Großteil der jungen Nutzer auch nicht gerade durch Sensibilität.

  13. 14.

    Es wird mal wieder Zeit für ein dickes Dankeschön. Ich Danke Ihnen für diesen unglaublich treffenden Kommentar.

  14. 13.

    Was Sie machen, nennt man Verleugnung von Tatsachen. So haben alle Erwachsenen nach dem Krieg reagiert. Ich war das nicht. Was sollten wir denn machen? Auch das "wir haben auch jüdische Verwandte" ist typisch. Und so weiter und so fort.
    Der Film war zu grausam?
    Was damals geschehen ist, das WAR grausam. Also lieber wegsehen?
    Manche Menschen schauen immer weg.

    Viele der hier Schreibenden haben keine Verantwortung für das, was geschah. Aber wir alle haben die verdammte Pflicht, dass das nicht noch einmal geschieht. Und das nicht durch Wegsehen und Wegschalten.

  15. 12.

    KZ sollte niemand unter Zwang besuchen

  16. 11.

    Sorry, aber das von der "emotionalen Überforderung" ist doch Unfug. Ich war mit 10 Jahren mit meinen Eltern in Dachau, habe die Haken an der Decke gesehen in dem gruselig kalten hallenden Raum. Ich war nicht überfordert, habe aber damals sicher noch nicht alles verstanden. Aber durch diesen Anfang habe ich mich mit unserer Vergangenheit beschäftigt, viel gelesen, bei vielem gedacht, dass sich nicht einmal ein Film so schreckliche Dinge ausdenken kann.
    Es hat mich weder emotional überfordert, noch hat es mir geschadet.

  17. 10.

    Was Sie über Ihre Verwandten schreiben hat doch nichts mit dem Besuch von Gedenkstätten zu tun. Keiner behauptet, dass alle unsere Vorfahren Mitschuld tragen. Ich habe mit 11 Jahren Buchenwald sehen wollen, viele Filme gesehen. Ich wollte es wissen. Jahrzehnte habe ich mich geschämt, Deutsche zu sein. Die Auseinandersetzung mit d
    er Geschichte des Heimatlandes gehört zur Bewusstseinsbildung, das Wissen darüber zur Allgemmeinbildung. Die Jugendstunden fand ich sinnvoll.

  18. 9.

    Was ist mit den Strukturen, die solche Entartungen erst möglich mach(t)en? Ungleichheit, Ausgrenzung, Armut, Perspektivlosigkeit, Bildungs- und Chancenarmut, das alles gibt es auch heute. Siehe wer wo wohnen kann. EURO is king. Aber das ist kein Thema, nein, da macht man Wohngeld und Hartze und Häme. Gerade von C-du/su. Unklar!

  19. 8.

    Vielleicht einfach nur in den normalen Bildungsplan einbauen, mit sorgfältiger pädagogischer Vorbereitung. Als "Pflichtveranstaltung" na ja. "Wir haben nur unsere Plicht getan". You remember ?

  20. 7.

    Ich könnte mir vorstellen, dass sich der geistige Horizont der Jugendlichen, beim Besuch einer solchen Gedenkstätte ein wenig über Tik Tok oder das Followerdasein hinaus erweitert. Vielleicht überlegt sich dann der eine oder andere ob er den rechten Arm hebt und Heil Hitler brüllt. Das setzt natürlich eine gewisse geistige Entwicklung voraus, aber wer wählen soll muss das aushalten.

  21. 6.

    Ich fand den Pflichtbesuch damals im Rahmen der Jugendstunden unangebracht. Unsere Großmütter und Großväter waren nicht allesamt Kriegsverbrecher und haben, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, auch Widerstand geleistet, was in einer Diktatur schon per se schwierig war.

    Ich fand diesen Besuch (wir mussten uns auch diesen Film anschauen) grausam. Ändern konnten wir nichts mehr daran und ich kann mir bis heute diese Filme nicht anschauen. Ich schalte immer weg, wenn aus dieser Zeit Sendungen im Fernsehen kommen. Ich habe selber in der Familie jüdische Angehörige gehabt.

  22. 5.

    Das sehe ich genauso. Und Schülerinnen und Schüler sind auch meistens gut darin, die richtigen Fragen zu stellen, um so einen Besuch verarbeiten zu können.

  23. 4.

    Es kommt drauf an, wie alt die Jugendlichen sind. Ob sie aus Sicht des Klassenlehrers die Reife dafür haben, eben nicht wie beschrieben, dort Witze reißen würden oder zusammenklappen. Ein Klassenlehrer kennt seine Klasse ja i d R. All das kann man im Rahmen einer guten Vorbereitung bearbeiten. Gezwungen werden sollten sie im Einzelfall jedoch nicht.
    Es sollte grundsätzlich in den höheren Klassen oder Kursen angeboten und ermöglicht werden. Es ist deutsche Geschichte mit Bezug zur Gegenwart.

  24. 3.

    Mir geht es sicher wie vielen.
    Der Pflichtbesuch war in der Tat emotional extrem herausfordernd, aber das ist nun mal unveränderlich Teil unserer Geschichte.
    Dieser Herausforderung sollte sich also jeder Jugendliche in Deutschland stellen. Genauso Gedenkstätten für gefallene Soldaten. Den Schrecken von Krieg und Völkermord, insbesondere vom eigenen Volk ausgegangen, begreift man nunmal am intensivsten wenn man es emotional an sich ran lässt und nicht nur über Bücher.
    Nur so wird „Nie wieder…“ nachdrücklich.

  25. 2.

    Wir mußten/durften damals das KZ Buchenwald besuchen. Einige Blödköppe machten Witze, aber die Mehrzahl war betroffen. Bin heute noch dankbar! Und mit 17 war ich mit einem Freund dann freiwillig zu Besuch in Ausschwitz / Krakau - Ende 70er.

  26. 1.

    Jetzt geht es nicht. Achso. Ich musste in der 8. Klasse Flichtbesuch mit Video orginal (wir haben uns alle die Augen zu gehalten) von 39-45 mir ansehen in Sachsenhausen. Sogar zu Fuß von der Bahn mussten wir hin und zurück gehen.

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