Die Geschichte des Strausberger Platz begann im Mittelalter. Hier lag einst der Richtplatz vor den Toren der Stadt Berlin. Hans Kohlhase, dessen Geschichte Heinrich von Kleist in seiner (fast) gleichnamigen Erzählung "Michael Kohlhaas" 1808 erzählte, wurde hier 1540 hingerichtet. Wenige Jahre später verschob Berlin seine Grenzen und der Platz gehört seitdem zu Berlin.

Die Straßen, die hier einst kreuzten, waren die Große Frankfurter Straße, die Krautstraße, die Weberstraße und die Strausberger Straße - all das ein wenig versetzt von der heutige Lage des Platzes.

Sehr schnell im 19. Jahrhundert wuchs die Stadt, rund um den heutigen Platz entstanden dichte Häuserschluchten. Viele Häuser wurden in den letzten Jahren des 2. Weltkrieges zerbombt und nach dem Krieg entstand der Plan, die Magistrale vom Alexanderplatz Richtung Osten zu einer neuen sozialistischen Allee zu gestalten.

Der Strausberger Platz wurde für die damals konzipierte Stalinallee zum neuen Tor dieser Magistrale. In die Bauzeit von Beginn der 1950er Jahre an fiel der Streik der Ostberliner Arbeiter gegen die erhöhten Arbeitsnormen im Juni 1953, der im Aufstand und Marsch auf die DDR-Ministerien am 17. Juni gipfelte. Beauftragt mit der Gestaltung des Platzes wurde der Architekt Heinz Graffunder, umgesetzt wurde der Entwurf vom Kunstschmied Fritz Kühn: ein Springbrunnen.

Die Idee: ein "Schwebender Ring" - und so lautet auch der offizielle, vielen aber unbekannte Name des Springbrunnens - hier in einer Aufnahme aus dem Sommer 1973.

Über einem großen, kreisrunden Wasserbecken erhebt sich eine Art Kranz aus 16 Kupferplatten, in dessen Inneren sich hohe Wasserfontänen erheben. Eine Vielzahl von kleineren Fontänen umgeben den Brunnen und verbergen die eisernen Träger. So entsteht der Eindruck eines schwebenden Rings. Der Platz des Brunnens war schnell beliebt und diente als Kulisse für Fotoshootings aller Art, etwa eine Modenschau - hier im Jahr 1972, oder für...

...Staatsbesuche. Prominente Gäste der DDR-Staatsführung wurden oft und viel in offenen Karossen über die Allee kutschiert, an die Ränder der Allee wurde das Volk drapiert, das den Gästen zujubelte. Im Oktober 1976 etwa begrüßte die Menge so die Kosmonauten Alexander Iwantschenkow und Valerie Bykowski bei ihrer Jubelfahrt über die Frankfurter Allee.

Nach der Wende dann war die Allee selbst ein Zeitzeugnis untergegangenen Republik. Die Illusion vom Fortbestand dieser Republik versuchen die Protagonisten des Films "Good Bye Lenin!" aufrecht zu erhalten. Eine der Kulissen für diese Illusion war die sozialistische Vorzeigeprachtstraße Frankfurter Allee und so auch der Brunnen am Strausberger Platz.

Die einst sorgfältig gepflegten Blumenrabatten rund um die Wasserfontänen wichen schon sehr schnell einer schlichten Rasenfläche. Und Kosmonauten kamen auch nicht mehr.

Planschgrube statt Staatsbesuchskulisse - der Platz verlor seinen Repräsentationscharakter und wurde Teil der Nachbarschaft. Nicht offiziell aber praktisch half er dann auch bei Abkühlereien, wie hier bei einer Hundeerfrischung im Hochsommer 2012.

Schlagzeilen lieferten nun kuriose Attacken mit Spülmitteln: etwa im Juni 1990 oder noch einmal im August 2007. Schaum statt sprudelnde Fontänen.

Doch allährlich im Frühjahr - mit einer Sanierungsunterbrechung im Jahr 2008 - schossen die Wasser des Brunnens wieder hoch und ließen den Ring schweben.

Das Wasser aber, das den Ring schweben lässt, musste im vergangenen Jahr abgedreht werden. An undichten Stellen tropte es in die Schächte und Versorgungsstränge unter dem Strausberger Platz.

Damit hier die Fontänen des "Schwebenden Rings" wieder sprudeln können, muss der Brunnen komplett abgetragen werden, die Leitungen erneuert, die Konstruktion sowie die 16 Kupferplatten selbst müssen saniert werden. Und vielleicht das Schwierigste: Senat und Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg (auf dem Foto: Bezirksamts-Sprecherin Sara Lühmann) müssen sich einig sein, wer die Kosten trägt.

Die Vision, die die betreibenden Wasserwerke sowie Senat und Bezirk jetzt formulierten und um deren Umsetzung sie nun ringen, lautet: Zum 60. Jubiläum des Springbrunnens soll das Wasser wieder sprudeln und der Ring wieder schweben: 2027. Sendung: rbb24 Abendschau, 10.04.2024, 19:30 Uhr | Zum Beitrag | Weitere Bildergalerien