Die Ambitionen von Union, Hertha und Co. - Die Regionalliga Nordost der Frauen vor dem Rückrundenstart

Fr 01.03.24 | 18:43 Uhr | Von Jakob Lobach
Herthas Anouk Westphal (li.) und Unions Dina Orschmann im Zweikampf (Bild: IMAGO/Matthias Koch)
Bild: IMAGO/Matthias Koch

Nach langen drei Monaten Winterpause startet die Regionalliga Nordost der Frauen in die Rückrunde. Während Union Berlin auf Aufstiegskurs ist, treiben Teams wie Viktoria und Hertha teils bereits andere Ziele um. Für Berolina Mitte geht es um den Klassenerhalt.

Die Pause war lang, die Vorfreude aller Beteiligten ist groß. Ende November haben die Berliner und Brandenburger Teams aus der Regionalliga Nordost der Frauen ihre bis dato letzten Pflichtspiele absolviert. Es folgten Weihnachten, ein neues Jahr und eine insgesamt mehr als drei Monate lange Winterpause. Am kommenden ersten März-Wochenende geht sie mit dem zwölften Spieltag der Regionalliga Nordost zu Ende.

Die Ausgangslage ist dabei - zumindest an der Tabellenspitze - sehr klar: Mit sechs Zählern Vorsprung und einem Torverhältnis von 68:3 hat die im Vorsommer professionalisierte Frauen-Mannschaft des 1. FC Union beste Chancen im Rennen um die Meisterschaft und den Einzug in die Aufstiegsspiele für die 2. Bundesliga. Spannung dürfte die zweite Saisonhälfte dennoch bieten. Auch, weil auch die anderen Klubs aus der Region unterschiedlichste eigene Ambitionen haben.

Union Berlin auf dem Weg in die zweite Liga

"Es ist ganz klar, dass wir aufsteigen wollen", beantwortet Ailien Poese die Frage nach dem Saisonziel ihrer Mannschaft ohne Zögern. Die 39-Jährige hat Union Berlin zu elf Siegen aus elf Hinrunden-Spielen geführt und somit den Rückrunden-Weg in Richtung zweite Liga vorgezeichnet. "Theoretisch haben wir den Luxus, auch mal zu stolpern und ein Spiel zu verlieren", sagt Poese, "praktisch wollen wir auch durch die Rückrunde ohne Punktverlust kommen."

Hierfür hat Union die lange Winterpause gut genutzt. Auf einige Wochen Urlaub rund um den Jahreswechsel folgte ein zehntägiges Trainingslager in Spanien. Ein Luxus, der in der Regionalliga der Frauen höchst selten ist - genauso wie das neue Union-Trainingszentrum, das Poese mit ihrer Mannschaft im Februar endgültig bezog. Ab sofort nutzen Unions Frauen in Köpenick eine 25 Millionen Euro teure Trainingsanlage, die das Team strukturell in neue Sphären hebt. "Die Mädels haben ihren eigenen Trakt", sagt Poese. Kurze Wege zum Physiotherapeuten, Saunen, Eisbäder und eine Küche zum gemeinsamen Mittagessen inklusive. "Das ist ein Riesensprung für uns", sagt Poese.

Am Sonntag (14 Uhr) will sie mit ihrer Mannschaft - statt in der Liga - zunächst einen Sprung im Landespokal machen. Dort eröffnen Unions Frauen ihr Pflichtspieljahr 2024 ausgerechnet mit einem Viertelfinal-Derby gegen Hertha BSC. "Pokalspiele sind immer etwas Besonderes - und dann noch gegen Hertha BSC", sagt Poese und ergänzt: "Wir wollen das Spiel dominieren und es natürlich auch gewinnen."

Hertha-Trainer Manuel Meister (Bild: IMAGO/Matthias Koch)Hertha-Trainer Manuel Meister | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Hertha BSC und das Entwickeln ohne Druck

Ailien Poeses Herthaner Pendant Manuel Meister will dies am Sonntag verhindern. Allerdings weiß auch er: "Am Ende ist es nahezu ein Duell zwischen einer Amateurmannschaft und einer Profimannschaft." Ein Ausdruck dessen war eine 1:6-Niederlage am ersten Spieltag der laufenden Saison, und dennoch sagt Hertha-Trainer Meister: "Eine Chance gibt es immer und im Pokal ist alles möglich."

Zumal sich Meisters sehr junge Mannschaft im Saisonverlauf sehr gut entwickelt hat. Das Ergebnis: Platz vier nach der Hinrunde und wenig Ergebnisdruck vor der Rückrunde. "Wir können nicht aufsteigen und werden vermutlich auch nicht absteigen", sagt Meister und spricht stattdessen über individuelle Ziele in der Debütsaison der Hertha-Frauen: "Wir haben mit jeder Spielerin einzeln Ziele gesetzt und gemeinsam erarbeitet, woran es sich zu verbessern gilt."

Die besagten Spielerinnen sind dabei nahezu komplett dieselben wie in der Hinrunde. So berichtete Trainer Meister zwar von so viel Interesse erfahrener und guter Spielerinnen, dass man den Kader nahezu komplett hätte austauschen können, sagt aber auch: "Wir sind maximal überzeugt von den Mädels, die wir haben."

Viktoria in Lauerstellung für den Fall der Fälle

Auch beim dritten großen Berliner Namen der Regionalliga Nordost herrscht Überzeugung - in die eigene Mannschaft und speziell mit Blick auf den Rückrunden-Start. "Wir haben taktisch ein neues Level erreicht und sind sehr, sehr gut vorbereitet", resümiert Trainer Dennis Galleski zum Ende der winterlichen Vorbereitung. Allen voran eine knappe Woche Trainingslager in der Türkei im Januar sei hierbei Gold wert gewesen: "Da ließen sich taktische Dinge deutlich besser erklären als bei vier Grad in Berlin. Das waren richtig gute Tage und Erlebnisse, die uns als Mannschaft nochmal zusammengeschweißt haben."

Viktorias Laura Casanovas Diaz zusammen mit Trainer Dennis Galleski (Bild: IMAGO/Matthias Koch)Viktorias Laura Casanovas Diaz zusammen mit Trainer Dennis Galleski | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Auch Viktorias Mannschaft blieb im Winter nahezu unverändert. Nicht zuletzt, weil die beiden einzigen Saisonniederlagen gegen Hertha (1:2) und Union (0:1) denkbar knapp waren. In der Rückrunde wollen die Berlinerinnen und engsten Verfolgerinnen von Union auch diese Partien für sich entscheiden: "Wir wollen in den Highlight-Spielen, die diese Liga bietet, unsere Chancen nutzen", sagt Galleski. Den Druck, diese Saison aufsteigen zu müssen, macht der Trainer seiner Mannschaft zwar nicht, aber eventuelle Köpenicker Fehltritte will man nicht unbestraft lassen.

Türkiyemspor auf der Suche nach Konstanz

Den ein oder anderen Fehltritt weniger als in der Hinrunde will sich die Mannschaft von Türkiyemspor in der zweiten Saisonhälfte erlauben. "Wir wollen die Rückrunde konstanter spielen", sagt der Sportliche Leiter des Vereins, Zeljko Ristic. Nach einigen Niederlagen zum Start und Ende der Hinrunde startet seine Mannschaft von Platz fünf in die Rückrunde. Das Ziel für ebendiese: "Wir wollen hinter dem Geld als Vierter einlaufen", sagt Ristic.

Dafür muss nicht zuletzt der Rost der langen spielfreien Zeit abgeschüttelt werden. "Natürlich war das eine viel zu lange Pause", sagt Ristic und ergänzt: "Man hätte viel früher wieder anfangen und den Frauen dann eine längere Sommerpause geben sollen." Immerhin dürften Türkiyemspors Frauen nun mit frischen Beinen in ihr sonntägliches Heimspiel gegen die zweite Mannschaft von RB Leipzig gehen. "Mit einem Sieg starten", gibt Ristic das Ziel für das erste Pflichtspiel in 2024 aus.

Erika Szuh von Türkiyemspor im Hinspiel gegen Union Berlin (Bild: IMAGO/Matthias Koch)Erika Szuh von Türkiyemspor im Hinspiel gegen Union Berlin (Bild: IMAGO/Matthias Koch)

Berolina Mitte im Kampf um den Klassenerhalt

Etwas zurückhaltender gibt sich Oliver Thomaschewski, Trainer von Berolina Mitte, vor dem Auftaktspiel seiner Mannschaft am Sonntag in Erfurt. "Die Fahrt ist lang, also wollen wir mindestens einen Punkt mit nach Hause bringen", sagt er. Es wäre ein wertvoller Punkt im Abstiegskampf, der in der Rückrunde Alltag für die Aufsteigerinnen sein dürfte. Mit vier eigenen Zählern und drei Punkten Rückstand auf die sicheren Nicht-Abstiegsplätze startet Berolina in die zweite Saisonhälfte.

"Wir haben die Intensität im Winter nochmal erhöht", sagt Trainer Thomaschewski. Vier statt drei Trainingseinheiten pro Woche sollen die Grundlage für den Klassenerhalt bilden. "Wir sind im Vergleich zum Sommer jetzt auf einem ganz anderen technischen und physischen Niveau", ist sich Berolinas Trainer sicher. Nach teils herben Niederlagen in der Hinrunde verspricht man sich mehr Konkurrenzfähigkeit und folglich auch Punkte. "Und dann sind wir vom Klassenerhalt nicht so weit weg", sagt Thomaschewski.

Turbine Potsdam will der ersten Mannschaft zuarbeiten

Mit dem Abstiegskampf dürfte die Zweitvertretung von Turbine Potsdam als aktueller Tabellensechster wenig zu tun bekommen. Und weil auch der Aufstieg keinesfalls Thema ist, gilt in Potsdam, was aktuell auch bei Herthas Frauen gilt: "Ich hoffe, dass es uns gelingt, die einzelnen Spielerinnen weiterzuentwickeln", sagt Trainer Thomas Kandler. Im besten Fall so weit wie Kapitänin Laura Lindner, die in der Rückrunde in Potsdams erster Mannschaft und nicht mehr in der Regionalliga Nordost spielen wird.

Dennoch gibt es in Potsdam zumindest am Rande auch ein tabellarisches Ziel: "Wir haben uns vor der Saison das obere Tabellendrittel als Ziel gesetzt", sagt Kandler, "und das zu erreichen, ist auch weiterhin möglich." Ein erster Schritt wäre ein Erfolg zu Hause gegen Viktoria Berlin am Sonntag: "Da haben wir nach dem 0:3 im Hinspiel noch einiges gutzumachen", sagt Kandler.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.03.2024, 15:15 Uhr

Beitrag von Jakob Lobach

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