Cannabis-Social-Clubs - Erstmal einen (an)bauen - wird das wirklich so einfach?

Sa 30.03.24 | 17:22 Uhr | Von Valentin Heib und Wolf Siebert
  24
Eine ausgestanzte Metallform in Form einer Cannabis-Pflanze füllt am 15.03.24 in Berlin ein rundes Fenster aus (Quelle: rbb / Heib).
Bild: rbb / Heib

Nach der Cannabis-Legalisierung können Erwachsene drei Pflanzen zuhause anbauen. Oder man tritt in einem Anbauverein ein. Das dort gezogene Gras darf ab Juli an die Mitglieder abgegeben werden, doch vorher müssen noch Hürden genommen werden. Von V. Heib und W. Siebert

Wie viele "Cannabis Social Clubs" es in Berlin bereits gibt, lässt sich nicht genau ermitteln. Eins ist aber klar: Nach dem "Go" im Bundesrat zur Teil-Legalisierung von Cannabis gibt es in der Szene Aufbruchstimmung.

Nicht alle, mit denen wir gesprochen haben, drängt es an die Öffentlichkeit. Ein Club aus dem Ostteil Berlins, der anonym bleiben möchte, hat schon eine Anbaufläche. Und eigenen Angaben zufolge auch Räume angemietet, in denen bis zu 500 Mitglieder mit unterschiedlichen Sorten Cannabis versorgt werden sollen. "Bei der Suche nach Räumen haben wir oft Ängste der Vermieter erlebt: Wie viele Leute kommen denn da so? Und wie häufig?", sagt einer der Initiatoren. Als sie aber gehört hätten, dass Club-Mitglieder nicht permanent auf der Matte stehen würden und im Club auch nicht konsumiert werden darf, seien die Vermieter beruhigt gewesen.

Olli Waack, Vorstand des Cannabis-Social-Clubs "High Ground", im März 2024 im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg (Quelle: rbb / Siebert).
"Wir wollen langsam wachsen": Oliver Waack-Jürgensen, Vorstand des Cannabis-Social-Clubs "High Ground".Bild: rbb / Siebert

"Jetzt werden wir loslegen"

Beim Anbauverein "High Ground" war das anders: "Wir haben erst mal abgewartet, bis die politische Entscheidung gefallen war", erzählt der Club-Vorstand Oliver Waack-Jürgensen. "Denn das Anmieten von Räumen ist ja teuer. Aber jetzt werden wir loslegen", sagt er, ein groß gewachsener 60-Jähriger mit einem markanten Backenbart.

Eine Anbaufläche hat der Verein auch schon. Der Verein hat laut Waack-Jürgensen 100 Mitglieder, ein Viertel davon seien Frauen. "Wir wollen langsam wachsen", sagt der Vorstand. Maximal 150 Mitglieder peile man an. Und die Mitglieder entschieden dann auch, welche Sorten angebaut und ausgegeben werden. "Mindestens eine Sorte kann dann auch für medizinische Zwecke verwendet werden", erzählt Waack-Jürgensen. Er ist selbst Schmerzpatient und konsumiert Cannabis-Blüten und -konzentrat.

Anbau erlaubt - aber mit vielen Auflagen

Die Bundesregierung hat den Cannabis-Anbau legalisiert - unter Auflagen: Jeder Social-Club muss für seine Anbaufläche eine Lizenz beantragen. Die Club-Verantwortlichen müssen Führungszeugnisse vorlegen, voll geschäftsfähig sein und dürfen in den vergangenen fünf Jahren nicht wegen einschlägiger Delikte verurteilt worden sein. Die Zahl der Clubmitglieder ist auf 500 begrenzt. Jeder Club muss genau dokumentieren, was er angebaut hat. Cannabis darf nur an Mitglieder ausgegeben werden, der Handel ist verboten.

Dokumentiert werden muss auch, wieviel Gras die Mitglieder abnehmen. Bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 21 Jahren darf der Anteil des psychoaktiven Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) maximal 10 Prozent betragen. Jeder Club muss einen Präventionsbeauftragten und ein entsprechendes Jugendschutzkonzept vorweisen. Die Anbaufläche muss einbruchssicher sein und darf nur von Clubmitgliedern betreten werden. Die Behörden können die Clubs auch unangemeldet kontrollieren.

Es wird mutige Clubs geben, die die Regeln brechen. Und dann wird es Klagen geben. Denn wir wollen für viele Bestimmungen des Gesetzes eine Begründung bekommen.

Oliver Waack-Jürgensen, Cannabis-Social-Club "High Ground"

"Reine Abgabestellen" statt Social-Clubs

Die Bundesregierung will mit diesen Auflagen einen kontrollierten Anbau sicherstellen, wie sie sagt. Anders, als oft auf dem Schwarzmarkt, soll das Cannabis frei von Streckmitteln sein. Die Konsumenten sollen auch wissen, wie stark das Produkt ist, das sie bekommen. Steffen Geyer hingegen nennt das Gesetz ein "bürokratisches Monster": "Mindestens 100 Stellen im Gesetz sind überbürokratisch. Manches ist wahrscheinlich auch nicht mit der Datenschutz-Grundverordnung zu vereinbaren", kritisiert Geyer, der sich seit mehr als 20 Jahren für die Legalisierung von Cannabis eingesetzt hat. Und er ist Vorstand im "Dachverband der deutschen Cannabis Social Clubs" und leitet das Berliner "Hanf Museum".

Auch Oliver Waack-Jürgensen von "High Ground" sieht das Cannabisgesetz kritisch, wie er sagt: "Wir nennen uns Social Club, aber das Gesetz degradiert uns zu reinen Cannabis-Abgabestellen." Er kommt gerade von einem Branchentreffen aus Barcelona, dort sei das anders geregelt. Dort könne man auch gemeinsam konsumieren.

Ein zweiter Punkt ist die geforderte Dokumentation der Cannabis-Abgaben: "Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir die Klarnamen unserer Mitglieder angeben, ihr Konsumverhalten und anderes", sagt Waack-Jürgensen. Er wolle diese Daten nur anonymisiert weitergeben. "Es wird mutige Clubs geben, die die Regeln brechen. Und dann wird es Klagen geben. Denn wir wollen für viele Bestimmungen des Gesetzes eine Begründung bekommen."

Steffen Geyer, Vorsitzender des Dachverbandes deutscher Cannabis-Social-Clubs und Direktor des Hanfmuseum in Berlin, März 2024 (Quelle: rbb / Heib)."Mindestens 100 Stellen im Gesetz sind überbürokratisch": Der Cannabis-Aktivist Steffen Geyer im Berliner "Hanf Museum", das er leitet.

Cannabis erst im neuen Jahr?

Bis zur ersten Cannabis-Abgabe in einem Anbauverein wird es wohl noch eine Weile dauern. Erst ab dem 1. Juli können die Clubs einen Antrag stellen, um eine Lizenz zu bekommen. Bislang ist aber noch nicht einmal geklärt, bei welcher Behörde diese Anträge eingereicht werden müssen. Die Innenverwaltung des Senats bestätigte auf Anfrage des rbb, dass man sich damit erst nach der politischen Entscheidung im Bundesrat beschäftigen wird - die nun allerdings gefallen ist.

Waack-Jürgensen rechnet deshalb damit, dass sein Club "High Ground" den Mitgliedern erst Anfang 2025 Cannabis aus eigenem Anbau anbieten kann, sagt er. Für drei bis acht Euro pro Gramm, manche Sorten auch für zehn Euro. Das ist mehr als auf dem Schwarzmarkt. "Wir sind für den Schwarzmarkt und die Organisierte Kriminalität keine Konkurrenz", sagt Waack-Jürgensen. Gelegenheitskiffer und Touristen würden sich ihren Stoff auch weiterhin an Orten wie dem Görlitzer Park holen. "Wenn die Politik den Schwarzmarkt austrocknen will, dann muss sie lizenzierte Cannabis-Fachgeschäfte zulassen", sagt er. (Anmerkung der Redaktion: Staatlich lizensierte Verkaufsstellen, wie sie die Bundesregierung ursprünglich einführen wollte, verstießen gegen EU-Recht. Nur wissenschaftlich begleitete Modellprojekte wären nach Ansicht von Rechtsexperten möglich. Diese plant die Bundesregierung auch, allerdings nur an wenigen Orten.)

So wird Cannabis in Deutschland zumindest ein Stückweit legalisiert, Konsumenten werden entkriminalisiert. Welche Auswirkungen das neue Gesetz hat, will die Bundesregierung schließlich nach vier Jahren auswerten. Und damit auch die Arbeit der Cannabis-Social-Clubs.

Cannabisgesetz

  • Eigenanbau und privater Konsum

  • Anbauvereine alias "Cannabis Social Clubs"

  • Jugendschutz

  • Straßenverkehr

  • Frühere Verurteilungen

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.03.2024, 8 Uhr

Beitrag von Valentin Heib und Wolf Siebert

24 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 24.

    Zitat: "... mit einer weiteren überflüssigen Droge."

    Ähem, dass Drogenkonsum so alt wie die Menschheit selbst ist, ist Ihnen bekannt, Heidekind? ;)

  2. 23.

    Wer hält in unserem Land schon Regeln ein ?
    Hier macht doch jeder was er will !

  3. 22.

    War der Joint schlecht oder vertragen sie grundsätzlich keine Späßchen?
    Entspannen sie sich - in knapp zweieinhalb Stunden dürfen sie das legal mit einer weiteren überflüssigen Droge.

  4. 21.

    Ich habe nicht geschrieben das irgendetwas von ihren Äußerungen unwahr oder so sind.
    Der Punkt um den es geht…. Nichtraucher können sich draußen gern aufregen/den Mund auf machen oder was auch immer, es ändert aber nichts an der aktuellen Situation.
    Als ich noch Zigaretten rauchte, sagte ich so jemanden immer ganz nett… „sie haben Jahrzehnte für rauchfreie Bereich gekämpft…. nutzen sie diese.
    Es ist schon merkwürdig… man fordert Bereich die mit Verbot belegt werden und dann will man Rücksichtnahme in Bereichen wo es erlaubt ist, wäre aber im Gegenzug nicht bereit nur einen Millimeter seines Bereichs zu „opfern“, etwas „durchgehen“ zu lassen. Daher muss man sich nicht wundern, wenn man nach immer mehr dogmatischen Beschränkungen verlangt das man selbst keine Rücksicht erfährt.

  5. 20.

    Und am besten auch gleich Alkohol verbietet...? Von Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Verhältnismäßigkeit halten Sie nicht viel, wa?

  6. 19.

    Ach wäre das schön, wenn unser hochgeschätzer Gesundheitsmimimister pünktlich zum Beginn des 1. April ein freundliches "April, April, liebe Suchtzwerge." in die Kamera hauchen würde.

  7. 18.

    Wichtig ist doch: Aus Gründen des Jugendschutzes darf im Umkreis von hundertzwanzig Metern um Fußgängerzonen nicht gekifft werden, außer natürlich es ist Vollmond (bis dahin bitte schön mit Alkohol abfüllen, der ja in Läden auch direkt vor der Nase unserer lieben Kleinen platziert werden darf, denn der gehört zu unserer Kultur und Cannabis verursacht schwerer Süchte und Gesundheitsschäden).

  8. 17.

    Natürlich dürfen Sie Ihre Meinung haben. Ich glaube, "andreas.." hat eher bemängelt, dass Sie sich eine Meinung bilden, ohne auch nur im Ansatz zum Thema informiert zu sein.

    Ich warte übrigens immer noch gespannt auf Ihre Auflösung, welches ominöse bestimmte Ziel unsere Regierung verfolgen würde.

  9. 16.

    "Die Anbaufläche muss einbruchssicher sein", so steht es im Artikel.
    Dieser Hinweis entstammt nicht meiner Fantasie. Hinterfragen ist erlaubt, manchmal auch angebracht. Manchmal jedoch verdreht es die Meinung des anderen. Verstehe nicht, wo das Problem ist?

  10. 15.

    Was ist an meinen Kommentar falsch und unwahr? Gleiche Meinung, gleiche Ansicht auch in meinen Umfeld. Es kommt immer darauf an, mit wem man Kontakt an.

  11. 14.

    Wie kann es eigentlich anders sein. Wieder wurde ein Gesetz schlecht gemacht, weil sehr viel Unklarheiten blieben. Nun schaune sich alle vorwurfsvoll an und wundern sich.

  12. 13.

    „ All diese Diskussionen hätten sich erledigt, wenn es mit Cannabis so geblieben wäre wie bisher.“
    Dieser Argumentation folgend hätte wir auch heute Badekappenzwang in Schwimmbädern und draußen gäbe es nur Kännchen.
    Es ist das schlechteste aller Argumente etwas so zu lassen, weil es schon immer so war.

  13. 12.

    "Nach der Cannabis-Legalisierung können Erwachsene drei Pflanzen zuhause anbauen"

    Das ist schon die Auflösung.. wenn sich Jeder 3 Pflanzen auf die Fensterbank stellen kann, warum noch einbrechen und ein höheres Strafmaß riskieren..

    Und was sonst in jedem Kleingartenverein wächst & Menschen umbringen kann..*LOL*
    Cannabis ist kein Plutonium.. für Kinder sind Pflanzenteile ungiftig die Blätter können wie Salat gegessen werden...

    Es passiert NIX... für den Rausch.. braucht es Hitze..

    Garten am Haus... der ist doch eingezäunt! Nur Cannabis nicht so anpflanzen das durch die Gitterstäbe geerntet werden kann.

  14. 11.

    Naja entweder man legt ein Messlatte fest…. Alles was die übersteigt ist nicht erlaubt.
    Messlatte z.B. Gefährdung anderer… kosten für die Allgemeinheit oder was auch immer. Nur dann muss man sich klar sein, Alkohol liegt überall vorn.
    Das ein Alkoholverbot nicht umsetzbar ist … sah man ja schon zu Zeiten der Prohibition.
    Und damit wäre man dann wieder an dem Punkt warum etwas verbieten was harmloser ist als die Volksdroge Nummer eins ?
    Und es gäbe noch eine entscheidende Frage…. Rennen nun alle los und besorgen sich Cannabis ? Ich glaube nicht. Ich vermute es wird sich nicht wirklich viel ändern. Leider, durch diese völlig überzogenen Regeln, auch nicht viel am Schwarzmarkt, weil man nichts halbes und nichts ganzen gemacht hat sondern einen irren Wust an Vorschriften und Regeln… halt typischer deutscher Bürokratiewahnsinn.

  15. 10.

    Sie haben sich in quasi allen Threads zu dem Thema Cannabis-Legalisierung einer sachlichen Debatte verweigert und ignorieren konsequent die Argumente für die Legalisierung.

  16. 9.

    "[...] Nun irgendwie muss der Menschen beschäftigt werden, wenn die Politik ein bestimmtes Ziel anstrebt."

    Und das wäre? Worauf wollen Sie hinaus? Schon Ihr Kommentar #2 war voller falscher und teils absurder Annahmen.

  17. 8.

    >"Schade das wieder einmal Amateure ohne Sachkenntnisse die Regeln bestimmen."
    All diese Diskussionen hätten sich erledigt, wenn es mit Cannabis so geblieben wäre wie bisher. Fertig aus.
    Die Gesellschaft mit noch einem relativ unkompliziert erreichbaren potentiellen Suchtmittel zu belasten, ist ein Irrsinn.

  18. 7.

    „ Bei Zigarettenraucher und jetzt noch Cannabisgenießer als Begleit-Raucher, da werden viele Nichtraucher nicht schweigen, wenn sie Raucher sehen in unmittelbarer Nähe. “
    Es wird nunmal nicht so sein, dass 24/7 an allen Orten in Deutschland auf Nichtraucher Rücksicht zu nehmen ist.
    Ich hatte es schon mal gesagt…. Das Nichtraucherschutzgesetz sieht bestimmte Orte vor an denen Nichtraucher geschützt werden… diese sollten dann bevorzugt genutzt werden… aber dann nicht hustend am Wochenende am qualmenden Grill stehen … dann ist der Ganze Schutz auch nichts wert.

  19. 6.

    Wenn Bürokraten Neuland betreten… dann ist der Regelwut kaum noch eine Grenze gesetzt.
    Leider wird es so sein das Gerichte der Politik sagen werden was denn überhaupt an Einschränkungen, Daten usw. erlaubt ist.
    Schade das wieder einmal Amateure ohne Sachkenntnisse die Regeln bestimmen.

  20. 5.

    Auf die Auswirkung vom neuen Cannabis- Gesetz kann man gespannt sein. 4 Jahre ist eine lange Zeit um ausprobieren zulassen und um den Schwarzmarkt austrocknen zu können. Die Freude über die Legalisierung ist hoffentlich nicht zu groß. Der Geruch von Cannabis ist anders als eine Zigarette. Bei Zigarettenraucher und jetzt noch Cannabisgenießer als Begleit-Raucher, da werden viele Nichtraucher nicht schweigen, wenn sie Raucher sehen in unmittelbarer Nähe. Nun irgendwie muss der Menschen beschäftigt werden, wenn die Politik ein bestimmtes Ziel anstrebt.

Nächster Artikel