Analyse zum BrandenburgTrend - Bündnis Sahra Wagenknecht: Das Phantom im Landtag

Mi 10.04.24 | 18:00 Uhr | Von Thomas Bittner
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Archivbild: Dietmar Woidke (SPD, Podium Mitte l), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht während der Aktuellen Stunde bei der Sitzung des Landtages Brandenburg. (Quelle: dpa/Bahlo)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 11.04.2024 | Katrin Neumann | Bild: dpa/Bahlo

Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat bislang noch keinen Ableger in Brandenburg. Fünf Monate vor der Landtagswahl wirbelt die Partei dennoch die politischen Verhältnisse durcheinander. Nicht die einzige Überraschung des BrandenburgTrends. Von Thomas Bittner

Ein Phantom ist in Brandenburg unterwegs und irrt durch die politische Landschaft, verwirrt Konkurrenten und Beobachter. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte laut BrandenburgTrend mit zehn Prozent der Stimmen am Wahltag rechnen.

Und das obwohl es diese Partei in Brandenburg noch gar nicht gibt. Kein Landesverband, keine Parteispitze, kein Wahlprogramm, keine Kandidaten. Bekannt ist nur das Gesicht der Partei. Doch Sahra Wagenknecht, den Brandenburgern aus Talkshows, Bundestagsreden und Social-Media-Auftritten vertraut, wird persönlich gar nicht antreten. Und während in Thüringen und Sachsen bereits Landesverbände an der Vorbereitung der dortigen Landtagswahlkämpfe arbeiten, blieb es in der Mark seltsam still um die Newcomerin im Parteienspektrum.

Das Angebot scheint dennoch faszinierend. Jedenfalls findet fast die Hälfte der Brandenburger gut, dass sich das BSW stark von anderen Parteien unterscheide. Wagenknechts Haltung zum Krieg in der Ukraine, zu Russland und zu Migrationsfragen sind vor allem für AfD-Anhänger, aber auch für Anhänger der Linken, verlockend. Zwei Drittel der AfD-Anhänger finden ihre Partei gut. So erklärt sich vielleicht auch der merkliche Verlust von Umfragegunst bei den Rechtsalternativen.

Jeder Fünfte kehrt im Vergleich zum September der AfD den Rücken. AfD-Politiker hatten gehofft, dass Wagenknecht bei anderen Parteien Wähler einsammelt, die zwar AfD-Positionen nahestehen – wie Migration oder Russland – vor der Wahl einer extremistischen Kraft aber zurückschrecken. Das scheint aber so nicht zu sein.

Das neue Bündnis scheint Stimmen aus dem Milieu von AfD und Linkspartei zu bekommen. Sicher haben die Demonstrationen und das Aufbegehren der Zivilgesellschaft gegen Ausgrenzung und Extremismus, für Demokratie und Vielfalt auch bei Brandenburgerinnen und Brandenburgern Spuren hinterlassen.

Woidke distanziert seine Herausforderer

Auch wenn die Aussichten auf bis zu ein Drittel der Sitze im Parlament für die AfD eher schwindet, bleibt sie die stärkste politische Kraft. Und sie hält die anderen Parteien auf Abstand. Die SPD hat aufgeholt, liegt aber noch unter dem Wahlergebnis von 2019. Immerhin, sie hat jetzt einen gleichgroßen Abstand zur erstplatzierten AfD und zur drittplatzierten CDU. Ihr Kalkül, am Ende des Wahlkampfs einen Zweikampf mit der AfD zu führen und mit ihrem Spitzenkandidaten zu punkten, könnte aufgehen.

Denn Dietmar Woidke hält seine Herausforderer deutlich auf Abstand. Wenn sie die Wahl hätten, würden die Brandenburgerinnen und Brandenburger mehrheitlich den SPD-Regierungschef zum Ministerpräsidenten wiederwählen. Dass Jan Redmann, der CDU-Spitzenmann, fünf Monate vor der Wahl nur für sieben Prozent eine ernsthafte Alternative zu Woidke zu sein scheint, ist für ihn ein dramatischer Befund. Selbst von den CDU-Anhängern würde nur ein Viertel Redmann wählen, aber doppelt so viele den SPD-Amtsinhaber.

Wenn es die Strategie der CDU war, nur ein bisschen besser als 2019 dazustehen, dann können die Christdemokraten mit ihren 18 Prozent zufrieden sein. Aber wollte die CDU nicht eigentlich die Machtfrage stellen und Woidke in der Staatskanzlei ablösen? Die Sticheleien und Attacken von Jan Redmann gegen den grünen Koalitionspartner haben jedenfalls nicht die erhoffte Wirkung gehabt. Sowohl bei Grünen als auch bei der CDU hat sich am Umfrageergebnis im Vergleich zum Herbst nichts geändert. Und die SPD macht derweil Plus.

Dass es am Ende wieder für eine Kenia-Koalition reichen wird, ist angesichts der Lustlosigkeit, mit der sich die drei Parteien auf die Zielgerade ihrer Wahlperiode schleppen, auch kein verlockendes Angebot für die Bürgerinnen und Bürger. Ob ein BSW als Alternative für Regierungsbildungen in Frage kommt, ist mehr als fraglich. Mit Phantomen ist schlecht Staat zu machen.

Wenig Vertrauen in kommunalpolitische Kompetenz der Parteien

Alle politischen Kräfte hoffen, bei den Kommunalwahlen im Juni erste Zeichen für den großen Wahltag im September zu setzen. Umso interessanter ist es, wie die Kompetenzen in Städten und Gemeinden verteilt sind. Wem trauen die Menschen am ehesten zu, ihre Probleme vor Ort zu lösen?

Zwar liegt die SPD im Parteienvergleich mit 22 Prozent vor CDU, AfD und den anderen Kräften. Aber dass die SPD deswegen die Wahlen in Kreisen, Städten und Gemeinden gewinnen wird, ist längst nicht ausgemacht. Denn 26 Prozent vertrauen keiner Partei oder wissen nicht, wie sie entscheiden sollen. Das Vertrauen in die Lösungskompetenzen der Parteien bleibt gering. Überraschungen am Kommunalwahltag sind nicht ausgeschlossen

Sendung: rbb24 Bradenburg aktuell, 11.04.2024, 19:30

Beitrag von Thomas Bittner

52 Kommentare

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  1. 52.

    Na, dann wundere ich mich über alle Ihre Kommentare, insbesondere über diesen, da immer mit Antwortfunktion .
    Übrigens, so von rbb24 vorgesehen.
    Wenn Sie nicht Antworten haben wollen, dann müssen Sie das Kommentieren bleiben lassen,

  2. 51.

    Die DVP war eine demokratisch - liberale Partei in südwestens Deutschland und die DDP wa eine linksliberale Partei in Bayern und beide waren auch für jüdische Mitbürger offen,
    Der Gegensatz da zu, das war die DNVP, die eine deutschnationale Partei war..

  3. 50.

    „Was ist ein einfacher Kommentar?“

    Eine einfacher Kommentar wird erstellt ohne Antwortfunktion.

    „Sie bezogen sich auf die Zeit vor 1945, lesen Sie Ihr Geschriebenes noch einmal., “

    Ja klar, nach 1945 ist die deutsche Bevölkerung ja nicht einfach auf wundersame Weise ausgetauscht worden.

  4. 49.

    Es waren doch Politiker der ehemaligen DVP(zuvor Nationalliberale) und DStP = DDP (zuvor Fortschrittspartei), welche die FDP gegründet haben. Da besteht trotz 12 Jahren Faschismus eben doch eine gewisse Kontinuität.

  5. 48.

    Komisch , das genau dies sowohl bei SPD und den Grünen (zumindest früher) möglich war, heute zugegebermaßen eingeschränkt und nicht unmöglich, bei den Linken aber sowieso.

    Was Sie schreiben, ist eine Ausrede. Es gehört dazu, um seine Meinung zu kämpfen, Rückgrat zu zeigen, Unterstützer zu gewinnen. Alles unbequeme Dinge, für die man vor allem Zeit opfern muss.

    Das Rumkritteln von außen, ohne Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen, ist natürlich einfacher und bequemer.

  6. 47.

    Was ist ein einfacher Kommentar? Ifre Kommentare sind es auch nicht.
    Sie bezogen sich auf die Zeit vor 1945, lesen Sie Ihr Geschriebenes noch einmal.,

    Übrigens, sie lassen den "Oberlehrer" rauskehren, nicht ich.

  7. 46.

    „Der (die Migranten) zudem über wenig Ressourcen verfügt Bringschuldigkeit zu erbringen“
    Sie unterschätzen die Bedeutung der „Kehrwoche“ innerhalb einer (Haus)Gemeinschaft gewaltig...

  8. 45.

    Weil man als nicht linientreues Parteimitglied in keiner dieser Parteien eine Chance auf einen Listenplatz oder ein Direktmandat bekommt.
    Als Einzelbewerber kann man die Kosten eines BT-Wahlkampes nicht aufbringen. Zumindest die normalen Bürger nicht.
    Soviel zu Ihrer Frage, warum sich die Kritiker nicht selber zur Wahl stellen.

  9. 44.

    Weil man als nicht linientreues Parteimitglied in keiner dieser Parteien eine Chance auf einen Listenplatz oder ein Direktmandat bekommt.
    Als Einzelbewerber kann man die Kosten eines BT-Wahlkampes nicht aufbringen. Zumindest die normalen Bürger nicht.
    Soviel zu Ihrer Frage, warum sich die Kritiker nicht selber zur Wahl stellen.

  10. 43.

    "Eine Meinung zur derzeitigen Parteien zu haben und diese zu äußern ist keine Schulmeisterei!"
    Wenn es ein einfacher Kommentar anstelle einer Belehrung von @Einfacher Bürger gewesen wäre, sicher.

    "Ich bezog mich auf die Zeit nach 1945 bis heute. "
    Ich mich auch.

  11. 41.

    Ich bezog mich auf die Zeit nach 1945 bis heute.
    Die Aufarbeitung und Bewertung der Parteipolitik von 1864 bis 1933 überlasse ich den Historikern, zumal ich keine Enkelin des Nazi - Deutschlands bin..

    Eine Meinung zur derzeitigen Parteien zu haben und diese zu äußern ist keine Schulmeisterei!

  12. 39.

    Die Nationalliberalen waren zur Kaiserzeit eine bedeutende Partei. Nach dem 1. Weltkrieg ging daraus die DVP hervor, nach dem 2. Weltkrieg wurde als einheitliche liberale Partei die FDP gegründet, in der zumeist der nationalliberale Flügel dominierte. Die Grünen knüpfen inhaltlich in vielen Themenfeldern an die frühere Fortschrittspartei an.

  13. 38.

    "Wollen Sie der FDP was unterstellen? "

    Ja, diese Patei besitzt eine lange Geschichte. Der "Liberalismus" fing nicht erst nach dem 2. Weltkrieg an und so wie ich das sehe, wurde sie 1948 von ehemaligen Mitgliedern der DDP (linksliberal) und der DVP (nationaliberal) gegründet.

    "daher wundere ich mich um so mehr über diese Antwort , samt der Empfehlung den Mund nicht so voll zu nehmen. " und "Die FDP ist eine freiheitlich liberale Partei, aber nicht nationalliberal, mit Nationalismus hat es diese Partei noch nie gehabt."

    Eben doch, wie unschwer an der historischen Strömung der DVP erkennen können.

    "Die Grünen als freisinnig und liberal zu bezeichnen, dass soll wohl ein Witz sein, da diese Partei durch reglementieren und erziehen auffällt. "

    Aha und was machen sie in ihren Kommentaren? Sie schulmeistern offenbar auch gut herum, in dem sie @Einfacher Bürger mit ihrer ganz persönlichen Version von "Grün" und "Gelb" maßregeln wollen.

  14. 37.

    Auch wenn Sie es diesmal nett zu umschreiben versuchen, aber eben diese No-Border-Mentalität funktioniert nicht und zerstört am Ende die Akzeptanz von Zuwanderern. Gleichzeitig macht es sehr wohl einen Unterschied, aus welchem Grund Menschen nach Deutschland zuwandern und es kann eben nicht pauschal bestätigt werden, dass Migration automatisch und ausschließlich positive Effekte hervor ruft. Die Menschen da draußen erleben gerade etwas anderes. Die gesamte Infrastruktur ist heillos überlastet. die PKS wird nahezu gesprengt, die Sozialkosten schießen in ungeahnte Höhen, die Armutsquote steigt, das Bildungsniveau sinkt rapide. All das sind deutliche Auswirkungen einer Überforderung der Gesellschaft, die einige Kreise immer noch nicht wahr haben wollen. Ist unsere Gesellschaft daran schuld? Natürlich nicht. Sind die Migranten schuld? Die wollen nur ein besseres Leben. Ist die Politik dran schuld? Ja wer denn sonst? Die tun nicht, was nötig wäre und wundern sich dann über die Umfragewerte.

  15. 36.

    "Die Migration ist wichtig und erhält Akzeptanz, wenn die Leute bereit sind sich anzupassen. "

    Richtig. Nur tut auch eine sozialdemokratische der SPD, wie der BSW -Politik viel zu wenig, bis das Gegenteil dazu, dass sich die Integrationsverweigerer in die Einwanderungsgesellschaft aus ihrer Parallelgesellschaft heraus endlich anpassen müssen.
    Anpassen müssen an die Tatsache, seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland, Einwanderungsgesellschaft zu sein. Weshalb nicht der Einwandernde die höchste Bringschuld hat. Der zudem über wenig Ressourcen verfügt Bringschuldigkeit zu erbringen. Es muss sich die ansässig-berechtigt fühlende Bevölkerung der Einwanderung würdig erweisen. Statt in Grenzuniformen schlüpfen, an Grenzposten stehen zu wollen, wo ihre begrenzte, integrationsverweigernde Haltung die "Leitkultur" darstellen und abprüfen soll. Die sie selbst weder erfüllen, noch das die je jemand bei ihnen abgeprüft hätte um ein Aufenthalt- und Lebensrecht im Gemeinwesen zu erlangen.

  16. 35.

    Die FDP wurde nach 1945 gegründet, ergo was soll Ihr Kommentar? Wollen Sie der FDP was unterstellen?

    Ich habe der SPD nichts unterstellt, daher wundere ich mich um so mehr über diese Antwort , samt der Empfehlung den Mund nicht so voll zu nehmen.

  17. 34.

    Die Sozialdemokraten hätten Hitler leicht verhindern können. Gemeinsam mit der KPD Ernst Thälmanns...
    Liberalere Ansichten statt beharren auf „Untergangspositionen“ sind erfolgreicher.

  18. 33.

    Ich würde an ihrer Stelle den Mund nicht zu voll nehmen. Es war ausschließlich die SPD, die sich nach Verbot der KPD gegen die Ermächtigung von Adolf Hitler gestemmt hat. Sowohl DStP als auch DVP gehören zur Geschichte der Nachkriegs-FDP und die Abgeordneten wechselten auch sehr schnell ihre Parteibücher.
    Man kann den Sozialdemokraten sicherlich viel vorwerfen, aber unsere älteste demokratische Volkspartei hat sich zu keiner Zeit mit den Faschisten gemein gemacht.

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