Wahlkampf mit Angela Merkel - "Hier ist was in Gang gekommen"

Di 06.09.16 | 19:50 Uhr
Angela Merkel und Frank Henkel nehmen am 06.09.2016 an einem Wirtschaftstag der Berliner CDU teil (Quelle: dpa/Kumm)
Video: Abendschau | 06.09.2016 | Agnes Taegener | Bild: dpa

Eine "starke Politik für Berlin und Deutschland" - das versprechen CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel und seine oberste Parteichefin Angela Merkel auf Wahlplakaten in Berlin. Ob Merkel der Hauptstadt-CDU helfen kann, ist nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern nicht ganz sicher. Dennoch traten Henkel und Merkel am Dienstag gemeinsam auf.   

Knapp zwei Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel als Wahlkampf-Helferin in Berlin betätigt. An der Seite von Innensenator Frank Henkel, dem Spitzenkandidaten der Hauptstadt-CDU, trat die Kanzlerin am Dienstag vor mehr als 100 Vertretern der Berliner Wirtschaft auf.

Kanzlerin mit Seitenhieb auf Wowereit

Schauplatz war die Bundeszentrale der CDU in Berlin-Tiergarten, wobei Merkel zwei Tage nach dem schwachen Abschneiden der CDU in Mecklenburg-Vorpommern bemüht war, Henkel den Rücken zu stärken: "Es gab Jahre, da hat man nur darüber gesprochen, wie man schön feiert", sagte Merkel und bezog sich damit offenbar auf den früheren Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).

Inzwischen habe sich das Klima in der Hauptstadt verändert. "Hier ist was in Gang gekommen", betonte die Kanzlerin, nicht ohne auf die besondere Wirtschaftskompetenz ihrer Partei hinzuweisen: "Die CDU in Berlin ist die politische Kraft, die auch mal an das Wirtschaften denkt und nicht nur über das Verteilen nachdenkt", sagte sie.

Im Frühjahr sollen alle Asylanträge bearbeitet sein

Bisher hatte sich Merkel im Berliner Wahlkampf eher zurückgehalten. Teilgenommen hatte die Kanzlerin nur am Wahlparteitag der Landes-CDU. Vier Tage vor der Wahl am 18. September wird sie außerdem bei einer Kundgebung der Partei im Bezirk Zehlendorf sprechen. Ob Merkels Auftritte hilfreich sind, ist umstritten, denn die schwere Niederlage der CDU in Mecklenburg-Vorpommern ist auch der Flüchtlingspolitik von Merkel geschuldet - so geht es aus Wählerbefragungen hervor. Die CDU war im Nordosten auf unter 20 Prozent abgerutscht und auf Platz drei hinter der AfD.

CDU-Wahlplakat mit Frank Henkel und Angela Merkel (Quelle: imago/IPON)CDU-Wahlkampfplakat mit Henkel und Merkel

Am Montag hatte Merkel eine Mitverantwortung für das Wahlergebnis übernommen, zugleich aber auch ihre Flüchtlingspolitik verteidigt. Ohne auf die Wahl von Sonntag einzugehen, verwies sie auf weitere Erfolge. Spätestens Ende September werde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Überblick über alle im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommenen Menschen haben, sagte Merkel. "Im Frühjahr nächsten Jahres werden alle Asylanträge bearbeitet sein." Zugleich forderte sie den Abbau von Hürden, um die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Kanzlerin nannte das Beispiel eines syrischen Flüchtlings, der in der Regel eine Gebühr von 500 Euro zahlen müsse, um seinen Führerschein umzuschreiben. Eine Überlegung sei, die Flüchtlinge mit Darlehensprogrammen bei den Kosten für den deutschen Führerschein zu unterstützen.

Henkel warnt vor Rot-Rot-Grün

Konkret zur AfD äußerte sich Merkel nicht, wies aber daraufhin, wie wichtig es sei, zur Wahl zu gehen: "Eine hohe Wahlbeteiligung stärkt die demokratischen Parteien", sagte die Kanzlerin. Doch die Hauptstadt-CDU muss laut aktuellen Umfragen am 18. September mit Stimmenverlusten rechnen.

Henkel erklärte, er wisse, dass es ein Potenzial an Protestwählern auch in Berlin gebe. "Das merken wir an den Ständen, wo die Flüchtlingsfrage seit Wochen eine sehr dominante Rolle spielt", sagte er dem "Tagesspiegel". Es könne aber keine Antwort sein, AfD zu wählen. "Wir werden deutlich machen, wie gefährlich ein solches Ergebnis für unsere Stadt wäre. Wer den extrem rechten Rand wählt, bekommt am Ende Rot-Rot-Grün."

In der CDU-Zentrale warnte er davor, bei der Integration die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. "Die eigentliche Herausforderung liegt jetzt vor uns", sagte der Innensenator. Die Hauptstadt habe im vergangenen Jahr 80.000 Menschen aufgenommen. Diese müssten nun schnell die deutsche Sprache lernen sowie über Praktika in Ausbildung und Arbeit gebracht werden.

Wahlforscher: Medienhype befeuert AfD

CSU-Chef Horst Seehofer erneuerte unterdessen seine Kritik an Merkels Kurs. "Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Die Menschen wollten "diese Berliner Politik" nicht mehr.

Der Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner sagte der rbb-Abendschau am Montag: "Wir müssen dafür sorgen, dass die Protestwähler endlich wieder zur politischen Mitte kommen." Dazu müsse die CDU klar machen, was in den letzten Jahren erreicht worden sei. Der Wahlforscher Oskar Niedermayer sagte zum Wahlerfolg der AfD, zwar ließen sich die Ergebnisse vom ländlich geprägten Mecklenburg-Vorpommern nicht auf die Großstadt übertragen. Jedoch werde vor allem der "Medienhype", der nun zu erwarten sei, durchaus "Schub-Charakter" auch für die AfD in Berlin entwickeln.

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