Theologe beherbergte DDR-Staatschef - "Honeckers Pastor" Uwe Holmer mit 94 Jahren gestorben

Di 26.09.23 | 13:58 Uhr
Uwe Holmer, Theologe und Pfarrer, bei einem Spaziergang vor seinem Haus. (Quelle: dpa/Bernd Wüstneck)
Audio: rbb24 Inforadio | 26.09.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Bernd Wüstneck

Der durch sein Asyl für den abgesetzten DDR-Staatschef Erich Honecker bekannt gewordene evangelische Theologe Uwe Holmer ist tot. Er starb im Alter von 94 Jahren, wie das Diakoniewerk am Dienstag im mecklenburgischen Serrahn auf Anfrage mitteilte.

Holmer hatte Erich und Margot Honecker vom 30. Januar bis zum 3. April 1990 in seinem Pfarrhaus in Lobetal bei Berlin aufgenommen. Die damalige DDR-Regierung hatte keine andere Möglichkeit zum Schutz des gestürzten Staatschefs vor Gewalt gesehen.

Holmer leitete damals die Hoffnungstaler Anstalten in Lobetal bei Bernau (Barnim), die 1905 als Arbeiterkolonie für obdachlose Berliner gegründet worden waren. Für zehn Wochen beherbergte er dort den abgesetzten DDR-Regierungschef Honecker (1912-1994) und dessen Frau Margot (1927-2016).

Wohnrecht in Wandlitz verloren

Honecker hatte ab 1971 als Nachfolger Walter Ulbrichts den Posten des Erster Sekretärs des Zentralkomitees der SED der DDR inne, ab 1976 war er Generalsekretär. Seine Frau Margot Honecker war dort ab 1963 Ministerin für Volksbildung. Nachdem sich 1989 eine stark wachsende Oppositions- und Protestbewegung gebildet hatte, mussten beide im Oktober 1989 ihre Ämter abgeben. Das Wohnrecht in der Funktionärssiedlung in Wandlitz verloren die Honeckers. Staatliche Stellen der DDR sahen sich nicht in der Lage, eine sichere Unterkunft für das Ehepaar zu finden. Die Honeckers waren damit obdachlos.

Holmer wurde dadurch selbst bekannt

Das Kirchenasyl machte Pastor Uwe Holmer bekannt, brachte ihm aber auch eine Menge Anfeindungen ein. Holmer selbst rechtfertige den Schritt später. Er habe getan, was sein Gewissen und sein Glaube ihm vorschreiben, sagte er. "Ja, ich würde es heute wieder tun", so Holmer etwa anlässlich seines 85. Geburtstages 2014.

Holmer selbst hatte in seinem Leben einiges wegzustecken. Aufgewachsen in einer gläubigen, christlichen Familie in Wismar, hatte er als junger Pastor in Leussow bei Ludwigslust seinen Unmut über die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft deutlich zum Ausdruck gebracht. Daraufhin durften ihn seine Eltern und seine Geschwister aus Westdeutschland ein Jahr lang nicht besuchen.

Später bekamen auch seine Kinder zu spüren, was es hieß, als Christen in der atheistisch geprägten DDR zu leben: Sieben seiner zehn Kinder durften nicht zur Oberschule und waren damit vom Abitur ausgeschlossen - trotz guter Zensuren. Versöhnung blieb Holmer dennoch wichtiger als Vergeltung.

Aufnahme Honeckers wurde verfilmt

Die Aufnahme der Honeckers im Kirchenasyl kam im vergangenen Jahr auch ins Fernsehen. "Honecker und der Pastor" wurde Mitte März 2022 im ZDF und auf Arte ausgestrahlt. Regisseur war der Schauspieler Jan Josef Liefers, das Drehbuch stammt von Fred Breinersdorfer. Erich Honecker wird in dem Film von Edgar Selge gespielt, seine Frau Margot von Barbara Schnitzler. Hans-Uwe Bauer verkörpert Pastor Uwe Holmer. Gedreht wurde in den Babelsberger Studios und der Umgebung von Potsdam, nicht jedoch in Lobetal, am historischen Ort des Geschehens.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.09.2023, 12:00 Uhr

Nächster Artikel