Ausstellung und QR-Jubiläumstour -
Von der Postkutsche über Signaltrommeln und die Rohrpost hin zur digitalen Welt: Die Sammlungen der Museumsstiftung Post und Telekommunikation erzählen 150 Jahre Geschichte der Nachrichtenübermittlung. Wie Menschen miteinander kommunizieren, mit welchen Techniken, mit welchen Sprachen und in welchem Zeitgeist, das ist im Berliner Museum in wechselnden Ausstellungen immer wieder zu sehen und zu erleben. Im August wird das Museum 150 Jahre alt, gefeiert wird das mit einem Jubiläumsprogramm und einer Sonderausstellung, die heute startet. Tomas Fitzel berichtet.
Seit fünf Jahren ist Anja Schaluschke jetzt Direktorin des Museums für Kommunikation - und natürlich muss man beim Jubiläum mit der schon legendären Gründerfigur Heinrich Stephan, der später für seine Verdienste noch ein "von" bekam, beginnen.
Heinrich von Stephan - ein moderner Visionär
Da hängt er einmal in Öl, mit prächtigem Backenbart und der goldbetressten Galauniform eines Reichspostministers, der Rock hängt daneben in einer Vitrine, und in Gips liegt er als Statue zweigeteilt auf einer Holzpalette. Denn die Originalstatue ging – man weiß nicht wie – irgendwann nach dem Zweiten Weltkrieg verloren.
So altväterlich er erscheint, er war ein absolut moderner Visionär.
Anja Schaluschke: "Wir verdanken Heinrich von Stephan, dass das Telefon unfassbar schnell in Deutschland eingeführt wurde. Er hat es sofort erkannt. Was ich ganz toll finde ist, dass er es auch mit der Historie verknüpft hat, weil er sofort diesen Telefonhörer von Bell fürs Museum bekommen hat. Gleichzeitig hat er sich aber auch um den Vorläufer von Philipp Reis gekümmert. Da ist die Einigung des Weltpostvereins - man muss sich einfach mal vorstellen: Bevor es den Weltpostvereins gab, gab es 1.200 verschiedene Tarife."
Erfinder der Postkarte
Heinrich von Stephans Motto lautete schon 1880: "Jedem Bürger sein Telephon" - auch wenn er unter "Bürger" sicher nicht die Proletarier und anderen Habenichtse verstand. Außerdem verdanken wir ihm auch die Postkarte, das Wort Briefumschlag, denn er wollte, dass die bis dahin üblichen französischen Begriffe - davon gab es über 600 im deutschen Postwesen, wie couvert oder poste restante für postlagernd usw. - ordentlich eingedeutscht und diese "Wildlinge", wie er diese Begriffe nannte, ausgetrieben würden.
Bei der Postkarte erfand er aber nicht nur das Wort, sondern auch die Sache an sich.
Einblicke in die Anfangszeit des Museums
Wir sind inzwischen eine Etage tiefer, in der historischen Kabinettausstellung.
Anja Schaluschke: "Wir haben jetzt diesen Ausstellungsbereich gewählt, um Ihnen einen kleinen Einblick in die Anfangszeit des Museums zu geben und um Ihnen zu zeigen, was denn damals eigentlich ausgestellt worden ist, was der Grundbestand der Plan- und Modellkammer damals war. Und Plan- und Modellkammer sagt es eigentlich schon: es waren eben Modelle."
So muss man sich die Rotunde um den überdachten Innenhof vor etwa 100 Jahren vorstellen: Vitrine an Vitrine mit unzähligen Modellen, alle im einheitlichen Maßstab und bis ins kleinste Detail nachgebildet.
Interessanter dagegen ist ein auf den ersten Blick unscheinbares Schränkchen, das Sammlungsleiterin Wenke Wilhelm erläutert:
"Hier drüben haben wir ein sogenanntes Feldpostschränkchen, das seit den 1920er Jahren im Reichspostmuseum ausgestellt war. Es enthält Fotografien der Institution Feldpost aus dem Ersten Weltkrieg, also etwas später. Wir haben es aber mit in die Ausstellung genommen, weil Heinrich von Stephan - wir haben ja schon von seinen Innovationen und der Postkarte gehört - eben auch die Feldpost im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eingeführt und somit eine Art Heimatfront geschaffen hat."
Wieder aufgetauchte Raritäten
Auch hier zeigt sich wieder einmal: Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Ohne die optische Telegraphie wäre Napoleon zum Beispiel niemals siegreich gewesen und diese verdankt sich wiederum der Französischen Revolution und wurde im Übrigen am gleichen Tag wie die Guillotine vom Nationalkonvent beschlossen.
Aber freilich entstehen auch so die spannenden Geschichten, wie etwa die der Blauen Mauritius. Anja Schaluschke: "Das war die Mona Lisa des Museums. Das Ganze war im alten Reichspostmuseum eingelassen in einen Wandtresor - fest montiert wegen der Kostbarkeit und der Besonderheit."
Zusammen mit einigen anderen philatelistischen Raritäten, die aber nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden und erst 1976 bei einer Auktion in den USA wieder auftauchten. Natürlich wurde sofort der Anspruch darauf angemeldet: von der BRD - und von der DDR.
Anja Schaluschke: "Und da haben dann die Zollbehörden gesagt: Naja, ihr Lieben, wenn ihr euch nicht einigen könnt, dann behalten wir es halt so lange hier, bis ihr euch einigen könnt."
Eine wahrhaft salomonische Entscheidung, denn nur deswegen kam es zur Deutschen Einigung - ganz sicher.
Diese Geschichte und andere kann man sich jetzt im Museum selbst oder auch in einer Online-Ausstellung erzählen lassen.
Tomas Fitzel, rbbKultur