Radiobrücke Riga -
Redefreiheit in Zeiten der der Repression - darauf liegt der Focus beim diesjährigen lettischen Festival für zeitgenössische Kunst, dem "Survival Kit Festival", das jedes Jahr in Riga stattfindet. Diesmal vom 3. September bis zum 16. Oktober mitten in der Stadt in einem verlassenen ehemaligen Bankgebäude. Andrea Handels hat sich dort umgeschaut.
Freiheit in Zeiten der der Repression - darauf liegt der Fokus beim diesjährigen Festival für zeitgenössische Kunst in Riga, dem "Survival Kit 13".
Das wichtigste Festival für zeitgenössische Kunst im Baltikum findet jedes Jahr an einem anderen Ort in Riga statt, meistens in verlassenen Gebäuden. Diesmal hat es den Neorenaissance-Bau der ehemaligen Börse ganz zentral am Domplatz bezogen.
Ein ganz besonderes Gebäude, das gut zum diesjährigen Fokus auf Freiheit passt: denn hier vor der Tür haben die Letten im Januar 1991 auf ihrem Weg in die Unabhängigkeit von der Sowjetunion Barrikaden errichtet, sind mit Traktoren, Baggern und Bussen vorgefahren, haben Zementblöcke herangekarrt und sich so versucht, vor Spezialeinheiten des sowjetischen Innenministeriums, den OMON-Einheiten zu schützen. Und Fotografien von diesen historischen Barrikaden hängen durch die ganze Ausstellung verteilt.
Gelbe Fahnen weisen den Weg hinein. Man geht dann durch so eine alte schwerfällige Drehtür und findet sich in einer großen Halle mit Kronleuchtern und Eichentheken - und mittendrin Installationen, Video- und Fotoarbeiten, Skulpturen ……Das ganze Gebäude wird bis zum 16. Oktober bespielt mit zeitgenössischen Werken von insgesamt 37 internationalen Künstlerinnen und Künstlern.

Besonders auffällig: die Installation "Wake me up when it’s over" des lettischen Künstlers Kriss Sálmanis. Eine breite durchsichtige Plastikfolie, die viele Meter hinter dem langen Tresen liegt und sich aufbläst, wie eine Welle am einen Ende anfängt und sich dann durch den ganzen Raum fortsetzt. Und das immer wieder vor vorn.

Beeindruckend und explizit politisch der Raum zum Projekt "stich it" der Künstlerin Rufina Bazlova aus Belaruss. Mit rotem Garn wurden hier mit Kreuzsticktechnik Verhaftungsszenen politischer AktivistInnen in Belaruss nachgestickt. Beteiligen können sich Menschen aus der ganzen Welt, wie zum Beispiel hier eine Tiffany aus Hongkong, die die Szene nachgestickt hat, wie die Regimegegnerin und Politikerin Maria Kalesnikova an der Grenze zur Ukraine verhaftet wurde. Tiffanys Brief an die Künstlerin Rufina Bazlova, in dem sie schreibt, dass und warum sie die Szene nachsticken will, ist wie einige andere Briefe auch ausgestellt.
"The little bird must be caught" - der Untertitel zum Festival bezieht sich auf ein Gedicht von dem lettischen Dichter Ojars Vácietis, aus den 1970er Jahren.
Der kleine Vogel steht hier für Lettland, das im sowjetischen Käfig gefangen ist und nicht frei fliegen darf. "Survival Kit" , der Titel des Festivals zielt auf die prekäre Situation der zeitgenössischen Kunst in Lettland. Denn es gibt hier kein Museum für zeitgenössische Kunst. Das Festival mit Ausstellung und Veranstaltungen findet meistens in leerstehenden Gebäuden statt. Davon gibt es genug in Riga. Insofern haben die Künstlerinnen und Künstler hier, anders als in Berlin, keine Probleme , Atelierräume zu finden. Dafür aber Probleme, Käufer für ihre Kunst zu finden – und dann gehen sie doch oft ins Ausland.
