Ukrainischer Soldat am Strand von Odessa mit Katze © picture alliance / ZUMA Press/ Ukrainian Military Defense
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Die Debatte mit Carla Spangenberg, Tobias Haberl und Malcolm Ohanwe - Männlichkeit in der Krise – Männer im Krieg

"Wer hat denn die Männer gekränkt? Das waren doch meist andere Männer und nicht die 'anstrengenden' Feministinnen." Malcolm Ohanwe

Traditionell geprägte Männer fühlen sich gekränkt und missverstanden, sind orientierungslos in einer sich wandelnden, zunehmend gleichberechtigten Welt – so eine These in Tobias Haberls Buch "Der gekränkte Mann".

Vielleicht aber schadet die sogenannte "toxische Männlichkeit" dem Mann sogar mehr als seinem Umfeld. Oder gibt es gute Gründe, an vermeintlich männlichen Eigenschaften festzuhalten?

Womöglich verwirft Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine das Bild des gefühlvollen, verletzlichen, selbstkritischen Mannes, das auf dem Vormarsch war. Weckt die Zeitenwende dieses Kriegs wieder Werte, die als überholt galten, wie Wehrhaftigkeit, Stärke oder Heldentum?

Ich glaube, es ist eindeutig belegt, dass toxisches Verhalten allgemein schädlich ist und auch die Männer selbst schädigt. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass es gefährlich sein könnte, alle männlichen Eigenschaften über Bord zu werfen. Das kann vielleicht sogar gefährlich sein in unruhigen Zeiten, wie man jetzt zum Beispiel sieht, dass auf einmal wieder Eigenschaften gefragt sind, von denen wir dachten, dass wir sie überhaupt nicht mehr brauchen.

Tobias Haberl

Ich kenne keine intellektuelle Person oder Feministin, die wirklich fordert, alle traditionellen Männer Eigenschaften gehören abgeschafft. Die sagen, dass Männer nicht mehr sportlich sein dürfen oder keine Kämpfe mehr führen können im Ring oder einer Kriegssituation, die sagen ihr sollt alle schwach und zerbrechlich sein, sondern einfach reflektierter, glücklicher, weicher und vielleicht auch weniger unnötige Risiken eingehen. Und da finde ich den Feminismus für Männer sehr einladend.

Malcolm Ohanwe

Gäste

Tobias Haberl (© Olaf Unverzart) und Malcolm Ohanwe (© Nelson Ndongala)
Tobias Haberl und Malcolm Ohanwe Bild: Olaf Unverzart | Nelson Ndongala

Tobias Haberl, geboren 1975 im Bayerischen Wald, ist Journalist und Autor. Seit 2005 ist er Redakteur des SZ Magazins. In seinem Buch „Der gekränkte Mann“ (Piper, 2022) setzt er sich mit der Frage auseinander, was es für Männer bedeutet, wenn das Männerbild, mit dem sie aufgewachsen sind, als überholt und toxisch gilt. Wie fühlt sich diese Kränkung an, wenn man weder Vorzeigefeminist noch ein „Typ von gestern“ ist?

"Der gekränkte Mann – Verteidigung eines Auslaufmodells"
Piper, 2022
Gebunden, 256 Seiten
22,00 Euro

Malcolm Ohanwe, geboren 1993 in München, ist Journalist, Moderator und Übersetzer. Seit 2018 spricht er in seinem Podcast „Kanackische Welle“ mit dem Journalisten Marcel Aburakia über Identität(en) im Einwanderungsland Deutschland. Er hat das Buch „Sei kein Mann“ des britischen Autors JJ Bola übersetzt, das davon handelt, inwiefern Männlichkeit nur eine Maske ist, die abzulegen einer Befreiung gleichkommen kann.

JJ Bola: "Sei kein Mann"
übersetzt von Malcolm Ohanwe
Hanserblau, 2020
Paperback, 160 Seiten
16,00 Euro

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Podcast | Der zweite Gedanke © rbbKultur
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Debatte mit Natascha Freundel & Gästen - Der Zweite Gedanke

Hier geht es um alles, was unser Miteinander betrifft: Bildung, Demokratie, Freiheit, Klima, Städtebau - Themen und Fragen unserer Zeit. rbbKultur-Redakteurin Natascha Freundel spricht mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch und persönlich. Kritisch und konstruktiv. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.

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1 Kommentar

  1. 1.

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    Mein zweiter Gedanke ist, dass Gewalt unabhängig vom Geschlecht ist, dass nur die Formen varieren. Wenn mehr Frauen große Macht (= legitimes Gewaltmonopol) haben, werden sich auch ihre Verhaltensweisen ändern: PräsidentInnen werden mit "Sachzwängen" konfrontriert, treffen Entscheidungen, motivieren (d.h. Schreibtischtätigkeiten) usw, lassen kämpfen, d.h. die Körperkraft, die auch moderne Waffen voraussetzen ist unwichtig und das relativiert biologische Voraussetzungen. Deshalb: Frauen wie Männer müssen ihr Verhalten reflektieren und korrigieren können. Sie müssen die Fähigkeit haben, sich beraten zu lassen, Vorurteile und Fakten zu erkennen. Sie müssen auf Ping-Pong-Diagloge verzichten und diskursiv Gemeinsamkeiten herausarbeiten können. Nur wenn sie zu Persönlichkeiten reifen und Strukturen diesen Prozess fördern, wird aus meiner Sicht Friede möglich sein.
    Ursula Lemke

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