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Die Debatte mit Natascha Freundel, René Althammer, Annegret Falter und Juan Moreno - Öffentlich-Rechtlich (2/4): Whistleblower in den Medien

"Whistleblower werden systematisch entmutigt." Annegret Falter

"Mich macht die Enttarnung des Fälschers Relotius nicht zum Vorbild für Journalisten. Das ist kein guter Ort, an dem ich da bin", schreibt Juan Moreno in seinem Buch "Tausend Zeilen Lüge", das jetzt auch als Film in die Kinos kommt. Moreno wurde zum Whistleblower wider Willen, als er die Fälschungen in den Reportagen seines Kollegen Claas Relotius aufdeckte. Ohne Moreno wäre das "System Relotius" als Beispiel für die Krisenanfälligkeit des Journalismus vielleicht nie öffentlich geworden. Ohne Whistleblower aus dem rbb wäre der rbb wohl nicht in die derzeitige Krise geraten. Welche Rolle spielen Whistleblower in den Medien? Wie werden sie geschützt? Wie gelingt transparente Aufklärung und ist der Fall Schlesinger ein "heilsamer Schock" für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk?

Ich finde es wirklich unglaublich, dass man tatsächlich so viel riskiert, wenn man ehrlich ist. Wenn man gerade als Journalist, Journalistin einfach seine Arbeit macht. Das ist ja Kern unseres Jobs. Ich glaube, Stefan Aust hat mal gesagt: 'Wir sind alle Fehlergucker.'

Juan Moreno

Ich will nicht wissen, wer es war. Wenn er zuhört, kann ich nur sagen: allen Respekt. Und er kann sich ins Tagebuch reinschreiben: Ich hab Rundfunkgeschichte mitgeschrieben.

René Althammer

Ein Whistleblower muss sich nach herrschender Rechtslage zuerst intern melden. Bei seinem Arbeitgeber oder bei seinem Dienstvorgesetzten. Unter bestimmten Bedingungen darf er sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Aber an die Öffentlichkeit sich zu wenden, das ist wirklich riskant. Das ist auch gesetzlich überhaupt nicht geregelt.

Annegret Falter
René Althammer (© privat), Annegret Falter (©privat) und Juan Moreno (© Mirco Taliercio)
Bild: privat | privat | Mirco Taliercio

Gäste

René Althammer, Jahrgang 1963, ist seit 2018 Chef vom Dienst (CvD) der Recherche bei rbb24 und leitet seit August das interne Rechercheteam zur Aufklärung der Vorwürfe gegen die ehemalige rbb Intendantin Patricia Schlesinger, ihr Umfeld sowie den ehemaligen Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf. Zuvor war Althammer CvD im ARD-Politikmagazin "Kontraste", wo er 1995 als Autor und Redakteur begann, und CvD im rbb Politikmagazin "Klartext".

Annegret Falter ist Vorsit­zende von Whistleblower-Netzwerk e.V. und arbeitet als Autorin, Referentin und Beraterin in Berlin. Von 1999 bis 2014 war sie Mitglied der Jury des Whistleblower-Preises der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und der Juristen-Vereinigung IALANA. Sie hat zahlreiche Veröffentlichungen zu Whistleblower-Fällen sowie zu Fragen der gesellschaftlichen Bedeutung des Whistleblowing verfasst und herausgegeben. Für sie steht Whistleblowing im Dienst der Menschenrechte, namentlich der Meinungs- und Gewissensfreiheit, des demokratischen Diskurses und der politischen Handlungsfähigkeit der Bürger:innen sowie der Rechenschaftspflicht in Staat und Wirtschaft.

Juan Moreno, geboren 1972 in Huércal-Overa (Spanien), ist freier Journalist und vor allem für den "Spiegel" in aller Welt unterwegs. Er arbeitete zunächst für den WDR, dann für die "Süddeutsche Zeitung". Moreno hat mehrere Bücher geschrieben, u.a. "Tausend Zeilen Lüge" (Rowohlt, 2019) über den Fall Relotius, einen der größten Medienskandale der Nachkriegsgeschichte, den Moreno aufdeckte. Die Verfilmung des Buchs startet am 29.9.2022 in den Kinos ("Tausend Zeilen", Regie: Michael "Bully" Herbig). Moreno wurde 2019 als "Journalist des Jahres" ausgezeichnet. 2020 startete er für den "Spiegel" den sehr erfolgreichen Auslands-Podcast "Acht Milliarden". Er moderierte auch den Podcast "Spiegel Daily.

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Hier wird nicht nur debattiert, hier wird auch zusammen nachgedacht. Über alles, was unser Miteinander betrifft. Bildung, Digitalisierung, Demokratie, Einsamkeit, Freiheit, Klima, Kultur, Städtebau, Visionen - die Themen liegen in der Luft, nicht erst, aber besonders deutlich seit der Corona-Pandemie. Jede Folge widmet sich einer Frage unserer Zeit. rbbKultur-Redakteurin Natascha Freundel spricht jeweils mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch, aber nie abgehoben. Persönlich, aber nicht privat. Kritisch und konstruktiv. Hier soll es nicht knallen, sondern knistern. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.