Propagandafoto für die Presse: Kinder mit Hakenkreuzfahnen in einer Szene aus der ARTE-Sendung Berlin 1933 - Tagebuch einer Großstadt © dpa/Süddeutsche Zeitung /rbb/ Scherl
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Die Debatte mit Natascha Freundel, Volker Heise und Herfried Münkler - "Das Land ist gespalten." Berlin 1933 und heute

"Ein Bündnis der Eliten mit dem Mob ist zur Zeit nicht in Sicht." Herfried Münkler

1933 ist ein Jahr des radikalen Umbruchs in Deutschland. Nach den Wahlsiegen der Nationalsozialisten im Juli und November 1932 und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 wird aus einer fragilen Demokratie ein Totalitarismus, der alle Lebensbereiche durchdringt und bald darauf die ganze Welt in einen Krieg stürzen wird. Volker Heise hält die nationalsozialistische Machtübernahme in einem zweiteiligen Dokumentarfilm fest, der Filmaufnahmen, Fotos und Tagebücher des Jahres 1933 in kalendarischer Reihenfolge zusammenführt. "Berlin 1933 – Tagebuch einer Großstadt" zitiert verschiedene Zeitzeugen: Täter, Beobachter, Opfer, Flüchtlinge. Welche neuen Einblicke in die intensiv erforschte Vergangenheit bietet eine so fragmentarische Dokumentation? Was haben die Bilder und Stimmen von damals mit Europa heute zu tun?

Wir machen immer die gleichen Filme mit viel erklären und erklären und erklären und kommen kein Stück weiter. Und deshalb mache ich diese Filme auf eine andere Art und Weise, dass man vielleicht danach mit einer Menge Fragen rausgeht und dann anfängt, vielleicht noch einmal nachzulesen oder zu gucken. Ich finde es besser, wenn Leute mit Fragen aus dem Film gehen, als mit Antworten. Für mich ist Fernsehen immer noch ein Ort, der manchmal auch gefährlich sein muss.

Volker Heise

In einer bestimmten Phase meines Lebens habe ich mir schon gewünscht, eher Skandinavier oder Franzose zu sein. Da hat man einen Rollkragenpullover angezogen und Gauloises geraucht. Das Erstaunliche in der gegenwärtigen Situation ist, dass das, was in den späten 60ern und 70ern jemandem aus meiner Generation vielleicht als Wunschtraum, als Vorbild einer anderen Vergangenheit erschienen ist, im Augenblick überhaupt nicht attraktiv ist, weil wir um uns herum in Europa relativ viele rechtspopulistische Parteien sehen, die teilweise entweder den Fuß schon in den Machtzentralen haben oder im Begriff sind, da reinzudrängen.

Herfried Münkler
Volker Heise (© dpa/Jörg Carstensen) und Herfried Münkler (© picture alliance/ Eventpress Stauffenberg)
Volker Heise und Herfried Münkler | Bild: dpa/Jörg Carstensen || picture alliance/ Eventpress Stauffenberg

Gäste

Volker Heise, geboren 1961 in Hoya, ist Fernsehregisseur, -dramaturg und -produzent. Er hat Politikwissenschaften studiert und war Rundfunkreporter und Redakteur, u.a. beim SFB (heute rbb). Für die Berliner Produktionsfirma "zero film" war Heise seit Mitte der 1990er Jahre als Texter und Dramaturg tätig (u.a. bei "Black Box BRD" von Andres Veiel). 2001 führte er Regie bei „Schwarzwaldhaus 1902“. Seit 2008 ist Heise Partner der Filmfirma "zero one film". Von 2008 bis 2009 erarbeitete der das Fernsehprojekt "24h Berlin – Ein Tag im Leben", nach dessen Vorbild 1014 "24h Jerusalem" entstand. Für seine Filme wurde Volker Heise mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehprei

Herfried Münkler, geboren 1951 in Friedberg, ist emeritierter Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Berliner Humboldt-Universität. Er ist weit über die akademische Welt bekannt als Autor maßgeblicher Bestseller über alte und neue Kriege, Imperien, "Die Deutschen und ihre Mythen" (2009) sowie – mit seiner Frau, der Literaturwissenschaftlerin Marina Münkler – über die deutsche Gegenwart und Zukunft. Zusammen verfassten Herfried und Marina Münkler "Die neuen Deutschen" (2016) und "Abschied vom Abstieg. Eine Agenda für Deutschland" (2019). 2021 erschien sein Buch "Marx, Wagner, Nietzsche. Welt im Umbruch" und im Herbst 2022 "Die Zukunft der Demokratie".

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Hier wird nicht nur debattiert, hier wird auch zusammen nachgedacht. Über alles, was unser Miteinander betrifft. Bildung, Digitalisierung, Demokratie, Einsamkeit, Freiheit, Klima, Kultur, Städtebau, Visionen - die Themen liegen in der Luft, nicht erst, aber besonders deutlich seit der Corona-Pandemie. Jede Folge widmet sich einer Frage unserer Zeit. rbbKultur-Redakteurin Natascha Freundel spricht jeweils mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch, aber nie abgehoben. Persönlich, aber nicht privat. Kritisch und konstruktiv. Hier soll es nicht knallen, sondern knistern. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.