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Die Debatte mit Carla Spangenberg, Liana Fix und Tilman Brück - Hat der Pazifismus ausgedient?

"Pazifismus darf kein Unterwerfungspazifismus werden." – Liana Fix

"Wir kommen nicht mit sauberen Händen aus dieser Sache." – Mit dieser Feststellung erteilte Robert Habeck kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine dem radikalen Pazifismus eine Absage: Eine gewaltfreie Lösung ist ausgeschlossen, wer zuschaut, macht sich schuldig.

Hat der Pazifismus also ausgedient? Und was will der Pazifismus genau? Womöglich lässt sich durch einen Ziel-Pazifismus Gewalt sogar legitimeren, wenn sie dazu dient, Frieden zu stiften. Vielleicht kann das Ideal eines "ewigen Friedens" nach Kant auch dafür sorgen, eine Spirale der Gewalt zu verhindern.

Was kommt nach dem Krieg, wie erreichen wir Frieden und mit welchen Mitteln wollen wir ihn nachhaltig sichern?

Wiederholung vom 21.04.2022.

Wenn man versucht, Kants kategorischen Imperativ anzuwenden, kann man sich fragen: Würden wir wollen, dass es ein allgemeines Gesetz wird, dass wir einen Staat nicht militärisch unterstützen, wenn er angegriffen wird. Das würden wir wahrscheinlich nicht wollen, denn es ermöglicht kein stabiles Zusammenleben der Länder untereinander. Mit unterlassener Hilfeleistung kann man sich eben auch schuldig machen. Das heißt, Pazifismus darf nicht auf die Kosten des Opfers gehen und nicht zu einem Unterwerfungs-Pazifismus werden.

Liana Fix

Individuell habe ich sehr viel Respekt vor Menschen, die Gewaltanwendungen ablehnen. Die Idee, ohne Gewalt zu leben, ist erstmal attraktiv. Ich denke, das kann man respektieren und anerkennen. Das heißt aber nicht, dass empirisch zwischen Gesellschaften oder innerhalb einer Gesellschaft ein Verzicht auf Gewaltanwendung in aller Konsequenz und in jeder Situation richtig ist. Für mich ist Pazifismus das Ziel, Regeln zu schaffen, die wirken, die effektiv sind und eben auch sanktioniert werden können.

Tilman Brück
Liana Fix (© Körber Stiftung) und Tilman Brück (© Tilman Brück)

Gäste

Liana Fix, geboren 1987, ist Historikerin und Politikwissenschaftlerin. Sie ist Programmleiterin im Bereich Internationale Politik der Körber-Stiftung mit Fokus auf Russland/Osteuropa. Dort forscht und publiziert sie unter anderem zur Akzeptanz der deutschen Sicherheitspolitik und der Bundeswehr in der Bevölkerung.

Tilman Brück, geboren 1970, ist Wirtschaftswissenschaftler. Er forscht zu den ökonomischen Folgen von Frieden und militärischen Konflikten. 2013 bis 2014 war er Vorsitzender des Stockholm International Peace Research Institute. Seit 2014 ist er Gründer und Direktor des International Security and Development Center mit Sitz in Berlin.

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1 Kommentar

  1. 1.

    Gegen Ende des Podcasts haben Sie vom Ende des Krieges gesprochen. Hier wurde lediglich vom Sieg der einen Seite und der Niederlage der anderen Seite gesprochen. Das ist gerade für Wissenschaftler zu kurz gesprungen. Gerade bei diesem Krieg ist ein Patt wesentlich wahrscheinlicher. Man kommt an einen Punkt, wo jede Seite durch eine Verlängerung des Krieges nur verlieren kann oder keine wesentlichen Geländegewinne verzeichnen wird. Das ist die Zeit für Friedensverhandlungen. Natürlich wird jede Seite vor der eigenen Bevölkerung behaupten, sie hätte gewonnen.

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Debatte mit Natascha Freundel & Gästen - Der Zweite Gedanke

Hier geht es um alles, was unser Miteinander betrifft: Bildung, Demokratie, Freiheit, Klima, Städtebau - Themen und Fragen unserer Zeit. rbbKultur-Redakteurin Natascha Freundel spricht mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch und persönlich. Kritisch und konstruktiv. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.