Interview | Hertha-Stadionsprecher Fabian von Wachsmann - "Die vielen Menschen, die zusammen traurig waren, waren trostspendend"

Mo 22.01.24 | 20:53 Uhr
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Die Ostkurve kurz vor Herthas Spiel gegen Düsseldorf (Bild: IMAGO/Matthias Koch)
Video: rbb24 | 21.01.2024 | Hymne und Schweigeminute im Olympiastadion | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Mit einer emotionalen Rede hat Herthas Stadionsprecher Fabian von Wachsmann am Sonntag des verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein gedacht. Ein Gespräch über ihre Entstehung, den Verlust eines Freundes und gemeinsame Trauer im Stadion.

Mit trauriger Stimme und den Worten "Lieber Kay, es bricht unser Herz" begann Fabian von Wachsmann am Sonntag seine Rede im Berliner Olympiastadion. Fünf Tage nach dem unerwarteten Tod von Hertha-Präsident Kay Bernstein war Herthas Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf geprägt vom Gedenken der Berliner an ihren Präsidenten. Der 56-jährige von Wachsmann, der nicht nur Herthas Stadionsprecher ist, sondern auch ein guter Freund von Kay Bernstein war, stand und steht hierbei mit seiner Rede symbolisch für die großen Gefühle in Herthas Umfeld nach Bernsteins Tod.

Das Hauptstadtderby

rbb|24: Herr von Wachsmann, als Ihnen bei Ihrer Rede am Sonntag zum Ende fast die Stimme wegbrach, wirkte dies wie die Kulmination der Trauer und der Betroffenheit, die seit der Todesnachricht von Kay Bernstein rund um Hertha spürbar war. Wie wurden die Worte dieses Momentes, wie wurde Ihre Rede komponiert?

Fabian von Wachsmann: Im Großen und Ganzen waren die Worte von mir, und ich bin dem Verein auch sehr dankbar dafür, dass das so sein konnte. Mir wäre es sehr schwergefallen, einfach einen Text vorzulesen, den jemand anderes geschrieben hat. Andererseits war es ja keine rein persönliche Laudatio von mir, sondern auch eine Botschaft des Klubs. Deswegen habe ich den Text geschrieben und der Klub hat zwei Halbsätze hinzugefügt.

Wie haben Sie selbst die Momente während Ihrer Rede im Stadion erlebt?

Das war ein Moment, vor dem ich seit letztem Dienstag Angst hatte. Ich wusste natürlich, wie emotional das für mich ist. Kay und ich waren nicht nur Freunde, sondern haben im Leben des jeweils anderen eine wirklich wichtige Rolle gespielt. Mir ging es also wirklich nicht gut in den letzten Tagen. Auf der anderen Seite wusste ich: Wer soll das machen, wenn nicht ich? Als Sprecher von Hertha BSC, aber eben auch als ein eng mit Kay Bernstein verbundener Mensch. Ich wollte es also auch unbedingt machen.

Das war sicherlich kein einfacher Prozess, oder?

Ich habe den Text relativ früh geschrieben, was mir auch ein bisschen bei der Bewältigung geholfen hat. Dann habe ich geübt, um überhaupt durchzukommen. Die ersten Male bin ich nicht mal über das "Lieber Kay" hinweggekommen. Ich habe dann versucht, meiner Frau vorzulesen, was auch nicht sehr hilfreich war, weil wir dann beide in Tränen ausgebrochen sind. Kay war ja ein Stück unserer Familie. Umso näher der Sonntag dann kam, desto größer wurde neben der Angst aber auch die Sicherheit. Und trotzdem war es am Sonntag natürlich nicht einfach. Die Bilder, die Stimmung im Stadion, die Andacht – all das hat zusätzlich sehr viele Emotionen geweckt.

Ein Banner der Hertha-Fans aus dem Spiel gegen Düsseldorf (Bild: IMAGO/Metodi Popow)
Ein Banner der Hertha-Fans zum Gedenken an Kay Bernstein | Bild: IMAGO/Metodi PopowBild: IMAGO/Metodi Popow

Auch Ihre Worte haben viele Menschen sehr bewegt. Welches Echo haben Sie seit Sonntag zu Ihrer Rede, aber auch zu den Trauerbekundungen rund um das Spiel allgemein bekommen?

Bei aller Traurigkeit auch ganz viel Freude darüber, wie der Verein mit dem Thema umgegangen ist. Alles, was ich von den unterschiedlichsten Menschen an Feedback bekommen habe, war eine große Dankbarkeit und viel Erleichterung. Darüber, dass der ganze Tag so in Demut abgelaufen ist und dass er ein würdiges Gedenken an Kay war. Auch ich fand die vielen Menschen, die zusammen traurig waren, sehr trostspendend.

Sie haben schon erzählt, dass Ihre Familie eng mit der von Kay Bernstein befreundet ist. Auch insgesamt war der nicht irgendein Funktionär, sondern ein Mann, der für viele ein Bekannter und bei vielen sehr beliebt war. Haben Sie ein Gefühl, wie es diesen Menschen, gerade den Verantwortlichen bei Hertha BSC aktuell geht?

Da kann ich natürlich auch nur meine Wahrnehmung schildern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass schon wirklich konkret in die Zukunft geguckt wird. Sicherlich muss das an der ein oder anderen Stelle schon getan werden, aber bei den meisten allermeisten Mitarbeitern ist einfach eine abgrundtiefe Traurigkeit spürbar. Viele Menschen in dem Verein hegten seit Jahren tiefe Freundschaften mit Kay. Und dann gibt es Menschen, die ihm gegenüber vielleicht am Anfang sehr kritisch waren, ihn aber in der Zusammenarbeit zuletzt besser kennengelernt haben.

Es ist ein Zusammenspiel: Einerseits ist es so traurig, dass dieser junge Mensch mit 43 Jahren einfach so gestorben ist. Andererseits hatte man den Eindruck, dass Kay etwas bewegt in dem Verein, was jetzt plötzlich einfach vorbei ist. Mit Blick auf die Zukunft stellen sich viele die Frage: Was wird jetzt aus dem eingeschlagenen Weg bei Hertha? Nicht nur, wie die Mannschaft aufgebaut ist und ob der Großteil, der Spieler jetzt aus dem eigenen Nachwuchs oder nicht kommt, sondern viel mehr, wie die Stimmung im Verein und untereinander ist.

Was glauben Sie – als jemand, der ihn wirklich gut gekannt hat – würde Kay Bernstein sich in den kommenden Monaten von den Herthanern wünschen?

Ich weiß, was er gesagt hätte, wenn man ihn das vorher gefragt hätte. Kay hätte sich ganz sicher gewünscht, dass dieser Verein als Einheit funktioniert. Er hätte sich gewünscht, dass alle zusammen und vertrauensvoll arbeiten und es mit einer positiven Stimmung auf der Geschäftsstelle und auch sportlich weitergeht. Und er hätte sich ganz sicher gewünscht, dass ab jetzt wieder Stimmung ist, wenn Fußball ist. Dass die Herthanerinnen und Herthaner ins Stadion kommen und die Mannschaft mit allem unterstützen, was sie haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das in der Online-Version leicht gekürzte und redigierte Interview führte Dirk Walsdorff.

Sendung: Der Tag, 22.01.2024, 18:00 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Dass der plötzliche Tod eines bis Juni 22 für viele nahezu Unbekannten so lange so viele Menschen bewegt, zeigt, dass es sich um einen "besonderen" Toten handeln muss, der in der kurzen Zeit ganz viele neue "Fans" (dieses Mal seine eigenen) dazugewonnen hat. Ich selber habe mich damals bei der Wahl nur randständig mit dem "anderen Kandidaten" beschäftigt, weil ich seine Wahl nicht für möglich hielt....

    Und jetzt geht es mir immer noch sehr nahe. Weil er ein toller Typ war (der Unternehmer ist im Südring nicht unbekannt) und ein unglaublich guter Präsident. Ein "Macher", pragmatisch, bodenständig, realitätsnah. Und eben einer von den Herthanern, aus der Kurve.

    Die Trauer und mancherorts auch Verzweiflung ist durchaus nachvollziehbar... wie v. Wachsmann und die anderen Gesprächspartner schon sagten: erstmal in Ruhe trauern lassen...

  2. 1.

    Chapeau!

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