Brandenburger Bio-Marktbericht - Hunger nach mehr Bio

Mo 29.04.24 | 10:28 Uhr | Von Ismahan Alboga
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Archivbild: Ein Gärtner erntet in Rohrlack (Brandenburg) auf einem Feld der Gärtnerei Lindenhof Salat. (Quelle: dpa/Gabbert)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 29.04.2024 | Bild: dpa/Gabbert

Die Bio-Branche in der Region bleibt trotz gestiegener Preise ein wachsender Sektor. Berlin und Brandenburg können sich bei Angebot und Nachfrage gut ergänzen. Es gibt noch viel Luft nach oben - aber nicht überall. Von Ismahan Alboga

  • Brandenburg liegt beim Öko-Anbau bundesweit in der Spitzengruppe
  • Bio-Anbaufläche wächst deutlich, Ziele werden jedoch noch verfehlt
  • Bio-Produkte sind längst kein Nischenmarkt mehr

Es sieht nach einem Elfmeter aus, den Brandenburger und Berliner einfach verwandeln könnten: Mit einem riesigen Bio-Anbaugebiet und einem teils kapitalstarken Absatzmarkt liegt der Ball eigentlich auf dem Punkt. Es fehlt allerdings an Zielgenauigkeit beider Bundesländer, um knackigen märkischen Bio-Salat auf den Teller der biohungrigen Berliner zu bringen.

Laut dem Bio-Marktbericht 2023/24, der am Montag in Potsdam vorgestellt wurde, gaben Berliner und Brandenburger im Jahr 2023 rund 640 Millionen Euro für frische Lebensmittel aus ökologischer Erzeugung aus. Die Menschen aus Berlin sind deutschlandweit führend - sie bezahlten im vergangenen Jahr insgesamt 477 Millionen Euro für Bio-Erzeugnisse. Auch in Brandenburg wächst der Zuspruch, 162 Millionen Euro wurden ausgegeben.

Nachfrage konnte nicht gedeckt werden

Brandenburg kommt laut Bio-Marktbericht nicht hinterher, die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln sei im vergangenen Jahr "überdurchschnittlich gestiegen". Dabei seien die Bio-Flächen und die Tierbestände im Biobereich gewachsen.

In einigen Bereichen werde nicht genügend produziert. Rein rechnerisch könnte laut Bericht etwa die heimische Bio-Schweinefleischproduktion verzehnfacht werden, um Berlin und Brandenburg damit zu versorgen. Die Produktion von Bio-Geflügelfleisch könnte verdreifacht werden, um den Bedarf vollständig zu decken. Potential gibt es auch bei der Bio-Milch. Hier komme nur ein Drittel aus der Region. Eine Ausnahme bildet die Produktion von Bio-Rindfleisch. In Brandenburg werden überdurchschnittlich viele Bio-Rinder gehalten.

Wenig Bio-Gemüse und kaum Bio-Obst

Bundesweit geht der Trend zu weniger Fleisch- und Milchkonsum. Doch ausgerechnet auffallend wenig Bio-Gemüse werde in Brandenburg angebaut. Der Anbau von Bio-Freilandgemüse sei unterdurchschnittlich, so der Bericht. Um etwa 500 Hektar könnte die Produktion von Möhren, Zwiebeln, Porree, anderem Wurzelgemüse und Kopfkohl ausgeweitet werden, um die Hauptstadtregion zu versorgen. Der Anbau von Bio-Speisekartoffeln könne nur zu etwa einem Drittel die Nachfrage abdecken, hieß es weiter. Für eine vollständige Abdeckung seien zusätzlich 600 Hektar nötig. Auch Bio-Obstsorten sind zu wenige vorhanden. Deutschlandweit entfallen etwa bei der Bio-Apfelfläche nur zwei Prozent auf Brandenburg.

Dafür gibt es in Brandenburg aber viele Strauchbeeren wie Sanddorn, Aronia, Holunder oder Schwarze Johannisbeere. Aber diese werden meist verarbeitet und dann angeboten. Frisch kommen sie nicht auf den Markt, ebenso wenig wie der überwiegende Teil von Bio-Äpfeln. Kümmerlich falle laut Bericht auch der kommerzielle Bio-Anbau von Erdbeeren oder Steinobst aus.

Brandenburger unter den bundesweiten Spitzenreitern bei Ökoflächen

Am fehlenden Platz kann es in Brandenburg nicht liegen: Rund 1,3 Millionen Hektar werden in Brandenburg landwirtschaftlich genutzt. Immerhin 17 Prozent dieser Flächen werden inzwischen ökologisch bewirtschaftet, was das Bundesland neben dem Saarland und Hessen zu den Spitzenreitern bei Bio-Flächen macht. Vor fünf Jahren lag dieser Flächenanteil in Brandenburg noch bei 12,9 Prozent. Dieses Jahr sollten sogar 20 Prozent erreicht werden, so das Ziel des Brandenburger Landwirtschaftsministeriums. Das hat zwar landesweit nicht geklappt, vereinzelt sei die Ziel-Marke aber sogar weit überschritten worden. Spitzenreiter ist Dahme-Spreewald mit rund 35 Prozent Ökoflächen.

Mehr als die Hälfte der gesamten landwirtschaftlichen Bio-Nutzfläche entfallen auf Ackerland. Davon knapp eine Hälfte auf Bio-Getreide und knapp ein Drittel auf Futterpflanzen. 42 Prozent werden als Grünland ausgewiesen. Beim Getreideanbau dominiert Bio-Roggen mit 42 Prozent, wohl auch deswegen, weil diese Art gut mit den leichten Böden in Brandenburg zurechtkomme. Neben Bio-Roggen gehören Bio-Hafer und Bio-Weizen zu den wichtigen Getreidekulturen in der Mark.

Bio-Roggen könne für Brandenburg ein Exportprodukt in andere Regionen darstellen, sagt der Bericht. Bei den anderen Getreidearten entspreche das Angebot der Nachfrage, mit jährlichen Schwankungen. 


Bio-Absatz erholt sich schnell nach Flaute

Bio-Produkte seien längst kein Nischenmarkt mehr, sie seien im Alltag der Verbraucherinnen und Verbraucher angekommen, resümiert der Bio-Marktbericht 2023/24. Zusätzlichen Aufschwung habe es für den Bio-Markt in den ersten beiden Pandemiejahren gegeben. In den Jahren 2022 und 2023 habe hingegen die hohe Inflation diese Entwicklung ausgebremst. Die Krise scheint aber überwunden. Die Bio-Haushaltsnachfrage in Berlin und Brandenburg habe sich von den Rückgängen im Jahr 2022 schneller als der Gesamtmarkt erholt. 2023 stiegen die Bio-Ausgaben um 6,7 Prozent in der Region.

Um die Bio-Produktion, die Bio-Verarbeitung und den Bio-Markt in Berlin und Brandenburg weiterzuentwickeln, werden im Bericht verschiedene Maßnahmen empfohlen.

Wachstumspotenzial wird vor allem im biologischen Ackerbau gesehen, weniger in der Tierhaltung. Deshalb sollten Förderungen sich verstärkt auf die Bio-Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung konzentrieren, so der Bericht. Bei Ausschreibungen sollte verstärkt auf Bio geachtet werden. Förderziele könnten auch Spezialmaschinen und alternative Vermarktungswege sein, aber auch die Aufklärung über Vorzüge von Bio-Essen.

Großes Potential sieht die Studie in der Gemeinschaftsverpflegung in Kantinen. Damit stützen die Macher der Studie auch politische Maßnahmen der Landesregierung wie etwa die Ernährungsstrategie und die "Kantine der Zukunft". Auch mehr Anreize für Handwerksbetriebe und mittelständische Lebensmittelindustrien zur Verarbeitung von Bio-Produkten werden gefordert, da sie bedeutende Akteure für die Steigerung der Wertschöpfung seien.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 29.04.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Ismahan Alboga

27 Kommentare

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  1. 27.

    Da hätten Sie aber früher auf die Welt kommen müssen, im Osten wäre Ihnen eine steile Karriere sicher gewesen.

  2. 25.

    Es wäre auch gesundheitlich besser weniger Fleisch zu essen.

    Ich bin sehr für staatliche Lenkungs und Steuerungs Aktionen, Verbote usw!

  3. 24.

    Wäre es besser, weil dann persönlich irgendwelche schlechten Gewissen befriedigt wären? Lassen sie doch andere Menschen essen, wie sie wollen.

  4. 23.

    "Bio ist die ursprüngliche Landwirtschaft"

    Und Nicht-Bio produziert hochgiftige Todesmittel.
    Na ja, wenns scheeee macht...

  5. 22.

    Meinen sie ernsthaft, dass es irgendeinen Hersteller oder Produzenten interessiert, ob ausgerechnet sie sich diese Produkte leisten können? Sehen sie.

    Ich bin Verbraucher, fremde Probleme sind nicht meine Probleme.

  6. 21.

    Was Schweinefleisch, ob bio oder normal angeht, wäre es besser wenn viel weniger produziert und genossen wird.

  7. 20.

    Falls Sie die DDR meinen, kann ich das bestätigen. Ich habe selbst nachdem ich alt genug war, jeden Herbst unterm Sack gearbeitet. Später im Beruf auch, mit meinem Kumpel waren wir die "Tonnenhaie" in Rehbrücke. War ein sehr guter Nebenverdienst. Hat aber in den 80zigern aber merklich nachgelassen, nachdem es regelmäßig abgepackte Kartoffeln in den Läden gab.

  8. 19.

    Welches Framing und welches hochgiftig haben Sie denn gelesen?
    Immer wieder interessant was so manche Leute lesen bzw. hinzudichten und sich dann Ihre Meinung bilden, also im Prinzip ihre Meinung in den Artikel gedanklich hineinschreiben und dann drüber meckern.

  9. 18.

    Nein, haben sie nicht. In D existieren Gesetze & Verordnungen, sie können sich sicher sein, dass auch Nichtbiogelabeltes Essen chemieftei ist.

  10. 17.

    Bio wurde sicherlich nicht für ökologische Zahlschafe erfunden. Bio ist die ursprüngliche Landwirtschaft, wie wär's mit back to the roots?
    Ich empfehle Ihnen doch einmal einfach einen Besuch im Bioladen zu wagen. Butter war zu Corona-Zeiten dort billiger als im Discounter. Wem geben Sie denn lieber Ihr sauer erarbeitetes Geld? Hart arbeitenden Bauern oder geldgierigen Managern? (Ich finde jedenfalls das Gehalt der REWE Manager unangemessenen noch)
    Und was die Kritik der anderen Poster zu hoch verarbeiteten Lebensmitteln angeht: die finden sich vor allem im konventionellen Handel. So wie eine ordentlich gehaltene Kuh auf einer Magergraswiese steht so kauft ein typischer Bioladen Käufer eher das Zeug pur und veredelt die Produkte daheim.

  11. 16.

    Ihr Gehalt?
    Dann haben Sie unter Garantie mehr Geld als ich zur Verfügung. Meine Rente ist auf Grundsicherungsniveau. Ihre Haltung, die ja sehr viele Leute haben, hat doch genau dazu geführt dass gut bezahlte Jobs ins Ausland verlagert wurden.
    Und wenn niemand bereit ist für seine Lebensmittel so viel zu bezahlen dass ein Landwirt davon leben kann sind wir ziemlich schnell auf ausschließlich ausländische Importe angewiesen. Dann könnte es mit dem "Geiz ist geil" Einkauf schnell vorbei sein.

  12. 15.

    Ach lassen Sie das mal meine Sache sein - ich bezahl gern für Chemiefreies Essen!
    Und wie gesagt ist es kaum teurer als das ,,andere“.
    Hab ich Sie endlich überzeugt?

  13. 14.

    das gesündeste an bio ist dann der bioschiss...ohne glyphosat und pestizide

  14. 13.

    Ach und Sie meinen wirklich, hochverarbeitete Büro-Lebensmittel sind kein industrieller "Fraß"? Erst recht diese veganen Nachahmerprodukte als Fleischersatz.

  15. 11.

    "Wenn Sie das Zeug im Bioladen kaufen haben Sie halt die Gewissheit dass die Betriebe auch von ihren Erzeugnissen leben können"

    Interessiert mich als Kunde nicht die Bohne. Ob ich von meinem Gehalt leben kann interessiert nämlich auch niemanden.

  16. 10.

    >"kommen doch immer noch sehr viele Kartoffeln von weit her."
    immer noch... ist falsch, sondern wieder... weil der Verbraucher nur glatte Frischkartoffeln will. Das Thema mit Lagerkartoffeln und dass die ne dickere Schale haben und vielleicht mal hier und da ein Auge, kennt keiner mehr.
    Deutschland könnte mit Winterlagerung theoretisch den Bedarf an Speisekartoffeln allein decken. Wer aus ökologischen Gründen keine weiten Anfahrten des Gemüses mag, der muss sich auch mal auf Lagergemüse einlassen. So kannte ich das doch bis in die 1990erJahre.

  17. 9.

    Wenn Sie das Zeug im Bioladen kaufen haben Sie halt die Gewissheit dass die Betriebe auch von ihren Erzeugnissen leben können. Von giftig war nirgendwo etwas im Artikel zu lesen.
    Ist Ihnen vielleicht aufgefallen dass weniger Schweinefleisch produziert wurde als hätte abgesetzt werden können? Gleichzeitig haben sehr viele konventionelle Schweinemasten aus finanziellen Gründen aufgegeben. Hier wäre eine Umstellung auf Biolandwirtschaft eine Alternative gewesen. Denn es gibt nicht nur staatliche Förderung, da sind die Bios auch selbst aktiv.
    Es gibt in der ARD Mediathek einen interessanten Film darüber wie wenig Geld die großen Supermarktketten den konventionellen Erzeugern für ihre Produkte zahlen. Vielleicht überzeugt Sie das mehr als Klimaschutz und Artenvielfalt?

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