Obwohl nur 160.000 Karten zu haben waren, sind rund 250.000 Fans aus allen Ecken der DDR angereist. Sie verschaffen sich Zugang und Bruce Springsteen greift zur Gitarre. Das legendäre Konzert findet am 19. Juli 1988 auf der Radrennbahn Weißensee in Ost-Berlin statt.

Aber warum lässt die DDR den Amerikaner Bruce Springsteen 1988 überhaupt spielen? Im DDR Fernsehen heißt es: "Er ist nicht von der schillernden Exotik eines Michael Jackson… Für seine Fans ist Superstar Springsteen noch immer der nette Bursche aus New Jersey, ein Typ, dem man jederzeit abkauft, wovon er singt."

In West-Berlin gibt es 1987/1988 vor dem Reichstag ebenfalls Top-Konzerte: David Bowie, Pink Floyd und Michael Jackson. Ost-Berliner Fans versammeln sich daraufhin in Nähe der Mauer, um mithören zu können. Die Jugendorganisation FDJ will etwas bieten – auch Depeche Mode, Joe Cocker und Brian Adams kommen. Bruce Springsteen wird ihr offizieller Gast.

Die FDJ nennt das Konzert "5. Berliner Rocksommer der FDJ, 'Konzert für Nikaragua'". Das Ereignis soll ideologisch genutzt werden.

Dass das Konzert eine Solidaritätsaktion mit Nikaragua (und dem 9. Jahrestag der sandinistischen Revolution) darstellen soll, lassen sich Bruce Springsteen und sein Team aber nicht gefallen. Am Tag des Konzerts sind keine politischen Slogans der FDJ zu sehen.

Im Gegenteil. Als Springsteen einen seiner bekanntesten Songs spielt, singen rund 250.000 Fans lautstark "Born in the USA" mit. Und schwenken eigens fabrizierte amerikanische Flaggen.

Fast vier Stunden spielen Bruce Springsteen und seine Band.

Die Konzertbesucher:innen ergreift eine Welle von Euphorie. Die Atmosphäre spiegelt den Freiheitswunsch der begeisterten, aus allen Ecken der DDR angereisten, Fans.

In den Akten der Stasi sind später 800 kollabierte DDR-Bürger vermerkt.

Der west-berliner Konzertbegleiter Georg Kerwinski hilft Springsteen gegen Ende des Konzerts bei der Korrektur eines (vorbereiten) Spickzettels. "Springsteen wollte sagen: 'Ich bin hier, um ehrlichen Rock'n'Roll für euch zu spielen. In der Hoffnung, dass eines Tages alle Mauern fallen'", erzählt Kerwinski später. [externer Link mdr] Eines der Wörter darf aber nicht genannt werden. Auf der Bühne schreit Kerwinski ihm zu: "Don't say 'Mauern', no walls. Barriere! We have to say barriers."

Mit Spannung erwartet die Crew, was "The Boss" sagt: "Ich bin gekommen, um Rock'n'Roll zu spielen, für euch Ost-Berliner. In der Hoffnung, dass eines Tages alle Barrieren umgerissen werden." Jubel. Ein Jahr später wird die Mauer fallen. Sendung: Antenne Brandenburg, 19.07.2023, 10:00 Uhr | weitere Bildergalerien