In den frühen 1960er Jahren entstehen auf dem zweiten Bauabschnitt der Stalinallee, die später in Karl-Marx-Allee umbenannt wird, hauptsächlich Wohngebäude.

Auf der Prachtstraße der DDR sollen allerdings auch Kultur und Geselligkeit einziehen. So werden nach Entwürfen der Stadtplaner Josef Kaiser, Edmund Collein und Werner Dutschke das Café Moskau, das Hotel Berolina, die Mokka-Milch-und-Eisbar und das Kino International realisiert.

Das am 15. November 1963 eröffnete Kino entwickelt sich zum Premierenkino der DDR. Zahlreiche DEFA-Produktionen wie "Solo Sunny", den über 100.000 Zuschauende sehen, und einige ausgewählte westliche Filme wie "Dirty Dancing" oder "Cabaret" feiern hier Premiere.

Es ist praktisch unmöglich, Premierenkarten zu bekommen - zumindest für nicht linientreue DDR-Bürger:innen.

Die DDR-Staatsführung dagegen ist regelmäßig Gast und sitzt in einer Stuhlreihe mit extra viel Beinfreiheit.

Anschließend treffen sich die Genossen im Repräsentationsraum, der fensterlosen "Honecker-Lounge".

Konzipiert wurde das Kino International allerdings bereits Jahre bevor Honecker Erster und dann Generalsekretär des ZK der SED wurde. Die Architekten Josef Kaiser und Heinz Aust konstruierten einen dreigeschossigen Stahlbetonskelettbau, der mit hellem Sandstein verkleidet wurde. Das Obergeschoss mit dem Kinosaal ragt neun Meter über dem Untergeschoss hervor. Eine große Glasfläche ziert die Front.

Die drei Seitenflächen dagegen sind fensterlos. Sie sind mit dem Betonrrelief "Aus dem Leben heutiger Menschen" verziert.

Das Relief nach Entwürfen von Waldemar Grzimek, Hubert Schiefelbein und Karl-Heinz Schamal zeigt sozialistische Motive.

Am 9. November 1989 - am Abend, an dem die Mauer fiel – wird Heiner Carows "Coming Out" gezeigt.

Eine Sensation, denn nie zuvor war in der DDR ein Kinofilm über Homosexualität gezeigt worden.

Noch vor der offiziellen Auflösung der DDR 1990, wird dem Kino International die Ehre zuteil, zur festen Berlinale-Spielstätte zu werden. 1992 übernimmt die Yorck Kinogruppe das Haus von der Bezirksfilmdirektion.

Vor der Spielstätte werden später begeisterte Berlinale-Fans campieren, um an Karten zu kommen.

Ein Hingucker sind die großformatigen Plakate. Sie werden sowohl für das Kinoprogramm als auch die Berlinale seit vielen Jahren von Götz Valien, einem der letzten Kinoplakatmaler, von Hand gemalt.

Das Kino International steht als Zeugnis der architektonischen Moderne unter Denkmalschutz. Mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz wird 2018-2019 die Fasssade saniert. Ab April 2024 schließt das Kino für 15 Monate und soll denkmalgerecht generalsaniert werden.

Text und Zusammenstellung: Caroline Winkler

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Sendung: rbb 88.8, 08.11.2023, 17:00 Uhr