Fragen und Antworten | Selbstbestimmungsgesetz - Was sind trans Menschen und warum bekommen sie ein neues Gesetz?

Mi 23.08.23 | 12:29 Uhr | Von Naomi Donath
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Vor dem Bundesfamilienministerium in Berlin weht eine "Progressive Pride"-Flagge. (Bild: rbb)
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Video: rbb|24 | 16.08.2023 | Bild: rbb

Das Bundeskabinett hat den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Es gibt viele Vorurteile zu dem Thema und viele offene Fragen. Wir versuchen, die wichtigsten zu beantworten. Von Naomi Donath

Was sind cis Menschen und was sind trans Menschen?

Trans und cis sind keine Wertungen, sondern Beschreibungen verschiedener Erfahrungswelten. Jedem Mensch wird kurz nach der Geburt ein Geschlecht zugewiesen. Cis Menschen können sich mit diesem zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Trans Menschen und nicht-binäre Menschen können sich nicht oder nicht vollständig mit diesem zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Sie werden sich irgendwann bewusst, dass das Geschlecht, das ihnen zugewiesen wurde, nicht oder nicht vollständig für sie passt. Das erzeugt großen Leidensdruck. Daher möchten sie ihren Vornamen und/oder Geschlechtseintrag ändern, sodass er ihrer Geschlechtsidentität entspricht.

Jeder Mensch hat eine Geschlechtsidentität, das heißt, ein inneres Wissen um die eigene geschlechtliche Zugehörigkeit. Auch cis Menschen haben eine Geschlechtsidentität. Sie müssen sich aber meistens darüber keine Gedanken machen, weil ihre Geschlechtsidentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen kurz nach der Geburt zugewiesen wurde.

Begriffserklärung

Nicht-binäre Menschen: Personen, die sich weder als Frau noch als Mann identifizieren.

Intergeschlechtliche Menschen: Personen, die mit Variationen der Geschlechtsmerkmale geboren werden. Ihre Genitalien, Gonaden, Chromosomen oder Hormonwerte lassen sich nicht eindeutig männlich oder weiblich zuordnen.

Können jetzt alle, auch cis Menschen, einfach ihren Vornamen wechseln?

Nein. Das Selbstbestimmungsgesetz richtet sich an trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen. Es soll ihnen ermöglichen, ohne psychologische Begutachtung und ohne gerichtliches Verfahren den Vornamen und/oder den Geschlechtseintrag zu ändern. Den Vornamen innerhalb eines Geschlechts zu ändern, zum Beispiel von einem männlich konnotierten zu einem anderen männlich konnotierten Vornamen, ist nach dem Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes nicht erlaubt. Erlaubt sind nur Wechsel zu Vornamen, die geschlechtlich anders konnotiert sind, etwa von männlich zu genderneutral oder von männlich zu weiblich. Für cis Menschen, die ihren Vornamen (oder Nachnamen) ändern möchten, gilt weiterhin das Namensänderungsgesetz von 1938. In diesem Zusammenhang ist in der Regel ein psychologisches Gutachten notwendig, das den Leidensdruck der antragstellenden Person belegen muss. Damit ist allerdings nicht garantiert, dass die zuständige Behörde der Argumentation des Gutachtens folgt und dem Antrag zur Namensänderung zustimmt.

Wie viele Menschen betrifft das Gesetz?

Das Bundesfamilienministerium, das den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz federführend erarbeitet hat, rechnet mit bundesweit 4.000 Anträgen auf Änderung des Vornamens und/oder Geschlechtseintrags jährlich.

2021 gab es bundesweit 3.232 Verfahren nach dem Transsexuellengesetz. In Berlin waren es 2021 insgesamt 273 Verfahren. In diesen Verfahren können trans Menschen bereits jetzt beantragen, dass ihr Vorname und Personenstand (Geschlechtseintrag) geändert werden soll - allerdings nicht per Selbstauskunft auf dem Standesamt, sondern über ein gerichtliches Verfahren, das psychologische Begutachtungen vorsieht und bei dem es keine Gewähr gibt, dass der Antrag bewilligt wird.

Könnte das Selbstbestimmungsgesetz von heterosexuellen cis Männern missbraucht werden, um in Frauen-Schutzräume zu gelangen?

Die Frage unterstellt eine missbräuchliche Nutzung des Gesetzes: Cis Männer würden ihren Geschlechtseintrag zu weiblich wechseln wollen, um in Frauenschutzräume einzudringen, zum Beispiel Toiletten, Umkleidekabinen, Duschen. Ein oft diskutiertes Beispiel ist die Frauensauna. Allerdings verweist der Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz explizit auf das Hausrecht. Das heißt, die Änderung des Geschlechtseintrags hat keine rechtliche Auswirkung auf den Zugang zu geschlechtsspezifischen Schutzräumen, in denen auch schon jetzt das Hausrecht gilt – etwa zu geschlechtsspezifischen Toiletten und Umkleideräumen sowie zu geschlechtsspezifischen Saunen.

Ermöglicht/erleichtert das Selbstbestimmungsgesetz, dass Kriminelle ihren Vornamen und Geschlechtseintrag missbräuchlich ändern, um einer Strafverfolgung zu entgehen?

Nein. Es ist zwar ein Offenbarungsverbot vorgesehen. Das heißt, dass der frühere Vorname und Geschlechtseintrag einer trans Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden darf - es sei denn, es gibt besondere Gründe des öffentlichen Interesses oder ein rechtliches Interesse. Daher gilt das Offenbarungsverbot nicht für Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitsbehörden. Diese haben Zugriff auf das Bundeszentralregister, das auch frühere Vornamen und Geschlechtseinträge speichert. Somit kann keine Person über eine Änderung des Vornamens oder Geschlechtseintrags einer Strafverfolgung entgehen.

Ermöglicht / erleichtert das Selbstbestimmungsgesetz Geschlechtsangleichungen, zum Beispiel bei Kindern?

Der Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz trifft keine Aussagen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen. Das juristische Geschlecht zu ändern, ist keine medizinische Angleichung. Sondern es ermöglicht trans, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen, ihren Vornamen und/oder Geschlechtseintrag auf amtlichen und nicht-amtlichen Dokumenten zu ändern, z.B. auf dem Personalausweis, auf dem Reisepass, auf der Gesundheitskarte, auf Verträgen, auf der Geburtsurkunde und anderen Dokumenten.

Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer (Grüne) beschreibt, warum es ein Problem ist, wenn die Dokumente nicht passen: "Jedes Mal, wenn eine transgeschlechtliche Person ihre Legitimität unter Beweis stellen muss und die amtlichen Dokumente noch nicht korrigiert wurden - zum Beispiel bei der Führerscheinkontrolle oder Fahrscheinkontrolle, beim Unterzeichnen eines Mietvertrags oder Abschließen eines Mobilfunkvertrags - dann führt das dazu, dass die transgeschlechtliche Person in äußerst unangenehme Situationen kommt, weil sie sich nicht mit passenden amtlichen Dokumenten legitimieren kann. Und dann muss sie unbeteiligten Dritten ihre Transgeschlechtlichkeit erklären und rechtfertigen."

Worin besteht der Leidensdruck bei trans Kindern?

Kindern wird aufgrund ihrer körperlichen Merkmale ein Geschlecht zugewiesen. Trans Kinder werden sich teilweise schon in der frühen Kindheit bewusst, dass dieses zugewiesene Geschlecht nicht oder nicht vollständig für sie passt. Irgendwann werden sie sich dessen bewusst (inneres Coming-out) und teilen sich dann möglicherweise auch anderen Menschen mit (äußeres Coming-out). Mindestens bis dahin werden sie aber in einem Geschlecht und einer Geschlechterrolle bestärkt, die nicht zu ihrer Identität passen. Dieses Spannungsfeld zwischen einem Verhalten, das die Eltern bzw. Bezugspersonen aufgrund des zugewiesenen Geschlechts erwarten, und dem inneren Wissen des Kindes führt dazu, dass sich trans Kinder falsch fühlen, im eigenen Körper nicht wohl fühlen und das Gefühl haben, den Erwartungen nicht gerecht werden zu können. Diese negativen Gefühle werden als Leidensdruck bezeichnet.

Es gibt kein soziales Geschlecht/Gender, es gibt nur ein biologisches Geschlecht.

Geschlechtsidentität ist das innere Wissen um die eigene geschlechtliche Zugehörigkeit. Es ist mittlerweile wissenschaftlicher Konsens in der Medizin und Psychologie, dass nur jeder Mensch selbst weiß und sagen kann, welche Geschlechtsidentität er hat. Geschlechtsidentität ist keine Sache des Gefühls, sondern des (inneren) Wissens. Trans Menschen und nicht-binäre Menschen werden sich teilweise schon in der frühen Kindheit bewusst, welche geschlechtliche Identität sie haben. Geschlechtsidentität hängt mit dem Gehirn zusammen. Deswegen stimmt die geschlechtliche Fremdzuweisung auf Basis von Genitalien, Gonaden oder Chromosomen bei trans Menschen und nicht-binären Menschen nicht.

Jeder Mensch hat eine Geschlechtsidentität, das heißt, ein inneres Wissen um die eigene geschlechtliche Zugehörigkeit. Auch cis Menschen haben eine Geschlechtsidentität. Sie müssen sich aber meistens darüber keine Gedanken machen, weil ihre Geschlechtsidentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen kurz nach der Geburt zugewiesen wurde.

Sind trans Menschen psychisch krank?

Nein. Bis Ende 2021 galt, laut dem ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation, "Transsexualismus" als Störung der Geschlechtsidentität - und trans Menschen als psychisch krank. Dieses pathologisierende Verständnis von Transgeschlechtlichkeit findet sich auch im Transsexuellengesetz, das seit 1981 gilt: Trans Menschen müssen sich psychologisch begutachten lassen, um ihren Vornamen und Personenstand ändern zu können. Seit Januar 2022 gilt der ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation. Trans gilt nun nicht mehr als psychische Störung, sondern wertungsfreier als "Geschlechtsinkongruenz".

An welcher Stelle des Gesetzgebungsverfahrens befindet sich das Selbstbestimmungsgesetz?

Am 23. August 2023 hat das Bundeskabinett den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz [bmfsfj.de] beschlossen - nachdem der Termin seit Juni 2023 mehrmals verschoben wurde. Jetzt hat der Bundesrat sechs Wochen Zeit, eine schriftliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf zu erarbeiten.

Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig, d.h. der Bundesrat kann es nicht blockieren. Danach kann das Bundeskabinett schriftlich auf diese Stellungnahme reagieren. Erst danach, voraussichtlich im Oktober, wird der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht werden. Dann kommt die erste Lesung und eine allgemeine Aussprache im Plenum. Dann geht das Gesetz in die Ausschüsse. In der Regel wird dort eine Expert:innenanhörung beschlossen, zu der die Fraktionen einzelne Expert:innen laden können.

Dann können die Fraktionen Änderungsanträge formulieren, die dann im Ausschuss nochmal vordiskutiert und beschlossen werden können. Und am Ende, wenn es eine parlamentarische Mehrheit gibt, kann das Gesetz in einer zweiten und dritten Lesung im Plenum mit möglichen Änderungsanträgen verabschiedet werden. Dann würde das Selbstbestimmungsgesetz zum 1. November 2024 in Kraft treten.

Warum sind nur Grüne und FDP im Text/Video vertreten?

Das liegt am Stadium des Gesetzgebungsverfahrens: Bisher hat es sich beim Selbstbestimmungsgesetz um einen Referentenentwurf [bmfsfj.de] gehandelt, veröffentlicht am 9. Mai 2023, erarbeitet federführend vom Bundesfamilienministerium (Grünen-geführt) und dem Bundesjustizministerium (FDP-geführt). Mit dem Kabinettsbeschluss vom 23. August 2023 hat sich die Bundesregierung nun auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf [bmfsfj.de] geeinigt. Der Gesetzentwurf ist noch nicht an den Bundestag übergeben worden. Jetzt hat der Bundesrat sechs Wochen Zeit, eine Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf zu erarbeiten. Danach kann das Bundeskabinett schriftlich auf diese Stellungnahme reagieren. Erst danach, voraussichtlich im Oktober, wird der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht werden.

Tessa Ganserer (Grüne) und Jürgen Lenders (FDP) haben als Bundestagsabgeordnete nichts mit dem Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz zu tun, da dieser von Fachreferent:innen aus den Bundesministerien erarbeitet wurde. Nach eigener Aussage lag ihnen der Referentenentwurf erst am 9. Mai 2023 vor, als er vom Bundesfamilienministerium veröffentlicht wurde. Herr Lenders ist Fachabgeordneter seiner Fraktion zu diesem Themenkomplex. Frau Ganserer hat öffentlich gemacht, dass sie trans ist und sich für ein Selbstbestimmungsgesetz einsetzt.

Transparenzhinweis: Die Autor:in ist Mitglied bei TransInterQueer e.V.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.08.2023, 6:00 Uhr

Beitrag von Naomi Donath

111 Kommentare

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  1. 111.

    "Das jetzt darüber stärker berichtet wird und auch die Politik etwas tut, führt hoffentlich zu einer größeren Akzeptanz." Vielleicht, wäre der positive Ansatz - es kann aber auch genau das Gegenteil eintreten, da diese Personen so sichtbarer und damit angreifbarer werden. Akzeptanz ist ein großes Wort, erstmal müßte Toleranz sein.

  2. 110.

    Wir haben eine E-Mail erhalten mit folgender Aussage: "Ich habe sogar als Mutter das Recht für meinen 2-jährigen Sohn einen weiblichen Geschlechtseintrag vornehmen zu lassen, was ich auch tun werde. Das darf dann auch keiner infrage stellen,. Auch Sie nicht !" Diese Aussage ist sachlich falsch. Denn in der Gesetzesbegründung des Entwurfs zum Selbstbestimmungsgesetz steht: "Die Eltern sind [...] keineswegs frei, einem Kind gegen dessen Willen einen anderen Geschlechtseintrag und Vornamen aufzudrängen." Selbstbestimmung im Sinne des Selbstbestimmungsgesetzes würde bedeuten: Wenn sich der 2-jährige Sohn irgendwann als trans outen würde (im Alter von zwei Jahren wäre das etwas unrealistisch), dann kann die Mutter bis zum Alter von 14 Jahren für ihr Kind beim Standesamt beantragen, dass Vorname und Geschlechtseintrag geändert werden - solange das im Sinne ihres Kindes ist. Wenn es das nicht wäre, wäre es ein Missbrauch des Gesetzes, der vom Standesamt abgelehnt werden könnte.

  3. 109.

    Das ist kein "Modetrend". Es gab schon immer Transpersonen, nur die meisten haben sich aus Angst vor Diskrimminierung oder Schlimmerem nicht geoutet und waren ihr Leben lang unglücklich. Das jetzt darüber stärker berichtet wird und auch die Politik etwas tut, führt hoffentlich zu einer größeren Akzeptanz.

  4. 108.

    Der Personalausweis enthält keine Angaben zum Geschlecht - der Reisepass aber schon. Bei einem diversen Geschlechtseintrag oder keinem Geschlechtseintrag wird im Reisepass ein X vermerkt. Bisher gibt es Selbstbestimmungsgesetze in Argentinien, Dänemark, Malta, Irland, Norwegen, Belgien, Uruguay, Luxemburg, Portugal, Chile, Island, Neuseeland, Schweiz, Finnland und Spanien (geordnet nach dem Jahr der Einführung des Gesetzes - von 2012 in Argentinien bis 2023 in Spanien). Diese Staaten würden einen nicht-binären Geschlechtseintrag bei der Einreise sicherlich akzeptieren. Darüber hinaus steht im Gesetzentwurf, der Bundesregierung seien keine Staaten bekannt, in denen eine Einreise aufgrund eines weder mit ‚männlich‘ noch mit ‚weiblich‘ angegebenen Geschlechtseintrags im Reisepass verweigert werde.

  5. 107.

    "Geschlechtseintrag „divers“ eintragen" Ist dieser Eintrag "paßfest", würde er also weltweit von allen Staaten bei der EInreise auch so akzeptiert werden? Oder anders: Ist die deutsche Regelung international koordiniert (z.Bsp. über die UNO oder Paßabkommen)?

  6. 106.

    Daß das Ministerium sein Gesetz positiv begründet ist natürlich, spricht aber nicht dagegen, daß zumindest bei einem Teil der vom Gesetz betroffenen ein Anschein von Modetrend dabei ist.
    "beziehungsweise als krankhaft angesehen" Das würde ich neutraler sehen. Da es weiter im ICD ist (wenn auch unter anderer Bezeichnung), heißt ja auch, daß es weiter Krankheitswert hat und bei der Differentialdiagnostik einbezogen werden sollte. Der Begriff Krankheit wird eigentlich in der Medizin neutral verwendet. Man kann auch eine Krankheit feststellen und gleichzeitig feststellen, daß es nicht (oder nicht aktuell) behandlungsbedürftig ist im Sinne von die Krankheit heilen, um einen irgendwie definierten Normalzustand wiederherzustellen.

  7. 105.

    Nein. Um bei Ihrem Beispiel mit Hans und Olga zu bleiben: Hans ändert den Geschlechtseintrag zu weiblich und den Vornamen zu Olga. Nach einem Jahr könnte der Geschlechtseintrag und Vorname wieder geändert werden. Um bei ihrem Beispiel „Mann-Frau-Mann-Frau“ zu bleiben: Olga würde den Geschlechtseintrag zurück zu männlich ändern, müsste damit dann wieder den Vornamen Hans führen. Nach einem Jahr könnte der Geschlechtseintrag und Vorname wieder geändert werden. Hans könnte dann den Geschlechtseintrag wieder zu weiblich ändern, müsste damit dann wieder den Vornamen Olga führen. Es bleiben also die einmal gewählten Vornamen. Eine isolierte Änderung des Vornamens - ohne Änderung des Geschlechtseintrags - ist nicht möglich.

  8. 104.

    Sie kriegen ja nicht mal die richtige Anrede hin - einfach peinlich.Nix mit natürlich gegebenem Recht, gesellschaftlich gegebenes Recht. Die gesetzlich verankerte Verantwortung der Eltern liegt darin, das Wohlergehen des Kindes zu gewährleisten. Und kann auf zwei Wegen interpretiert werden. Kindeswohl und Kindswohl-gefährdung. In beiden Fällen für die Eltern zu entscheiden ist schlicht und ergreifend unterlassene Hilfeleistung.

  9. 103.

    Danke für die ausfühlichen Erläuterungen. Sehr sinnvoll, daß hier auch Fragen von der Redaktion beantwortet werden.

  10. 102.

    Also würde das dann doch bedeuten, dass man jährlich das Geschlecht Mann-Frau-Mann-Frau--abändern dürfte und jedes Mal einen anderen Vornamen aussuchen dürfte.

    Was ich im Gesetzesentwurf jedoch nicht finden konnte, ist, ob bei beiden Doppelpässen dann die Namen und das Geschlecht geändert werden müssten oder ob im ausländischen Pass der Ursprungsname bleiben kann.
    Beispiel-Ali ist Araber, kommt als nicht geouteter Transmensch über die Fachkräftezuwanderung nach Deutschland.
    Nach 3 Jahren guter Integration und Selbstversorgung beantragt Ali die deutsche Staatsangehörigkei und ist dann eine deutsche Frau mit Vornamen Ilse. Weil sie aber in ihrer Heimat bei ihren Verwandten niemals als Frau erscheinen könnte, möchte sie im arabischen Pass/Reisepass weiterhin als Ali und als Mann eingetragen sein.

    Wäre das möglich?

  11. 101.

    Wenn schon das Tragen von Masken so ein Leid verursacht, dass Menschen auf die Straße gehen und dagegen demonstrieren, können sie sich vorstellen, wie viel Leid verursacht wird, wenn ihr ihnen bekanntes und als richtig empfundenes Geschlecht nicht anerkannt und durch die Nutzung richtiger Namen und Pronomen anerkannt wird? Geschlechtsidentität ist ein Grundbaustein des persönlichen ind sozialen Lebens.

  12. 100.

    Danke für Ihre Anmerkungen. Sie zitieren allerdings aus dem Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums und des Bundesjustizministeriums vom 9. Mai (https://www.bmfsfj.de/resource/blob/224548/4d24ff0698216058eb758ada5c84bd90/entwurf-selbstbestimmungsgesetz-data.pdf). Am 23. August hat sich das Bundeskabinett auf einen Gesetzentwurf geeinigt: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/229616/b4f835d1a1da28f1ef51552846f1e20a/gesetzentwurf-kabinett-data.pdf Darin stehen diese entsprechenden Sätze nicht mehr (schauen Sie gerne zu §5) und darin ist in der Gesetzesbegründung geregelt, dass im Fall einer Rückänderung "die Person wieder die Vornamen führt, die sie bereits früher mit diesem Geschlechtseintrag führte".

  13. 99.

    Zumindest gibt es für nicht-binäre Menschen die Möglichkeit, den Geschlechtseintrag „divers“ eintragen oder den Geschlechtseintrag austragen zu lassen. Sowie die Möglichkeit, nur einen geschlechtsneutralen Vornamen zu wählen - ohne zusätzlichen geschlechtsspezifischen Vornamen. Das ist bisher über das Transsexuellengesetz und auch über das Namensrecht nicht möglich.

  14. 98.

    Zu Ihrer Behauptung, trans sei ein Modetrend, schreibt das Bundesfamilienministerium: „Vielfältige geschlechtliche Identitäten gab es schon immer. In manchen Gesellschaften wurde respektvoll mit dieser Vielfalt umgegangen. In vielen Gesellschaften - auch in Deutschland - wurde geschlechtliche Vielfalt jedoch über Jahrhunderte ignoriert beziehungsweise als krankhaft angesehen und unterdrückt. Inzwischen gibt es eine Entwicklung hin zu mehr Sichtbarkeit, Offenheit und Anerkennung von transgeschlechtlichen Personen. Die Tatsache, dass sich transgeschlechtliche Personen vermehrt outen, bedeutet nicht, dass es eine 'Modeerscheinung' ist.“

  15. 97.

    Selbstbestimmungsgesetz 2023 PDF---§5--Sperrfrist-Vornamenbestimmung bei Rückänderung--Seite 6

    Zitat:
    Abweichend von den Sätzen 1+2 (alter Name muss verwendet werden--Anmerkung von mir)kann die betroffene Person einen anderen Vornamen beziehungsweise andere Vornamen bestimmen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zu ihrem Wohl erforderlich ist.

    Hätte mich auch gewundert, denn dieses Offenbarungsverbot könnte eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 10.000 Euro
    nach sich ziehen. Dann muss es auch eine Möglichkeit geben, einen anderen Vornamen wählen zu dürfen als zuvor.
    Wer keine schwerwiegenden Gründe nachweisen kann "muss" allerdings seinen vorherigen Namen verwenden.....
    (Auch Bezug zu Kommentar 86-fischersfritz)

  16. 96.

    Unser FAQ hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn Ihnen Aspekte fehlen, fragen Sie gerne nach. Im Gesetzentwurf ist ein Offenbarungsverbot vorgesehen. Das heißt, dass der frühere Vorname und Geschlechtseintrag nicht offenbart oder ausgeforscht werden darf (außer bei besonderem öffentlichen Interesse oder einem rechtlichen Interesse). Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Allerdings ist das Offenbarungsverbot und damit die Bußgeldbewährung durch viele Ausnahmen, auch im Privatleben, eingeschränkt.

  17. 95.

    Der Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz sieht vor, dass Menschen ihr juristisches Geschlecht ändern lassen können. Das juristische Geschlecht bildet die Lebenswirklichkeit von Menschen ab, z.B. in Fragen eines rechtlichen Anspruchs auf die korrekte Anredeform. Das umfasst somit das, was Sie unter Gender verstehen. Im Gesetz geht es nicht um biologische geschlechtsangleichende Maßnahmen, also nicht um das biologische Geschlecht. Für trans Menschen und nicht-binäre Menschen lässt sich die Lebenswirklichkeit in vielen Situationen allerdings nicht in soziales und biologisches Geschlecht aufteilen. Oft wird das biologische Geschlecht verallgemeinert und werden Personen auf Basis körperlicher Merkmale eingeteilt/angesprochen/angeschrieben, obwohl sie andere gewünschte Pronomen und Anredeformen haben.

  18. 93.

    Vollständiges Nicht-Binär-Sein stelle ich mir praktisch auch nicht möglich vor. Letzten Endes wird jeder Mensch entscheiden müssen, ob zu 51 % männliche oder zu 51 % weibliche Anteile überwiegen. Das hat (aber) nichts damit zu tun, sich vollkommen als Mann oder vollkommen als Frau zu verorten und das auch noch ein Leben lang.

  19. 92.

    Inwiefern nützt dieses Gesetz denn non-binären Personen? Wie hier schon geschrieben wurde, ist diese Gesellschaft und der gesamte Alltag binär geprägt. Als non-binär oder agender, kann man doch im Prinzip gar nicht existieren. Das beginnt schon bei der Anrede, dem Vornamen (es gibt doch im deutschsprachigen Raum so gut wie keine non-binären Vornamen, oder soll dann jeder einfach "Kim" heißen?), bei den Pronomen (es gibt "er" und "sie", aber "es" wäre ja zB abwertend), bei den Toiletten, im Sport usw.
    Auf dem Papier ist schön und gut, doch ich frage mich einfach, wie soll das in der Praxis aussehen?

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