In der Hubertusstraße, zwischen der Frankfurter Allee und dem Sana-Klinikum in Lichtenberg, steht das ehemalige Stadtbad, auch Hubertusbad genannt. Viele Stammgäste bezeichneten es früher liebevoll als "Hupe". Nachdem es jahrzehntelang leer stand, wird das Haus seit 2018 Stück für Stück saniert. Es wird von der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verwaltet.

Von außen sieht der Bau in einer unscheinbaren Sackgasse, genau neben dem Krankenhaus, nicht gerade beeindruckend aus. Aber wenn man erstmal reinkommt, wird man schnell verzaubert: Hier ist der Eingangsbereich. Im Innenhof stand früher ein kleiner Springbrunnen mit einer Statue - die wurde leider geklaut.

Das Gebäude ist einzigartig in Deutschland, ein denkmalgeschütztes Juwel des Expressionismus. Hier zu sehen die früheren Duschen und Toiletten der bereits sanierten kleinen Schwimmhalle - samt Stadtwappen im oberen Geländer.

Das Schwimmbecken ist mit Parkett abgedeckt worden - an den Rändern tragfähiges Spezialglas. Wird die Beleuchtung angeschaltet, kann man noch bis an den Boden des vier Meter tiefen Beckens gucken. Man kann die frühere kleine Schwimmhalle heute für Veranstaltungen mieten, zum Beispiel Hochzeiten.

Der Drei-Meter-Sprungturm aus Messing ist noch das Original aus den 20er Jahren, ebenso wie die orange-gelben Fliesen der Umkleidekabinen. Nur runterhüpfen sollte man lieber nicht mehr - die Leiter ist mit einer Plexiglasplatte aber ohnehin dezent und kaum sichtbar abgesperrt.

Das Schwimmbad wurde 1928 als "Volksbad" eröffnet, um den Lichtenbergerinnen und Lichtenbergern etwas Gutes für deren Gesundheit zu tun. Viele Wohnungen hatten damals kein eigenes Bad. Die hygienischen Bedingungen in den engen Mietskasernen waren schlecht, sie begünstigten die Verbreitung von Krankheiten.

Für ein paar Pfennig konnte man in der Brausen- und Wannenabteilung in der Hubertusstraße duschen oder baden. Die alten Badewannen sind noch erhalten.

Aber das Volksbad war damals auch in anderen Bereichen sehr modern: Es bot auch medizinische Behandlungen an, zum Beispiel für Lungenkranke. Die konnten mit einem Aufzug in die Räume im zweiten Stock fahren. Ende der 20er war das was Besonderes.

Die therapeutischen Behandlungsräume im zweiten Stock. Altrosa, cremegelb, grasgrün: Die wunderschönen alten Wandfarben sollen erhalten bleiben.

Auch Ende der 1920er wusste man schon: Mit nassen Haaren sollte man aus keinem Schwimmbad spazieren. Daher gab es diesen formschönen Fönraum. Sieht man heute nur durch ein Guckloch in der Tür.

Im Anschluss konnte man bei Bedarf gleich in den Keller gehen - dort gab es einen Frisiersalon. Leider auch nicht mehr in Betrieb. Hier könnten nach der Sanierung Werkstätten entstehen, zum Beispiel von Künstlerinnen und Künstlern.

Fällt einem zuerst nicht auf, aber selbst in diesem Duschraum stecken aufwändige Details: Die perfekt gebogenen Fliesen für die Trennwände zwischen den Duschkabinen zum Beispiel. Handwerklich war das damals eine herausragende Leistung.

Ein altes Bild der großen Schwimmhalle. Eigentlich sollte das Volksbad schon viel früher fertig sein, schon seit 1907 war es geplant - da hatte Lichtenberg gerade das Stadtrecht bekommen. Doch dann kam der Erste Weltkrieg, danach wurde der Vorort Berlin einverleibt. Der Magistrat stoppte das Projekt erst einmal - wegen der Kosten. In den harten Nachkriegsjahren war das Geld für solche Erholungsbäder knapp.

So sieht die Halle heute aus - sie ist noch unsaniert. Die Uhr an der Wand hinten wurde leider geklaut. Sie zeigte lange Zeit fünf vor zwölf. Der Förderverein Stadtbad Lichtenberg macht sich seit Jahren dafür stark, dass wieder Menschen wie früher ihre Bahnen in dem 25 Meter langen Becken ziehen. Er zeigt sich enttäuscht über die Pläne der Eigentümerin BIM, hier kein Schwimmbad mehr zu betreiben.

Ein denkmalpflegerisches Gutachten, das der Senat in Auftrag gab, besagte: Eine Nutzung als Bad sei ein zu großer Eingriff in den Denkmalschutz. Außerdem, sagt die BIM, habe man trotz jahrelanger Versuche keinen Investor gefunden, der das Geld für die aufwändige Sanierung des Gebäudes mit dem Ziel eines Schwimmbads aufbringen wolle. Und: Rechne man die Einnahmen gegen, sei der Schwimmbadbetrieb finanziell schlichtweg nicht tragbar.

Wie marode das Gebäude ist, zeigt sich zum Beispiel hier bei einem Blick an die Decken. Die Sanierungskosten mit dem Ziel eines Schwimmbadbetriebes werden auf etwa 30 Millionen Euro geschätzt. Die müsste der Senat bezahlen, denn dem Land Berlin gehört das frühere Hubertusbad seit Anfang der 2000er.

Streift man heute durch die alten gefliesten Flure, kann man sich angenehm gruseln - und sich vorstellen, ob man hier gerne nachts alleine herumgeistern würde. Die leicht morbide Kulisse nutzen auch Filmcrews: Das Bad wird seit der Teileröffnung 2021 immer wieder für Dreharbeiten gebucht.

Zu DDR-Zeiten lernten hier Generationen von Ost-Berlinern das Schwimmen - der Schwimmunterricht war obligatorisch. Das Hubertusbad war die wichtigste Lehrschwimmhalle für den Südosten der Stadt.

An die alten Zeiten erinnern auch solche Details: Ein Automat für Eintrittskarten, bezahlen musste man in der Währung MDN: Mark der Deutschen Notenbank. Die war von August 1964 bis Ende 1967 das Zahlungsmittel in der DDR.

Doch mit den Jahren kam auch das Bad in die Jahre. In den Neubauvierteln, die aus dem Boden gestampft wurden, gab es inzwischen viel modernere, helle, gut beheizte Schwimmhallen. Der vergleichsweise düstere, allmählich verrottende Kasten in der Sackgasse neben dem Krankenhaus verlor an Bedeutung. Immer häufiger ging die Technik kaputt.

1988 musste zuerst die große Schwimmhalle wegen Baumängeln schließen, 1991 dann wurde das Bad komplett dichtgemacht. Die Wasserversorgung war kaputt, die Schwimmbecken leckten, der Betrieb wurde zu teuer. Hier ein Bild aus dem Jahr 2008. Da konnte man das ganze Haus für einen Euro kaufen.

Seit 2019 wird das Bad im Auftrag der BIM in zwei Stufen saniert, die erste ist bereits erklommen. Zum Beispiel wurden im Erdgeschoss moderne Toiletten eingebaut, der Boden ist aber noch original.

Was auffällt: Die Handwerker und Handwerkerinnen gingen bei der Sanierung behutsam vor - sieht man zum Beispiel an dieser Wand. Man kann an fast jeder Stelle noch den rund 100 Jahre alten, faszinierenden Charakter dieses Ortes spüren.

Ein paar Stockwerke weiter oben. Licht, Luft, Wärme, Bewegung, Ruhe: Alles gesundheitsfördernd, klar. Was für uns heute selbstverständlich ist, war es für die damalige Zeit keineswegs. Dass sich auch Arbeiterinnen und Arbeiter diesen Luxus im Volksbad leisten konnten, um sich zu erholen, war geradezu revolutionär.

Das Unterwasserbad im Obergeschoss. Das Becken in der Mitte könnte man sich heute auch mit ein paar Polstern als stilvolle Sitzecke vorstellen. Oder früher als Kulisse für eine Szene von "Das Cabinet des Dr. Caligari". Die jadegrünen Fliesen und die zackigen Belüftungsgitter machen diesen Raum so besonders.

Schön schräg. Hier kommen nochmal die expressionistischen Details gut heraus: Historische Bleifenster unter dem Dach. In dem riesigen Haus kann man sich leicht verlaufen: Es hat mehr als 5.400 Quadratmeter Raumfläche.

Und ganz oben: Chillen wie Ende der 20er. Auf dem Dach konnten sich die Besucher auf der Sonnenterrasse erholen - getrennt nach Männern und Frauen. Die Umkleidekabinen sieht man noch heute.

Weil die Werkelnden vorsichtig vorgegangen sind und das Haus nicht totsaniert haben, beeindruckt das Hubertusbad heute auch ohne Schwimmbrille und Hüpfer vom Beckenrand. 2026 soll die zweite Stufe geschafft sein - und das Gebäude mit neuem Leben gefüllt werden. Hubertusbad soll es übrigens weiter heißen.

Dieser Text wurde erstmals veröffentlicht am 06.08.2023. | zum Beitrag | Weitere Bildergalerien