Saison 1995/1996 - Als Hansa Rostock zwei Heimspiele im Berliner Olympiastadion austrug

Mi 10.04.24 | 10:24 Uhr
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Die Fans von Hansa Rostock 1995 im Olympiastadion. Quelle: dpa/Altwein Andreas
Bild: dpa/Altwein Andreas

1995 spielt Hansa Rostock in der Bundesliga. Die Rostocker Heimat war damals wie heute das Ostseestadion. Aber wegen Vergehen der Fans gab es dort eine Platzsperre und Hansa muss ausweichen - ins Olympiastadion. Von Jonas Bürgener

Hinweis: Dieser Text erschien erstmals im November 2023 vor dem Zweitliga-Hinspiel der beiden Klubs in Rostock. Wir haben ihn nun in leicht aktualisierter Fassung neu veröffentlicht.

22.000 bis 25.000 - so viele Auswärtsfans erwartet Hansa Rostock beim Auswärtsspiel am Freitagabend bei Hertha BSC. Das ist zwar beeindruckend, aber nicht unüblich. Wenn die großen Vereine aus Ostdeutschland in Berlin zu Gast sind, dann reisen sie in der Regel mit überwältigendem Fan-Support an.

Allerdings ist die Beziehung von Hansa Rostock zu Berlin und dem Olympiastadion nochmal besonderer. In der Saison 1995/1996 absolvierte der damalige Bundesligist Hansa zwei Partien in der Hauptstadt. Was ursprünglich als Strafe für Rostock gedacht war, entpuppte sich als Glücksfall für den Klub, aber auch für viele Berliner Fußballfans.

Platzsperre nach Ausschreitungen

Hansa Rostock spielte 1995 als Aufsteiger in der ersten Liga. Am 23. September kam es in Rostock zum Duell mit dem ärgsten Rivalen, dem FC St. Pauli. Sportlich war die Begegnung für Hansa zwar erfolgreich, das Team des damaligen Trainers Frank Pagelsdorf gewann mit 2:0, auf den Tribünen kam es allerdings zu Ausschreitungen. So zündeten Rostock-Fans während des Heimspiels gegen die Hamburger eine Rauchbombe, St.-Pauli-Torhüter Klaus Thomforde und Martin Driller mussten wegen Augenreizungen ausgewechselt werden.

Hansa wurde daraufhin unter anderem mit einer Platzsperre belegt und musste die Heimpartie am 28. Oktober 1995 gegen Eintracht Frankfurt statt im Ostseestadion im Berliner Olympiastadion austragen.

Aufbruchsstimmung rund um Hansa

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wollte Hansa und seine Fans bestrafen - allerdings nutzten viele Rostocker Anhänger, aber auch Berliner Fußball-Fans die Gelegenheit, um im Olympiastadion hochklassigen Fußball zu sehen. Hertha war in dieser Saison schließlich noch Zweitligist. Der 1.FC Union spielte noch tiefer - in der Regionalliga Nordost.

"Es hat eine unglaubliche Mobilisierung eingesetzt", erinnert sich Peter Czoch. Der gebürtige Berliner ist Rostock-Fan, Sozialwissenschaftler und Autor. "Aus allen Teilen Ostdeutschlands sind Züge, Busse und Autokolonnen nach Berlin gefahren. Allein aus Rostock kamen drei Sonderzüge. Es gab eine riesige Aufbruchsstimmung. Man hatte das Olympiastadion quasi für sich", sagt Czoch.

Bis heute ist die Partie mit 58.492 Zuschauern das bestbesuchte Hansa-Heimspiel aller Zeiten. Das Massenereignis verläuft für den Klub so erfolgreich, dass Hansa aufgrund von schlechten Platzverhältnissen im heimischen Ostseestadion im März 1996 sogar noch einmal aufs Olympiastadion ausweicht. Gegen Fortuna Düsseldorf kamen immerhin noch knapp 51.000 Menschen.

Für viele war es die Initialzündung, Hansa-Fan zu werden

Peter Czoch, Sozialwissenschaftler, Autor und Rostock-Fan

Czoch sieht Hansa zum ersten Mal

Für Hansa-Fan Czoch waren die Spiele aber auch aus einem anderen Grund besonders. Er und viele weitere Berliner Hansa-Fans konnten ihren Klub in einem Heimspiel in ihrer Heimatstadt sehen.

Für den damals achtjährigen Czoch war es gar das erste Rostock-Spiel überhaupt, das er live im Stadion sah. "Das war ein ganz besonderes Ereignis. Für viele war es die Initialzündung, Hansa-Fan zu werden, weil sie damals eben zum ersten Mal bei einem Spiel waren", sagt der 36-Jährige. "Für das Vereinsgedächtnis spielt es wegen dieser riesigen Kulisse eine besondere Rolle."

Spiel blieb auch bei Spielern in Erinnerung

An die außergewöhnliche Atmosphäre erinnern sich auch viele Spieler von damals noch heute genau. "Als man ins Stadion kam, das war Gänsehaut pur", blickte der ehemalige Rostocker Profi Hilmar Weilandt vor Kurzem im NDR zurück.

Und Steffen Baumgart, später Spieler beim 1. FC Union sowie Energie Cottbus und heutiger Trainer des HSV, hob noch einmal die Bedeutung des Spiels, das übrigens 1:1 endete, für die Stadt hervor. "Interessanterweise hat dadurch Berlin erkannt, was mit der Bundesliga machbar ist. Da wurde das Potenzial in dieser Stadt gesehen. Danach ging der Weg erst für Hertha nach oben", so Baumgart.

Tatsächlich stieg Hertha 1997 wieder in die Bundesliga auf. Am 1. März 1998 kehrte Rostock ins Olympiastadion zurück - diesmal aber als Gast der Berliner.

Sendung: rbb24, 10.04.24, 13:00 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Bei jedem Artikel gibt es jemanden, der dich nicht dafür interessiert.
    So What ?
    Leere Seiten sind auch irgendwie langweilig.
    Oder ?

  2. 6.

    Hinweis: Dieser Text erschien erstmals im November 2023 vor dem Zweitliga-Hinspiel der beiden Klubs in Rostock. Wir haben ihn nun in leicht aktualisierter Fassung neu veröffentlicht.

    Nunja, Baumi ist nicht mehr Trainer vom EffZeh...
    Aber ist ja auch nur "leicht" aktualisiert...

  3. 5.

    Im Artikel steht das Steffen Baumgart heutiger Köln Trainer sei, er ist aber bereits beim HSV und spielt auch noch gegen den FCH.

  4. 4.

    Ich war dabei.
    Auch beim besagten Spiel gg Pauli, als Vollidioten aus unseren Reihen den Platz mit Nebelgranaten bewarfen ( zudem, wenn der eigene Verein in Führung liegt *grrrr ). Wir, am Zaun, sahen dann wie ein Pauli Betreuer zu Thomforde - bis hierhin ging es dem blendend- am Pfosten lief, ihn heranwinkte, ihm etwas ins Ohr flüsterte und wieder zur Bank lief. Kaum dort angekommen, ließ sich Thomforde theatralisch mit den Händen vor Augen, schreiend fallen.
    Das Ergebnis: siehe Artikel.

  5. 3.

    Diesem Artikel entnehme ich, dass heute nichts wichtigeres passiert ist und die Redaktion einfach über irgendwas berichten wollte. Bloß keine Langeweile.

  6. 2.

    Schöner Artikel. Für mich war damals das Spiel gegen Fortuna Düsseldorf im März 1996 sowohl das erste Live-Hansa-Spiel als auch mein erster Stadionbesuch überhaupt. Habe immer noch einen Werbesticker einer ehemals bekannten Jeansmarke namens Wit Boy auf meinem Hansa-Cap, die an dem Tag vor dem Stadion verteilt wurden.
    Der letzte Absatz des Artikels erhält leider einen kleinen Fehler: Bereits am 08.02.1997 gab es im Olympiastadion erneut ein Hansa-Spiel und zwar ein Test gegen Borussia Dormumd.

  7. 1.

    Ich mag Hansa. Vermutlich, weil ein Großteil meiner Familie von der Ostsee kommt. Der Cousin eines Freundes spielte bei Hansa. Doch wenn es gegen eine Berliner Mannschaft geht; muss ich , als Berliner, für diese sein! Ansonsten: Alles Gute an die Küste!

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