20.000 neue Straßenbäume - Pflanzaktion mit Hindernissen auf Brandenburger Alleen

Do 28.03.24 | 17:24 Uhr | Von Lisa Steger
  24
Archivbild: Ein Auto fährt eine Eichenallee entlang. Die Bäume an dieser Straße in Ostbrandenburg sind über 100 Jahre alt. (Quelle: dpa/Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 28.03.2024 | Katrin Neumann | Bild: dpa/Pleul

In den letzten Jahren konnte nur jeder dritte gefällte Alleebaum in Brandenburg ersetzt werden. Das Verkehrsministerium will jetzt mehr Tempo machen. Doch oft sind Eigentümer dagegen, dass auf ihren Grundstücken neue Bäume gepflanzt werden. Von Lisa Steger

Baumsetzlinge vorhanden, Acker gesucht: Frank Schmidt ist beim Landesbetrieb Straßenwesen zuständig für Westbrandenburg. Eine seiner Aufgaben: Alleen zu erhalten - und neue zu planen. Doch wo ein Grundstück ist, da ist auch ein Eigentümer. Und wenn die Allee sich über Kilometer erstreckt, dann sind es meist mehrere. Alle müssen einverstanden sein. Daran scheitere es manchmal, sagt Frank Schmidt.

"Es ist unterschiedlich", berichtet der Bauingenieur. "Wenn einer viel landwirtschaftliche Fläche hat, ist er eher bereit, etwas abzugeben, als wenn er wenig hat." Eine weitere Frage sei: "Ist es ein ortsansässiger Bauer? Oder hat er nur Flächen, die er nachher verpachtet? Da finden wir viel schwieriger einen Ansprechpartner, als wenn wir den Bauern vor der Haustür haben."

Auch regional seien die Unterschiede groß, sagt Schmidt. Im Kreis Potsdam-Mittelmark sei es leicht, Landwirten Grundstücksstreifen am Straßenrand abzukaufen, sagt der Planer. Anders im Nordwesten Brandenburgs. "Wir haben Regionen, da kriegen wir keinen Fuß auf den Boden, um überhaupt zu pflanzen." Das gelte für die Prignitz und Ostprignitz-Ruppin. "Dort sind die Menschen auf Landwirtschaft angewiesen, sie verdienen ihr Brot damit. Deshalb haben wir da auch viele Widerstände", sagt Schmidt.

Minister umwirbt Grundstückseigentümer

Der Mangel an verfügbarem Land ist die höchste Hürde für neue Alleen, bestätigt Brandenburgs Verkehrsminister Rainer Genilke. "Wir zahlen die Pflanzung und die Pflege des Baumes", sagt der CDU-Politiker. Man kaufe den Landwirten auch das nötige Land ab. "Aber wir können nur den Bodenrichtwert zahlen und der ist bei Ackerland natürlich nicht so hoch." Für Landwirte, die nicht verkaufen wollen, habe er teilweise Verständnis. "Das Land ist ihr Kapital", sagt Genilke.

Das Problem für den Erhalt der Alleen: Oft darf dort, wo ein alter Alleebaum stirbt, kein neuer gepflanzt werden. Der muss nämlich mindestens viereinhalb Meter von der Straße entfernt stehen - wegen der Sicherheit der Autofahrer. Vor mehr als achtzig Jahren, als die meisten heutigen Alleebäume gesetzt wurden, gab es solche Vorgaben nicht. Heute - angesichts von 1.450 Baumunfällen in Brandenburg allein im vergangenen Jahr - ist das naheliegenderweise anders.

Der 20.000-Bäume-Plan

5.000 Alleenbäume sollen in Brandenburg pro Jahr gepflanzt werden und das noch bis 2028, sagt der Verkehrsminister. Macht 20.000 insgesamt. Ohne die Grundstückseigentümer sei das unrealistisch. Enteignungen jedoch seien nicht vorgesehen und rechtlich auch nicht möglich. "Freiwilligkeit, darauf setzen wir - mit den Leuten vor Ort, den Landwirten und Kommunen" betont Genilke, "das ist schneller, als mit dem Popanz einer Enteignung zu drohen."

Um das Ziel zu erreichen, will die Landesregierung neue Alleen auch in Dörfern schaffen. "Es gibt genug Standorte, wo diese Bäume überhaupt nicht stören, das machen wir jetzt", kündigt Genilke an. Man müsse dort die viereinhalb Meter Abstand zur Fahrbahn nicht einhalten, weil niemand dort mit 70 oder gar hundert Kilometern pro Stunde unterwegs sei.

Kritik von Grünen, Linken und Nabu

Den Grünen ist der Plan nicht ehrgeizig genug, teilt die umweltpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Isabell Hiekel, mit. "Wenn wir ein Alleenland bleiben wollen, brauchen wir eine vollständige Kompensation aller Baumfällungen, egal, wie viele es sind." Angesichts der Klimakrise müsse man mit weiteren Baumverlusten rechnen.

Der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Thomas Domres, kritisiert, die Maßnahmen würden "nicht reichen, um unsere Alleen für die Zukunft zu sichern." Auch der Naturschutzbund Nabu kritisierte das Konzept als unzureichend. Es könne "nur ein erster Schritt" sein.

13.300 Bäume gefällt - und 3.700 gepflanzt

Genilke weist diese Einwände gegenüber rbb|24 zurück. "Wenn alle, die jetzt Kritik üben, sich jetzt beteiligen, werden wir mehr als 20.000 Bäume anpflanzen“, sagt er. "Die Zielzahl ist völlig in Ordnung. Damit werden wir das alleenreichste Bundesland bleiben."

Die Zahlen zeigen: An Brandenburgs Landesstraßen wurden in den vergangenen Jahren weniger als ein Drittel der gefällten Alleebäume neu gepflanzt. Von 2018 bis 2022 wurden knapp 13.300 Bäume gefällt, wie das Verkehrsministerium in Potsdam auf eine Anfrage Ende 2023 mitgeteilt hatte. Dagegen wurden im selben Zeitraum etwa 3.700 Alleebäume gepflanzt.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 28.03.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Lisa Steger

24 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 24.

    Was spricht dagegen auf Alleen vorsichtiger, umsichtiger, gar langsamer als erlaubt zu fahren?

  2. 23.

    Zitat: "Ha ha, vor allem wenn die Radfahrer trotz vorhandenem Radweg weiter auf der Straße fahren, "weil sie es können"."

    Radfahrer fahren Ihrer Meinung nach auf Brandenburger Alleen, bei denen überwiegend Tempo 80 gilt und auch mind. gefahren wird, selbst wenn einer der wenigen Radweg existiert also lieber auf der Straße, "weil sie es können"? Da mache ich mal: ha ha, Steffen.

    PS. 2. Vers. auf diese abstruse Kiecherei zu antworten, werte Red.

  3. 22.

    Falls mein Hinweis hier erlaubt wird: Sucht rbb24 vom 20.10. 2022 .....Der grüne Tunnel.......!
    Er würde zum jetzigen Artikel noch dazu interessant sein.

  4. 21.

    Dem und eventuell, habe ich das richtig zwischen den Zeielen gelesen? - Ihrem) - vorauseilendem Gehorsam vedanken wir ja die Misere! Nicht der Fahrer mit überhöhter Geschwindigkeit ist Schuld, wenn " er sich um den Alleebaum wickeln sollte", sondern der Alleebaum. Genau solchen Einsellungen verdanken wir, dass die Bäume an den Straßen verschwinden, denn sie werden grundsätzlich zum Sicherheitsrisiko erklärt. Wenn ein Kraftfahrer die Verkehrsschilder nicht kennt/missachtet oder Zahlen auf einem Verkehrsschild nicht erkennt/erkennen kann/will, dann sollte er sich nicht ans Steuer setzen. Punkt.
    Die Personen, die für den Erhalt u.Mehrung der Alleebäume in Brandenburg sprechen, haben per se Recht. Alleen sind von ihrem biologischen Wert her geschützte Objekte u. im BL Bbg geschützte Kulturlandschaft! Niemand, auch ein Privatmann hat das Recht, private Interessen über Bundesgesetze zu stellen. Im Gegenteil, er kann v. Unfallverursacher Schadensersatz verlangen!

  5. 20.

    Wie weit eine Grenzbepflanzung von der Grundstücksgrenze entfernt sein muss, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Wenn sich die Grundbesitzer in Brandenburg nicht einig sind, Bäume oder keine Bäume auf ihren Grund, dann nehmen sie sich das Recht nach der gesetzlichen Grenzbepflanzung. Ich erinnere mich noch an eine zwei Kilometerlange Allee- Landstraße vor X- Jahren, wo alle Bäume gefällt wurden, weil viele tödliche Autounfälle dort vorkamen. Der Autoverkehr ist größer mit der Zeit geworden. Bäume können woanders gepflanzt werden, wo kein Auto dagegen fahren kann. Das hilft den Klimaschutz, den Menschen ebenso. Müssen überhaupt Bäume in Reihen an Straßen stehen? Kommunen, Gemeindegrundstücke wären geeigneter dafür, als die Eigentümer zu schmälern, die selbst ihre Pläne haben. Pflanzt Bäume um Industrieanlagen, um die Einkaufszentren, dann ist dabei der Lärm noch dazu eingedämmt für nahe Anlieger.


  6. 19.

    Nein - tun Sie nicht! Wo leben SIE denn? Auch für Ihr Privateigentum gibt es Gesetze und Vorschriften: BGB, Landesbaurecht, EnEV, StGB ...

  7. 18.

    Wäre es denn nicht möglich, Neupflanzungen auch abschnittsweise durchzuführen? Wenn an einer Straße X Eigentümer angrenzen, kann man doch den Teil der "Neupflanzungsgegner" aussparen. An einem Radweg hinter den neuen Bäumen muss es ja nun auch nicht scheitern. Diesen gab es vorher wohl auch nicht. Zumindest aber wären die Bäume wieder da. So ganz nebenbei hätte man auch stichhaltige Argumente bei Nachfragen wegen eines "Lückenschlusses" oder eines fehlenden Radweges; die Eigentümer der Flächen haben was dagegen gehabt und so seien einem rechtlich erstmal die Hände gebunden.
    Ok, nicht ganz fein so'ne Nummer, aber auch nicht unzulässig.

  8. 17.

    "..bei guten Willen ist vieles möglich..."
    Tja, wenn die eigene Meinung alleine zählt, und die Meinung der Betroffenen nicht ernst zu nehmen ist, dann ist wohl die nächste Gedankenstuffe eines "Rechtshaber" die Enteignung die Lösung.
    Ja aber, mit Willen für unsere Demokratie und Rechtsstaat einzustehen hat es nichts zu tun, leider!.

  9. 16.

    Wir hatten bis zur Wende, sehr schöne schattige Alleen in unserer Kommune - Alle abgeholzt oder bis zur Unkenntlichkeit ausgelichtet.
    Viele Alleen waren nach 1990, richtige Todesstrecken - aber Allen sind wichtig für Klima, Umwelt und Natur in Brandenburg - wichtig gegen ein trockenes Brandenburger Klima und gut als Sonnen- und Hitzeschutz.
    Ich vermisse, die vielen schönen alten Alleen um Ketzin/Havel und auch anderswo in Brandenburg - Schade drum !!!!

  10. 15.

    Ha ha, vor allem wenn die Radfahrer trotz vorhandenem Radweg weiter auf der Straße fahren, "weil sie es können".

  11. 14.

    Privateigentum ist nachrangig gegenüber der Allgemeinheit? Wo leben sie denn? Ich allein entscheide was auf meinem Grund und Boden passiert, niemand anders.

  12. 13.

    Sie sind sprachlos??? Offensichtlich nicht, denn ihre Frage wird im Beitrag beantwortet. Ich bin aber der Meinung, dass viele aus Prinzip dagegen sind, weil man gegen irgendwelche Dinge sein muss. Die Angaben zu den Gründen sind nach meiner Meinung nur Ausreden, mit etwas gutem Willen wäre Vieles möglich. Leider sind Enteignungen recht schwierig und langwierig, wäre aber die beste Lösung für diese Starrköpfe.

  13. 12.

    Sehr wichtig ist auch daß Radwege JENSEITS die Bäume verlaufen, die Bäume schutzen dann Radler von rasende KfZ

  14. 11.

    Puh, wenn das mal kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist. Ich wünsche Ihnen, dass sich niemand um "ihre" Bäume wickelt und Sie dann ein aufwendiges Strafverfahren am Hals haben.

  15. 10.

    Trotzdem ist das Wort eines einzelnen im diesem Falle ihres, im großen Ganze beziehungsweise im Sinne der Allgemeinheit nachrangig im Sinne der ökologischen Flora und Fauna.

  16. 9.

    Dann sollen die Politiker und der NABU selbst Klinken putzen gehen bei den Grundstücksbesitzern wenn ihnen das nicht schnell genug geht. In der heutigen Zeit könnte das gerade für Politiker von den Grünen sehr erhellend sein so nah an die Wähler ran zu kommen.

  17. 8.

    "Der Mangel an verfügbarem Land ist die höchste Hürde für neue Alleen, bestätigt Brandenburgs Verkehrsminister Rainer Genilke." Häh - für neue Allee? Der Verkehrsmini will noch mehr und noch breitere Straßen?!
    Es gibt genügend Landstraße, wo Bäume nachgepflanzt werden können.
    Wie sagt der Volksmund so schön? Wo ein Willi ist, ist immer auch ein Weg!

  18. 7.

    Auf der B166 Abzweig nach Stendell können Bäume gepflanzt werden. Bei der letzten Pflanzaktion vor 3 Jahren ist die Hälfte der Bäume eingegangen.

  19. 6.

    Kann man nicht bei den Alleen auch persönliche Pflege beantragen?? Ich habe einfach drei Linden an der Straße gepflanzt und pflege sie Sie danken es indem sie prächtig wachsen

  20. 5.

    B112 von Güldendorf nach Brieskow Finkenherd . Noch viel Platz für neue Bäume

  21. 4.

    Das Thema ist interessant, stellt sich doch dabei auch die Frage: Wer hat die Fällung der vorher vorhandenen Bäume veranlasst/genehmigt? Wurde dabei eine Neupflanzung nicht vereinbart bzw. festgelegt? Alleen werden doch durch Bäume eigentlich erst zu Alleen, die obendrein auch einen vielseitigen Schutz darstellen. Steht dabei das Gemeinwohl nicht über dem privaten Interesse?

  22. 1.

    Wie kann man den als Eigentümer gegen das Anpflanzen von Bäumen sein? WAS spricht dagegen? Ich bin sprachlos!

Nächster Artikel