Umweltsenatorin Schreiner - Berliner Forsten sollen Mischwald-Programm nicht fortsetzen

Do 04.04.24 | 17:28 Uhr
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Paul, Forstwirt in Ausbildung, und Manja Schreiner (CDU), Berliner Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, pflanzen während der Vorstellung des Projektes «10.000 Bäume für einen klimaresistenten Laubmischwald», das die Auszubildenden der Berliner Forsten geplant und durchgeführt haben, eine Eiche. (Quelle: dpa/Gollnow)
Video: rbb24 Abendschau | 03.04.2024 | Julia Kubowicz | Bild: dpa/Gollnow

Vier Millionen Laubbäume wurden in Berliner Wäldern in den vergangenen Jahren gepflanzt. Oftmals wurde erst abgeholzt, wo neue Triebe sprießen sollen. Selbst der BUND kritisiert diese Art von Waldumbau. Senatorin Manja Schreiner fordert eine "Denkpause".

Das seit Jahren von den Berliner Forsten praktizierte Mischwald-Programm soll in seiner jetzigen Form nicht fortgesetzt werden. Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) kündigte am Mittwoch während eines Besuchs im Revier Müggelheim eine "Denkpause" an. Sie wolle das Mischwald-Programm "hinterfragen" und klären, was in den nächsten Jahren anders praktiziert werde könne.

Das Mischwald-Programm wurde 2012 von den Berliner Forsten - also der Landesforstverwaltung - gestartet. Ziel ist es, Monokulturen von Nadelhölzern aufzubrechen, indem Laubbäume verschiedener Arten neu gepflanzt werden. Auf diese Weise sollen die Wälder der Stadt widerstandsfähiger gegenüber Klimaveränderungen gemacht werden.

BUND unterstützt Neubewertung

Der Leiter der Berliner Forsten, Gunnar Heyne, sagte dem rbb, es brauche Zeit, bis das Mischwald-Programm seine Wirkung entfalte. So benötigten neugepflanzte Bäume eigentlich 100 Jahre, bis sie ausgewachsen sind. Man könne mit dem Umbauprogramm nicht in zehn Jahren die Welt retten. "Das ist ein Anschieben", so Heyne: "Wir müssen das tun und vor allem dort, wo nicht von alleine Laubholz kommt."

Für Christian Hönig, Referent für Baumschutz beim BUND Berlin, geht die Entscheidung zur Denkpause in die richtige Richtung. An der bisherigen Durchführung des Mischwald-Programms kritisiert Hönig, dass es sich an den geplanzten Baumzahlen ausrichte und nicht an den Erfordernissen des Berliner Waldes. Er fordert gezieltere Pflanzungen da, wo Problemstellen liegen - wo Bäume zum Beispiel unter Trockenheit leiden oder junge Bäume nicht selbst hochkommen.

Wichtig sei nun auch die Frage der Ausformung. Er wünscht sich eine weniger "generalstabsmäßge" Programmplanung und dafür "kleinteiligere" Begleitung der einzelnen Maßnahmen - wodurch auf dem Papier natürlich die Stückkosten pro Bepflanzung steigen könnten, wie der Naturschützer erklärt.

Aktuelles Konzept bedingt großflächige Fällungen

Seitdem das Programm aufgesetzt wurde, sind mehr als vier Millionen Bäume gepflanzt worden, teilten die Berliner Forsten am Mittwoch mit. Allein in den vergangenen vier Monaten wurden mehr als 545.000 junge Laubbäume gepflanzt.

Damit sei eine Fläche von rund 100 Hektar aufgeforstet worden, eine Fläche doppelt so groß wie die Hasenheide. Mit der Zeit soll so ein Mischwald entstehen, in dem sich die Laubbäume selbst vermehren. Gepflanzt wurden den Angaben nach vor allem Traubeneichen, aber auch Rotbuchen, Winterlinden oder Vogelkirschen.

Hönig kritisierte im rbb24 Inforadio, dass bislang die Zahl der Pflanzungen als Erfolgsmaßstab genutzt wurde. Es herrsche die Devise: "Je mehr Bäume man pflanzt, desto krassere Kilmaaktivistin ist man dann halt." Für die Bepflanzung Platz zu schaffen, gehe aber häufig mit Fällungen einher. Manchmal sei es aber besser, den Wald einfach machen zu lassen.

Großflächige Fällungen im Grunewald für Neupflanzungen hatten zuletzt Kritik von Anwohnern und Spaziergängern provoziert. Umweltsenatorin Schreiner erklärte daraufhin, dass die Landesforstverwaltung künftig dem "Interesse Erholungswald" stärker gerecht werden soll. Deutlich reduziert werden soll künftig auch die Nutzholzgewinnung. Das geht aus einem Schreiben der Umweltverwaltung hervor, dass Ende März an die Berliner Forsten gegangen ist.

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.04.2024, 19:30 Uhr

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72 Kommentare

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  1. 72.

    Was ist denn daran so grausam? Wenn das Holz hierbei ist, wird es geschlagen, das dauert Generationen. In einer hier in Brandenburg befindlichen Kiefernschonung gab es die erste Durchforstung mit dem Schlagen von Weihnachtsbäume. Protze, also Jungbäume, die andere unterdrückten, wurden geschlagen. Im Jungbestand folgte dann erneut Durchforstung um Platz zu schaffen. Das Ergebnis waren Faschinen für Bergbau und Uferbefestigungen. Später erfolgte noch eine Durchforstung, das war Stangenholz und am Ende stand der Kahlschlag. So hatte jede Generation viel Arbeit, aber auch Erlöse und immer Brennholz. Noch nachhaltiger geht es kaum. Wie bei Aschenputtel, die guten ins Töpfchen...
    Ein Forst ist eine Anlage zur Gewinnung nachwachsender Rohstoffe, sonst gar nichts. Das Leben von Bäumen ist wie unseres begrenzt, deshalb pflanzen sich Menschen fort und sie pflanzen neue Bäume, damit der Kreislauf funktioniert. Das System hat sich seit Jahrhunderten bewährt.

  2. 71.

    Hier im Wald bei Angermünde wird z.Z. auch Kahlschlag betrieben. Privatbesitz. Scheinbar soll das auch ein Waldumbau sein. Ich denke eher an ,,Brannholzbeschaffung''. Grausam!

  3. 70.

    Ökologische Vielfalt hatte man damals in Berlin schon im Sinn gehabt. Mit König und Jagd war es kurz darauf bekanntlich eh auch vorbei.

  4. 69.

    Vor 125 Jahren hatte Deutschland eine Monarchie und heute werden weder Frau Schreiner noch Herr Scholz im Grunewald zur Jagd blasen, sie ist nicht adlig und er kein König. Ziel ist es, den Waldbestand zu erhalten, ihn fit für die Zukunft zu machen und Nostalgie hilft da nicht wirklich weiter. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, schaffen es Parkanlagen auch nicht, die ursprüngliche Vielfalt unter den Ist-Bedingungen zu erhalten.
    In Franken gibt es ein Projekt namens BiMiSa, das Wiederbewaldung größerer Flächen kostengünstig werden lässt. Die Zusammenarbeit der Landesforstämter untereinander wäre wünschenswert, denn Erfahrungsaustausch schadet nicht. Wenn man sich ein bisschen bemüht, kann ein Berliner oder Brandenburger sogar verstehen, was der Franke ihm sagt. :-)

  5. 68.

    Forstwirtschaftliche Interessen sind vor 125 Jahren beim Grunewald in den Hintergrund getreten. Auch Ihr Plentern ist deshalb der falsche Ansatz.

  6. 67.

    Dumm, dümmer, Berlin?

  7. 66.

    Gute Entscheidung der Senatorin! Statt Kahlschlag ist ein behutsamer Waldumbau durch Unterpflanzen der Kiefern-Altbestände wesentlich sinnvoller.

  8. 64.

    Ob Kahlschlag oder nicht, ob Wald oder Forst, wichtig ist eine geschlossene Krone, denn nur so können Stürme halbwegs schadlos überstanden werden. Da ergibt plentern oder Unterbau mit Gehölzen dann auch Sinn, wenn Entnahmen ersetzt werden. Natürlich muss man sich bei der Geschichte auch Gedanken über nachhaltige Forstwirtschaft machen. Wenn hier nur der Klimawandel die erste Geige spielt, woher kommt das Holz für massive, langlebige Möbel und woher die Sägespäne für die MDF-Platten? Wenn Erdöl tabu bist, dann ist auch Schluss mit Kunststoffbeschichtung (Folien), Türgriffe, synthetische Bodenbeläge, und Heimtextilien, Tupperware, Klobrillen aus Kunststoff und kein Holz mehr da für Spielzeug oder für'n Donnerbalken. Da war der Trinkhalm das kleinste Problem für geübte Flaschenkinder, die im Bierrausch unter der Petroleumlampe philosophieren.

  9. 63.

    Wir leben direkt an einer Begrünungsfläche, früher überdüngtes Feld. Seit ungefähr 25 Jahren wachsen da auf dem uns typischen Sandboden Pappeln, Kiefern, Eichen und Rotdorn, Schlehe und Sanddorn, Kornelkirsche und Mispel. Ahorn auch, Haselnuss, auch Weide. Interessanterweise setzen sich tatsächlich die Eichen und der Ahorn und die Schlehen konsequent durch. Ahorn wächst jetzt in der naturbelassenen Kleinfläche überall, der Eichelhäher sorgt für die Verteilung von Eicheln, also Eichen, die ebenso überall neu wachsen. Die Kiefer hingegen und die Pappel, Weide und Birke, taten sich schwer mit der Dürre und fielen im Wind, oder vertrockneten, Pappeln mit den flachen Wurzeln sind ungut und auch die Weide benötigt mehr Feuchtigkeit. Aber wir konnten zusehen, wie sich die Fläche tatsächlich selbst half, sich dicht zu bewalden. Faszinierend.

  10. 62.

    "Klimahysterie" ist ein Schlagwort der Klimawandelleugner. Wer noch immer den menschgemachten Klimawandel leugnet, der nimmt es auch mit Wissenschaft nicht so genau und pickt sich gerne heraus was seiner Agenda nützlich ist.

    Derselbe BUND schreibt aber auch: "Der Sommer ist da. In der Klimakrise äußert sich das immer öfter in brutalen Hitzewellen, zerstörerischen Regenfluten und schweren Gewittern. Das Menschen, Tiere und Pflanzen belastende Wetterchaos stellt uns ganz pragmatisch vor die Frage: Wie schütze ich mich und mein Umfeld wirksam vor den naheliegendsten Gefahren, die der Klimawandel mit sich bringt? Zunächst ist Hitzestress ein gesundheitliches Risiko, dem wir individuell und sozial begegnen können."

  11. 61.

    "Christian Hönig, Referent für Baumschutz beim BUND Berlin, geht die Entscheidung zur Denkpause in die richtige Richtung. An der bisherigen Durchführung des Mischwald-Programms kritisiert Hönig, dass es sich an den geplanzten Baumzahlen ausrichte und nicht an den Erfordernissen des Berliner Waldes."

    Ich denke das ist doch eindeutig. Man hat, wie so oft, versucht, das Kind mit dem Bade auszuschütten (Stichwort Klimahysterie) und merkt nun, dass es sinnvoller ist die Dinge ruhiger und gezielter anzugehen, um den größten Nutzen daraus zu ziehen. Das klingt sehr vernünftig auch im Blick auf die Kosten.

  12. 60.

    Ja, mit Ihrer Meinung können Sie mich schon überzeugen. Irgendein Wurm ist bei der Aufforstung immer drin. Zur Zeit ist die Verunsicherung groß, dass richtige zu tun für den Wald. Die Zukunft wird zeigen, ob manche Handlungen gut waren, die in der Gegenwart ausgeführt werden. Die Natur hat bekannterweise eine Macht, ob es den Menschen gelingt gegen die Dürre anzukommen, dass steht noch in den Sternen. Hoffen wir das Beste.

  13. 59.

    "Stillstand, Blockieren, Aussitzen, Rückschritt. Für Anderes steht die Koalition nicht, so auch im Bereich Umweltpolitik."

    Auch hierfür hätten Sie erneut ein "like" verdient.

  14. 58.

    M.Schreiner ist Senatorin für Klima, Umweltschutz, Verkehr und Mobilität - da passt doch irgendwas nicht so richtig zusammen. Wenn man es richtig ausübt, könnte was sinnvolles bei rauskommen, aber nicht bei der CDU ;-)

  15. 57.

    Gestandene Förster sagen (nicht nur im TV), der Mensch soll den Wald in Ruhe ein paar Jahre machen lassen, weil der Wald allein die Probleme besser als jeder Mensch löst. Eins plus für Senatorin Schreiner.

  16. 56.

    Schön wäre es ja. Aber der sehr durchsetzungsfähigen Robinie (Robinia pseudoacica L.) ist da leider viel zu zutrauen, nur ist ein ein solcher Wald nicht wirklich etwas für die angestammte Tierwelt, man müsste dann lieben Tierchen irgendwie beibringen, dass in x-Generationen in der Tat ein sehr schöner Wald mit Laubhälzern heranwachsen könnte. Da müssen die Tierchen aber sehr geduldig sein, weil das allerhand Jahre dauern könnte.
    Und die Moral von der Geschicht: Einen derart Wald dann lieber nicht!

  17. 55.

    "die Wilddichte halbieren" Guter Witz: Die Wildtiere regulieren es besser als der Mensch: Viele Abschüsse = viel Nachwuchs / wenige Abschüsse = weniger Nachwuchs. Darum bewahrheitet sich das Märchen "Dem Wild fehlen die natürlichen Feinde, der Mensch muß reguleren, sonst droht Überpopulation." Und genau das tritt in Gebieten mit absolutem Jagdverbot (spezielle Naturschutzgebiete u.ä.) NICHT ein - Gemein, oder?

  18. 54.

    Das man ihnen wieder alles vorkauen muss, ist ja klar. Zu dem Video sollte auch der Artikel gelesen werden. Und bevor diese eindimensionale Debatte weitergeht, auch gleich mit den in diesem Artikel verwendeten Begriffen, z.B. "aufforsten" und deren Definition vertraut machen.

  19. 53.

    Wirklich zielführend zu plentern unter den Bedingungen des Klimaswandels ist keine triviale Angelegenheit, auch wenn man ihnen bei anderen Gelegenheiten, wie beispielsweise beim hektarweise Kahlschlagen in Tesla-Grünheide und Wiederaufforsten auf Beeskows Äcker, was anderes erzählt.
    Wälder entstehen auf natürliche Weise sehr biologisch komplex und kompliziert. Sowas erreicht man nicht durch einfaches Eichenplentern und erst Recht nicht durch Kahlschlag und Eichenaufforstung.
    Es scheint aber fast so, also ob mit diesen Mitteln bisher die Transformation in Berlin angegangen wurde. Deswegen ist ein Stopp durchaus gerechtfertigt, bis man die bisherigen Maßnahmen mal wissenschaftlich bewertet hat.

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