Sammelklage - Wie eine Werneuchenerin sich gegen hohe Gaspreise wehrt

Do 18.04.24 | 19:06 Uhr
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Symbolbild Gas Herd
Audio: Antenne Brandenburg | 19.04.2024 | Georg-Stefan Russew | Bild: rbb

Erdgas hat sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine deutlich verteuert. Unter diesem Vorwand fordern manche Anbieter extrem hohe Preise. Betroffen ist auch eine Seniorin in Werneuchen. Sie hat sich einer Sammelklage angeschlossen.

Carola Hain aus Werneuchen (Barnim) versucht ihre Sorgen bei der Gartenarbeit beiseite zu schieben. Sie soll für Gaslieferungen Tausende Euro an ihren Energielieferanten Prio Energie nachzahlen. Der hatte ihr eigentlich ab April 2022 eine Preisstabilität für rund neun Cent pro Kilowattstunde garantiert.

Doch es kam anders. "Im Juli 2022 dann der Hammer", sagt Hain. "Da wurde dieser Preis von neun Cent auf 23,78 Cent pro Kilowattstunde erhöht. Und demzufolge mussten dann die Abschläge angepasst werden." Als Begründung gab das Unternehmen die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine an.

Energieanbieter macht Druck

Bis 2021 zahlte Carola Hain 4,5 Cent pro Kilowattstunde. Dann kam im April 2022 die erste Preiserhöhung auf 9,22 Cent. Später, im September, auf 23,78 Cent. So musste Carola Hain 2022 stattliche 4.617 Euro zahlen. 2021 waren es noch 1.618 Euro.

GaspreiseGaspreis-Entwicklung von Carola Hain

In der Folge widersprach die Gaskundin schriftlich und versuchte den Anbeiter per Telefon zu erreichen. Eine Reaktion habe es allerdings nicht gegeben. Die Werneuchnerin kürzte die Abschläge auf eigene Faust und zahlte dann nur unter Vorbehalt. Ihr Anbieter Prio Energie reagierte daraufhin mit Mahnbescheiden und der Drohung, für einen Eintrag in eine sogenannte Wirtschaftsauskunftsdatei zu sorgen. Ähnlich wie bei der Schufa können dort Anfragen zur Kreditwürdigkeit gestellt werden.

Carola Hain fühlte sich hilflos. "Ich dachte, mein Gott, jetzt kommt die Mafia oder irgend so etwas. Aber das ist alles Quatsch. Man sollte sich das wirklich trauen und so einen Weg gehen, um da auch einem großen Unternehmen Paroli zu bieten."

Tausende Kunden klagen gemeinsam

Im Zuge der Recherche wurde auch Prio Energie um Stellungnahme gebeten. Bis dato blieb die Anfrage allerdings unbeantwortet. Der Gaslieferant gehört zum Konzern Extra Energie, welcher nach Schätzungen deutschlandweit circa 200.000 Kunden hat. Deren Geschäftspraktiken werden auch vom Bundesverband der Verbraucherzentrale kritisiert.

Carola Hain aus Werneuchen sollte überteuerte Preise für Gas zahlen
Carola Hain brütet über ihrem Gasvertrag | Bild: rbb

Aufgrund der drastischen Erhöhungen um teils mehr als 200 Prozent, brachte die Verbraucherzentrale im Dezember vergangenen Jahres eine Sammelklage auf den Weg [verbraucherzentrale.de]. Ziel sei es, direkte Rückzahlungen an betroffene Kunden zu erstreiten.

Henning Fischer vom Bundesverband der Verbraucherzentralen betreut die Sammelklage. Er sagte dem rbb: "Man kann nicht einfach kommen - so wie Extra Energie das getan hat - und sagen: jetzt sind hier ganz besondere Situationen eingetreten, dass Gas und Strom so teuer geworden ist. Das reicht nicht aus. Der Energieversorger muss sich da auch absichern. Er muss langfristig einkaufen und kann sich nicht, wenn es teurer wird, damit rausreden."

Insgesamt 1.600 Menschen haben sich der Sammelklage bereits angeschlossen. Darunter auch einige aus Berlin und Brandenburg, wie Carola Hain. Dabei zieht die Verbraucherzentrale als Institution gegen Extra Energie vor Gericht, sagt Henning Fischer. "Man kann sich dieser Klage einfach anschließen. Es gibt auch kein Kostenrisiko, und dann fechten wir diesen Rechtsstreit für die Betroffenen aus. Wenn alles gut geht, wir Erfolg vor Gericht haben, bekommen die Betroffenen dann auch ihr Geld zurück."

Caraola Hain hat für sich unter das Kapitel Prio Energie einen Schlussstrich gezogen und Ende März gekündigt. Jetzt zahlt sie bei einem anderen Anbieter wieder neun Cent pro Kilowattstunde.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 18.04.2024, 19:30 Uhr

Mit Material von Georg-Stefan Russew

1 Kommentar

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  1. 1.

    ich empfehle mal einen Genaueren Blick in die AGB des Anbieters zu werfen und sich mal selbst mit Dt. Recht zu beschäftigen, siehe Gerichtsentscheidungen. Ich sollte eine Anpassung 2023 hinnehmen jedoch scheiterte diese schon im Anlauf von 60,-€ auf 90,-€ monatlich nach dem ich Beschwerde und Klage angedroht hatte zuvor noch Einblick in die Unterlagen Preisbestimmung forderte. Ich bekam am Ende sogar noch Geld zurück. Und brauchte nicht einmal einen Anwalt und hatte auch keine Gerichtskosten und was PKH angeht so musste ich mich auch nicht rumärgern.

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