MDRFernsehen_2011:11:20_-Im_Schatten_des_Gulag
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Do 01.12.11 22:45 | rbb Fernsehen - Im Schatten des Gulag - Als Deutsche unter Stalin geboren

Dokumentarfilm von Loretta Walz/Deutschland 2011

In ihrem neuen Film beschäftigt sich die Dokumentarfilmerin Loretta Walz (Grimme-Preis 2006 für „Die Frauen von Ravensbrück“) mit einem bisher weitgehend unbekannten Aspekt der jüngeren deutschen Vergangenheit: Sie beleuchtet die Geschichte der Kinder deutscher Emigranten, die mit ihren Eltern in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts ins Exil in die Sowjetunion gehen oder dort geboren werden.

Während der stalinistischen Säuberungen werden ihre Mütter oder Väter als „Feinde des Sowjetvolkes“, als Trotzkisten, Faschisten, Spione, Verräter oder Saboteure verhaftet, mit Folter zu „Geständnissen“ gezwungen und in Lager des Gulag verschleppt oder ermordet. Ihre Kinder kommen in Heime, andere werden mit ihren Eltern nach Sibirien oder Kasachstan deportiert. Viele müssen Zwangsarbeit leisten, Hunderte sterben.

Erst in den fünfziger Jahren werden die überlebenden Eltern rehabilitiert und dürfen mit ihren Kindern nach Deutschland zurückkehren – in die DDR. Dort sind die Kinder, inzwischen meist Jugendliche oder junge Erwachsene, Fremde, sie sprechen die Sprache nicht und werden als „Russen“ ausgegrenzt. Aber über ihre Vergangenheit, ihre grausamen Erlebnisse zu reden, wird ihren verboten. Schließlich wird die DDR von Männern regiert, die zum Teil ebenfalls aus dem sowjetischen Exil zurückkehrten und in den Jahren des stalinistischen Terrors nicht auf der Seite der Opfer standen. Diese Männer haben viele – auch sehr persönliche – Gründe, über die Zeit in der UdSSR zu schweigen und das Schweigen darüber zu verordnen.

Loretta Walz und  Annette Leo haben 21 „Kinder des Gulag“ ausfindig gemacht. Im Film sprechen acht von ihnen über ihr Leben und das Schicksal ihrer Eltern in der Sowjetunion und in der DDR. Viele hatten ihre Erinnerungen noch nie zuvor in Worte gefasst. (Erstausstrahlung)