- Der rbb stellt sich neu auf

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) steht vor einem Neubeginn / Der Fokus richtet sich auf mehr Regionalität und die veränderte Mediennutzung / Intendantin Dr. Katrin Vernau kündigt umfangreiches Sparprogramm an / Die Geschäftsleitung wird verschlankt, die Zahl außertariflich Beschäftigter deutlich reduziert.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg stellt sich für die Zukunft neu auf. In gemeinsamer Anstrengung aller Direktionen und Hauptabteilungen ist es dem rbb gelungen, die Ausgaben bis zum Ende der laufenden Beitragsperiode wieder den Einnahmen anzupassen. Dazu ist, wie im November 2022 angekündigt, eine deutliche Reduktion der Ausgaben unumgänglich.

Die Sparmaßnahmen umfassen rund 49 Mio. Euro. Die Notwendigkeit ergab sich aus der Misswirtschaft der vergangenen Jahre. So wurden Mehrerträge aus dem Rundfunkbeitrag nicht – wie von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) gefordert – bis zum Ende der aktuellen Beitragsperiode zurückgelegt, sondern flossen in den laufenden Haushalt. Dadurch müssen bis Ende 2024 rund 41 Mio. Euro wieder aus der Planung herausgenommen werden. Hinzu kommen weitere, gut 8 Mio. Euro, die für 2023 und 2024 zwar als Einsparziel durch die ehemalige Geschäftsleitung zwar vorgesehen, aber nicht mit Maßnahmen unterlegt waren.

Ziel des nun entwickelten Maßnahmenpakets ist es, ungeachtet der angespannten Finanzlage alle strategischen Voraussetzungen zu schaffen, um das regionale Profil des rbb in Fernsehen, Radio und Online zu schärfen.

Intendantin Dr. Katrin Vernau: "Diese Kurskorrektur ist ein Kraftakt, aber dringend erforderlich. Ohne unser entschiedenes Handeln noch in der laufenden Beitragsperiode würden wir spätestens Ende 2024 in einen finanziellen Abgrund blicken. Die Zahlungsfähigkeit wäre nicht mehr ohne weiteres sichergestellt." Weiter sagt Vernau: "Angesichts der Ausgangslage sind wir in der erweiterten Unternehmensleitung überzeugt, den richtigen Weg in eine bessere Zukunft gefunden zu haben. Es ist uns gelungen, ausreichend Mittel zu mobilisieren, um sowohl in moderne Technologie und zukunftsfähiges Programm als auch in die regionale Berichterstattung in und aus Brandenburg investieren zu können. Darüber bin ich sehr froh und allen Beteiligten zu Dank verpflichtet. Der rbb steht damit auf wirtschaftlich solider Basis und ist programmstrategisch für die Zukunft gut aufgestellt."

 

Die Maßnahmen im Einzelnen:

Die Programmdirektion als Taktgeber im rbb senkt ihre Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung in diesem und im nächsten Jahr um insgesamt 21 Mio. Euro.

- Beim Fernsehen wird sich der rbb auf das Programm zwischen 18 und 22 Uhr konzentrieren. Die Nachrichten-Flaggschiffe rbb24 Abendschau und rbb24 Brandenburg aktuell werden wir dabei weiter pflegen.

- Sichtbare Auswirkungen wird ein von 2024 an geltendes neues Programmschema nach sich ziehen. Strategisch folgt es der Idee, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in Berlin und Brandenburg sowohl mit traditionellen als auch modernen Erzählweisen abzubilden. Fester Bestandteil werden Thementage und dialogorientierte Sendungen, aber auch Übernahmen aus den Angeboten der ARD. In den zuschauerschwächeren Zeiten nach 22 Uhr wird der Programmaufwand minimiert.

- Im Digitalen konzentriert sich die Programmdirektion auf weniger, dafür qualitativ hochwertige Angebote, mit denen auch jene Beitragszahlerinnen und Beitragszahler erreicht werden, die den rbb bisher kaum nutzen.

- Erhebliche Einsparungen ergeben sich darüber hinaus bei fiktionalen Produktionen und dadurch, dass die Federführung für das Studio Warschau beim WDR verbleibt. Davon unberührt bleibt das journalistische Engagement des rbb im Nachbarland Polen. Nicht weiter aus eigener Kraft leisten wird sich der rbb die weitere Finanzierung des ARD Mittagsmagazins im Ersten. Da der ARD die MiMa-Kooperation mit dem ZDF sehr wichtig ist, wird es über die Fortführung Gespräche zwischen ARD und ZDF geben.

Von den Umschichtungen profitieren werden neben rbb24 Digital die Angebote des rbb in der Mediathek, Audiothek und auf Drittplattformen. Programmangebote werden künftig primär für die nonlineare Nutzung produziert. Verstärkt wird zudem die regionale Berichterstattung aus Brandenburg. So wird die journalistische Präsenz im westlichen Teil des Bundeslandes hörbar, sichtbar und spürbar intensiviert.

Die Produktions- und Betriebsdirektion senkt ihre Budgets im Laufe der Jahre 2023 und 2024 um 7 Mio. Euro. Sie wird sich bei ihren künftigen strategischen Planungen und Workflows strikt an den Bedarfen der Programmdirektion orientieren. Gewährleistet bleiben sowohl der Ausbau der IT-Sicherheit als auch Investitionen in neue Technologien. Hohe Beachtung gilt der Optimierung der Metadaten für eine bessere Auffindbarkeit des Programmangebots in der Mediathek im Rahmen der digitalen Erneuerung der ARD. Auf den neuesten Stand gebracht wird zudem das Studio von rbb24 Brandenburg aktuell.

In der Verwaltungsdirektion leistet das Gebäudemanagement einen besonders hohen Beitrag zum Gesamtsparvolumen. Zugute kommt dies der Programmdirektion, die damit höhere Abstriche vermeiden konnte. Insgesamt erbringt das Gebäudemanagement bis Ende 2024 rund 10 Mio. Euro des erforderlichen Einsparvolumens. Dazu beitragen werden Einmaleffekte durch den geplanten Verkauf von zwei Immobilien und zwei Grundstücken abseits der Kernstandorte Berlin und Potsdam. Die Regionalstandorte mit den Studios in Cottbus und Frankfurt/Oder bleiben erhalten. Strukturell auswirken wird sich mittelfristig die dank mobiler Arbeit mögliche Reduktion von Büroflächen um 25 Prozent und 10 Prozent bei den sonstigen Flächen. Hinzu kommen Abmietungen, die teilweise bereits begonnen haben. Sichergestellt bleiben Investitionen zur Erneuerung der Technik und zum Erhalt des Gebäudebestands. Von Einsparungen berührt sein wird aber auch die Mitarbeiterversorgung – durch reduzierte Öffnungszeiten der Kantinen und höhere Essenspreise.

Die Kosten für Personal und Organisation sinken bis Ende 2024 um knapp 11 Mio. Euro. Es bleibt beim bereits verhängten Stopp zur Nachbesetzung von Stellen, wobei eine bestehende Taskforce im Einzelfall prüft. Abgebaut werden die in der Vergangenheit außerhalb des regulären Plans aufgebauten Stellen. Insgesamt wird die Personalplanung im Sinne des nachhaltigen Sparens der künftig kleineren Organisationsstruktur des rbb angepasst. Dazu werden bis zum 1. Januar 2025 insgesamt 100 Stellen abgebaut.

Gespart wird auch an der Spitze des Senders. Intendantin Katrin Vernau kündigte an, die Geschäftsleitung von derzeit vier auf zwei Direktionen zu verkleinern. Über den genauen Zuschnitt wird noch entschieden. Fest steht, dass es keine eigenständige juristische Direktion mehr geben wird.

Perspektivisch um die Hälfte verringert wird zudem die im ARD-Vergleich überdurchschnittlich hohe Anzahl an außertariflich Beschäftigten (AT). Erhalten werden AT-Verträge – unterhalb der Ebene der Direktoren – ausschließlich Leiter und Leiterinnen der rbb-Hauptabteilungen.

Die Strategie und sämtliche Maßnahmen hat die Intendantin am Mittwoch (22. Februar 2023) bei einer Belegschaftsversammlung des rbb gemeinsam mit allen Führungskräften der zweiten Ebene vorgestellt, die seit Ende des vergangenen Jahres an der strategischen Weichenstellung gearbeitet haben. Sie ist das Ergebnis zahlreicher Workshops und Gespräche über alle Bereiche hinweg, unterstützt durch die Medienforschung. Jetzt sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt, diesen neuen Rahmen mit kreativen Ideen und Programmimpulsen gemeinsam zu gestalten.

Katrin Vernau: "Diese intensive Zusammenarbeit, bei der alle Beteiligten frei von Bereichsegoismen an einem Strang zogen, war für mich eine sehr ermutigende, gute Erfahrung, die mir Hoffnung macht, für den jetzt vor uns liegenden steinigen Weg der Umsetzung". Weiter sagt Vernau: "Mir ist bewusst, wie schwierig die Situation und die bevorstehenden Veränderungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des rbb sind. Aber wir gehen diesen Weg gemeinsam, denn er bedeutet für den rbb, wieder zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Nach allem, was war und womöglich im Zuge der Aufklärungsarbeit noch kommt, bleibt unser Auftrag, für die Menschen in Brandenburg und Berlin da zu sein: im Fernsehen, im Hörfunk, in der Mediathek, in der Audiothek – und überall dort, wo sie sowohl nach gut recherchierten und für sie nützlichen Informationen als auch nach qualitativ hochwertigem Programm suchen."

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