CIA-Chef Jeremy Redman (Ulrich Thomsen) auf der Spur des Maulwurfs. (Bild: ARD/rbb/Volker Roloff)
Bild: ARD/rbb/Volker Roloff

Wendezeit - Hintergrund: Was ist "Rosenholz"?

Von Prof. Dr. Helmut Müller-Enbergs (Syddansk Universitet), Fachberater des Films "Wendezeit"

"Rosenholz" ist ein Name des "Bundesamtes für Verfassungsschutz". Als das Amt im April 1993 den Auftrag erhielt, in die USA zum amerikanischen Geheimdienst CIA zu fahren, um Stasi-Unterlagen anzusehen, nannte man diese Dienstreise "Aktion Rosenholz". Das wurde dann weltweit der Name für Karteikarten der Hauptverwaltung A (HVA), die für Auslandsspionage zuständige Diensteinheit des "Ministeriums für Staatssicherheit" (MfS). Dabei handelt es sich um vier verschiedene Karteikartensysteme (bzw. Formblätter). Die wurden im Laufe des Jahres 1988 verfilmt. Und diese Verfilmung geriet in die Hände der CIA. Zuletzt wurde sie im Archiv des MfS am 28. Dezember 1989 gesehen, als sie an einen Abteilungsleiter der HVA übergeben wurden. Danach war sie weg. Wie bei jedem Nachrichtendienst auch verzeichnete die HVA die sie interessierenden Personen, Institutionen, Behörden und Parteien zeitgemäß auf Karteikarten. Diese Karteikarten wurden MfS-intern "Personenkartei" genannt, die als Formblatt 16 die Größe DIN A6 hatte. Darauf befinden sich Namen und die kleinen Personalien und eine Nummer. Von diesen Karteikarten liegen im Archiv der Stasi-Unterlagenbehörde heute 293.118 nunmehr digital erfasste Karteikarten. Sie betreffen jedoch nur deutsche Staatsbürger, die von Bürgern anderer Nationalitäten behielt die CIA für sich. Bei den Deutschen handelt es sich um 54 Prozent Bundesbürger, bei 38 Prozent um Bürger der DDR und bei acht Prozent fehlt die Zuordnung. Analysen ergaben, dass auf diesen Karteikarten für die Jahre von 1951 bis 1988 rund 6.000 Agenten in der Bundesrepublik Deutsch-land und Berlin (West) verzeichnet sind. Im Jahre 1988 waren von denen noch genau 1.553 aktiv. Auffallend ist, dass es sich um eine veraltete Verfilmung handeln muss, da Eintragungen für die Jahre 1988/89 fehlen. Mehr noch fehlt eine ganze Buchstabenfolge, also alle Nachnamen, die mit "La", "Le" und "Li" beginnen.

Damit niemand, der eine solche Personenkarteikarte in die Hände bekommt, erkennt, welche Beziehung der Betreffende zum MfS unterhält, wurde eine Nummer auf der Karteikarte vermerkt. Die Nummer führt zum zweiten Karteikartensystem, Formblatt 22 genannt (DIN A6). Auf diesen Karteikarten erfährt man oftmals, welche Beziehung der Betreffende zur HVA hatte, wer für ihn zuständig war, wie viele Akten zu ihm angelegt wurden. Von diesem Formblatt 22 sind rund 58.000 von der CIA zur Stasi-Unterlagenbehörde gekommen. Auch hier fehlen die Jahre 1988/89, was gut 5.500 Karteikarten ausmacht. Auf diesen Karteikarten war dann regelmäßig der Deckname verzeichnet. Beispiel: Nato-Spion Rainer Rupp hatte die Nummer XV 333/69. Und folgt man der Nummer, findet man seinen Decknamen "Topas" und Angaben zu seinem Fleiß. Eine andere Karteikarte ist vielmehr ein DIN-A4-Bogen, der alle wesentlichen Angaben zu einem Inoffiziellen Mitarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) enthält. Also Arbeitsstelle, Anwerbezeitpunkt, Deckname, Einkommensverhältnisse, Motiv oder nachrichtendienstliche Hilfsmittel wie falsche Ausweise, Funkgeräte usw. Von diesen Statistikbögen gab die CIA 2.037 der Stasi-Unterlagenbehörde zurück.Und letztlich zählt viertens zu "Rosenholz" noch eine Arbeitskartei, auf der sich Angaben zu den Führungsoffizieren der HVA finden, zusammen mit ihren Diensteinheiten.Zusammengenommen handelt es sich bei "Rosenholz" um das Herzstück, das größte Geheimnis, das der Nachrichtendienst HVA besaß. Dieses nun zugängliche Material entblößt einen Spionageapparat wie keinen jemals zuvor in der Geschichte.

Pressedossier