Der Bus zum 1. Arbeitsmarkt fährt vor. (Bild: rbb/Maor Waisburd)
Der Bus zum 1. Arbeitsmarkt fährt vor. | Bild: rbb/Maor Waisburd

Warten auf'n Bus - Produktionsnotizen: 3 Fragen an Regisseur Fabian Möhrke

Regisseur Fabian Möhrke (Bild: rbb/Maor Waisburd)
| Bild: rbb/Maor Waisburd

Was war die Herausforderung beim Dreh der zweiten Staffel?

Die Besonderheit dieser Serie ist ja, dass gewissermaßen "nichts passiert". Zumindest hat es den Anschein. Das ist cool, weil es das bis dato im deutschen Fernsehen noch nicht gab. Und ich bin mir sicher, dass dieses Alleinstellungsmerkmal und der Mut der Macherinnen und Macher zu so einem Format Teil des Erfolgs dieser Serie sind. Gleichzeitig birgt das aber auch die Gefahr, dass es zuständig und deswegen am Ende langweilig wird. Das zu umschiffen, war wohl in der ersten Staffel der Job und er war es in der zweiten Staffel genauso.

Stillstand und Stagnation sind zentrale Themen. Und deshalb haben wir (DOP Matthias Reisser und ich) auch beschlossen, keine Dynamik zu behaupten, die nicht da ist, die weder aus der Geschichte noch aus den Figuren kommt. Das führt natürlich dazu, dass die Serie in einigen Momenten durchaus auch mal zu einer Zumutung für die Zuschauer:innen wird. Aber wenn alles so fluffig, wolkig, putzig am Publikum vorbeiflutscht, hinterlässt es auch keinen bleibenden Eindruck. Erfreulicherweise haben das die Redakteurinnen Kerstin Freels und Martina Zöllner und auch unsere beiden Produzenten Ulf Israel und Reik Möller genauso gesehen. So gesehen, ist eine der Herausforderungen gewesen, eine Balance hinzukriegen aus Kurzweil und Tiefe, aus Unbehaglichkeit ob des Stillstandes und 'ner guten Lacherquote. Nach den bisherigen Screenings würde ich sagen, das haben wir hingekriegt.

Ist das begrenzte Setting der "Bushaltestelle irgendwo in Brandenburg" Fluch oder Segen?

Die Bushaltestelle ist Wohnzimmer und Gefängnis gleichermaßen. Sie ist Kuschelecke, Komfortzone, aber auch Denkmal der Stagnation in einem. Das ist ein super Bild für eine Serie, in der "nichts passiert". Das birgt aber sowohl dramaturgisch wie bildgestalterisch einige Gefahren, vor denen ich ein bisschen die Hose voll hatte, als ich die Regie übernommen habe. Einerseits, will ich der Idee treu bleiben, dass "nichts passiert", will aber das Publikum nicht langweilen, denn alle, die schonmal eine Geschichte geschrieben oder sich damit auseinandergesetzt haben, wissen: Irgendwas muss passieren. Wie klein auch immer, ohne Konflikt schlafen Leuten, die's gucken die Füße ein. Also Konflikte suchen, und vielleicht auch ein bisschen aufblasen, war Teil meiner Strategie. Andererseits wollte ich auch nicht in die Falle tappen, in Drehwoche sieben plötzlich DEN crazy Kamerawinkel zu suchen, weil ich das Gefühl hab, ich mach immer die gleichen Bilder und langweile mich beim Machen zu Tode. Uns war wie gesagt wichtig, keine Dynamik zu behaupten, wo keine ist. Die Stagnation an der Endhaltestellestelle muss auf allen Ebenen immer spürbar bleiben. Also kaum Kamerafahrten, die Kamera darf nichts elegisches, nichts fließendes haben. Sie soll Ralle und Johannes im Bild einsperren, genauso, wie die Bushaltestelle: statisch, unverändert. Das durchzuziehen, setzt einfach Vertrauen in die Belastbarkeit der Drehbücher und in die Figuren voraus. Wir, und damit meine ich Schauspiel, Kamera, Regie, Produktion und Redaktion haben uns für dieses Vertrauen entschieden und ich glaube wir sind uns alle einig, dass das richtig war.

Was war Ihnen bei der Inszenierung der Hauptcharaktere wichtig?

Die Figuren waren für mich alte Bekannte, weil ich die erste Staffel gesehen hatte, gleichzeitig waren sie für mich als Regisseur aber ganz neu, weil ich ja die erste Staffel nicht gemacht hatte. Auch hier wieder ein Balanceakt: Einerseits fühlte ich mich der Kontinuität der Serie verpflichtet, auf der anderen Seite wollte ich aber eine Schippe weniger Ostalgie in Kostüm und Szenenbild haben. Wahrscheinlich, weil ich aus dem Osten bin und bei Sachen wie DDR-Museen und Trabisafaris, also der Verdisneylandisierung der DDR das kalte Kotzen kriege. Deswegen wollte ich nicht, dass irgendwer mit einer Mao-Arbeitsjacke, wie mein Opa sie getragen hat, durchs Bild rennt. Genausowenig wollte ich alle Nase lang irgendeine Ostthermoskanne im Bild zu stehen haben. Es sind sowohl im Kostüm, als auch im Szenenbild immer noch Rudimente aus der Ostvergangenheit übrig, und das kauf ich den Figuren auch ab und es ist auch wichtig, finde ich. Es ist aber für mein Empfinden dezent genug, es springt mich nicht an, es steht im Dienst der Geschichte und mir ganz wichtig: Es ist nicht cool oder romantisiert. Ansonsten war ich natürlich in der komfortablen Situation, zwei Figuren "wiederzusehen", die von Ronny Zehrfeld und Felix Kramer schon gründlich erforscht waren.

Pressedossier