Ein Holzlöffel mt Salz auf blauem hintergrund (Quelle: imago images/Imaginechina-Tuchong)
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Gesundheit | Dossier | Lesedauer etwa 6 Minuten - Jodmangel: Zu wenig Jodsalz in verarbeiteten Lebensmitteln?

Die Deutschen nehmen zu wenig Jod zu sich. Jodmangel kann aber etwa zu einer Erkrankung der Schilddrüse führen. So beugen Sie dem Mangel vor.

Deutschland ist ein Jodmangelgebiet. Im Frühjahr 2023 meldete das Bundestinstitut für Risikoforschung, dass die Jodversorgung hierzulande rückläufig ist. Dies geht aus dem Gesundheitsmonitoring des Robert-Koch-Instituts hervor. Dabei ist das Spurenelement extrem wichtig für die Schilddrüse und die dortige Herstellung von Hormonen. Zu wenig Jod bedeutet zu wenig Hormone. Und das kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.
 
Aber: Wo sollen wir unser Jod herbekommen? Viele jodhaltige Lebensmittel stehen aus verschiedenen Gründen nicht mehr in großen Mengen auf unserem Speiseplan: Zu viel Salz ist ungesund, damit essen wir auch weniger jodiertes Salz. Mehr als ein Drittel der Meere sind überfischt. Tierische Produkte sind auch daher nicht mehr bei jedem auf dem Teller. Wie kommen wir also an unser Jod ran?

Darum herrscht in Deutschland Jodmangel

Doch erstmal zurück zum Anfang. Warum ist Deutschland überhaupt ein sogenanntes Jodmangelgebiet? Die Gründe dafür sind unterschiedlich:
 
Die Böden hierzulande sind jodarm, weshalb alles, was darauf wächst, ebenfalls wenig Jod enthält.
 
Mitte der achtziger Jahre wurde die "Jodprophylaxe" eingeführt. Damit ist die Jodzugabe bei Speisesalz gemeint. Die Lage verbesserte sich in der Folge deutlich. Auch in verarbeiteten Lebensmitteln wird Jodsalz verwendet, ebenso in Futtermitteln, so dass beispielsweise Milchprodukte einen hohen Jodgehalt haben. Die "Repräsentative Markterhebung zur Verwendung von Jodsalz in handwerklich und industriell gefertigten Lebensmitteln" im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zeigt allerdings, dass aktuell nur bei knapp 30 Prozent der Warengruppen Brot, Fleisch und Milch Jodsalz verwendet wird. Gründe dafür könnten die höheren Preise für Jodsalz, aber auch die spezielle Deklarationspflicht sein.
 
Mit der "Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten" versucht das BMEL momentan unter anderem den Salzgehalt in industriell verarbeiteten Lebensmitteln zu senken. Denn zu viel Salz kann Herzkreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck zur Folge haben. Weniger Salz heißt aber auch weniger Jodsalz.
 
Und dann gibt es noch den Trend zu einer natürlicheren Ernährung mit Lebensmitteln ohne Zusätze wie Meer- oder Himalayasalz - statt Jodsalz.

Wo kommt das Jod her?

Was bedeutet das nun für Verbrauchende? "Die Hauptzufuhr von Salz in unserer Nahrung kommt in Deutschland aus Brot, Milchprodukten und Wurst. Daher ist es für Verbraucher relevant, wie viel Jodsalz dort verwendet wird", sagt Prof. Dr. Diana Rubin, Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin und Diabetologie an den Vivantes Kliniken Region Nord. Die Mengen an Jodsalz in diesen Lebensmitteln sinken aber, wie die oben genannte Markterhebung für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gezeigt hat.
 
Um einem Jodmangel vorzubeugen, empfiehlt Prof. Rubin daher aus ernährungsmedizinischer Sicht Jodsalz und den Verzehr von frischen Lebensmittel. "Seefisch und Milchprodukte haben einen vergleichsweise hohen Jodgehalt. Algenblätter, zum Beispiel beim Sushi, ebenfalls."
 
Die Jodprophylaxe hat die Lage deutlich verbessert, das sieht auch Prof. Rubin. "Wir sehen viel weniger vergrößerte Schilddrüsen und Knoten durch Jodmangel bei unseren Patientinnen und Patienten. Die medizinischen Folgeerkrankungen eines Jodmangels wurden also positiv beeinflusst."
 
Doch sie merkt auch Unterschiede bei den Generationen: "Ich mache viele Schilddrüsen-Sonographien und die meisten älteren Patienten nutzen zu Hause Jodsalz. Bei den jüngeren ist es unterschiedlich, denn hier wird gerne zu Trendsalzen gegriffen. Die Patienten denken, sie tun sich was Gutes, aber in diesen Salzen ist kein zugesetztes Jod enthalten."

Jodmangel hat schwere gesundheitliche Folgen

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. empfiehlt eine Aufnahme von 200 Mikrogramm Jod pro Tag für Erwachsene im Alter von 19 bis 51 Jahren und 180 Mikrogramm für alle über 51 Jahren.
 
Nach Schätzungen nehmen rund ein Drittel der Deutschen aktuell immer noch zu wenig Jod zu sich. Und das hat Folgen: "Das häufigste Symptom eines Jodmangels ist eine vergrößerte Schilddrüse. Diese produziert zwar noch Hormone, aber sie wird größer. Diese Entwicklung kann Jahre dauern", sagt Prof. Rubin. Infolgedessen kann es auch zur Bildung von Knoten kommen. Gerade in der Schwangerschaft ist Jod von großer Bedeutung für die Entwicklung des Fötus im ersten Trimester. Säuglinge und Kleinkinder mit Jodmangel können körperliche und geistige Entwicklungsverzögerungen aufweisen.
 
Aber auch zu viel Jod kann gesundheitliche Folgen haben. So kann es zu einer Schilddrüsenentzündung und in der Folge zu einer Schilddrüsenüberfunktion und im weiteren Verlauf zu einer Schilddrüsenunterfunktion, einer sogenannten Hyper- bzw. Hypothyreose, kommen. Ein solches Risiko besteht aber nur bei Einnahme von zu hoch dosierten Nahrungsergänzungsmitteln mit Jod und nicht durch natürliche Lebensmittel.

Meine erste Frage bei einer vergrößerten Schilddrüse ist immer: "Nehmen Sie zu Hause Jodsalz?" Wenn sich die Schilddrüse trotz der Verwendung von Jodsalz und jodhaltigen Lebensmitteln wie Milchprodukten verändert hat, kann Jod supplementiert werden.

Prof. Dr. Diana Rubin, Leiterin des Zentrums Zentrum für Ernährungsmedizin und Diabetologie an den Vivantes Kliniken, Region Nord
Wie wird ein Jodmangel festgestellt?

Wie aber findet man heraus, ob man einen Jodmangel hat oder nicht? Kann man das regelmäßig beim Hausarzt oder der Hausärztin überprüfen lassen? "Ein Jodmangel ist allein von den Blutwerten her schwer feststellbar, weil der Jodgehalt im Blut im Tagesverlauf schwankt. Die Werte im Urin, die auch das Robert-Koch-Institut beim Gesundheitsmonitoring nutzt, sind genauer. In der Diagnostik schauen wir auf die Schilddrüse und die dortigen Symptome", sagt Prof. Rubin.
 
In der Beratung klärt die Ernährungsmedizinerin dann, wie die Patient:innen mehr Jod über die Nahrung aufnehmen können. "Meine erste Frage bei einer vergrößerten Schilddrüse ist immer: 'Nehmen Sie zu Hause Jodsalz?' Wenn sich die Schilddrüse trotz der Verwendung von Jodsalz und jodhaltigen Lebensmitteln wie Milchprodukten verändert hat, kann Jod supplementiert werden." Allerdings sollte dies nur nach ärztlicher Rücksprache und nach vorangegangenem Gespräch über die Jodzufuhr aus Lebensmitteln gemacht werden, damit es nicht so einer Überjodierung kommt. Die Jodtabletten aus den Gesundheitsregalen der Drogerien können für die meisten also erstmal dort stehen bleiben.

Ein Beitrag von Katharina Pencz, 13.11.2023.