Viele gebrauchte Kaffeekapseln (Quelle: imago images / Geisser)
Bild: imago images / Geisser

Fr 04.08.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Kaffeekapseln: Endlich mit gutem Gewissen?

Ein neuer Anbieter verspricht, den Komfort von Kaffeekapseln mit einem ökologisch reinen Gewissen zu verbinden. Was steckt dahinter?

Vielleicht haben Sie die Plakate auch schon gesehen - das "Kapsel-System ohne Kapsel" mit dem Namen Coffee B wird gerade stark beworben. Dahinter steckt das Unternehmen Delica, eine Tochter der Schweizer Supermarktkette Migros. Coffee B will mit dem schlechten Umweltimage von Kaffeekapseln brechen. Bislang bestehen die Kapseln für Systeme wie Nespresso oder Tassimo oft aus Aluminium oder Plastik. Und auch grünere Alternativen aus Biokunststoff lassen zu wünschen übrig - denn sie sind zwar nachhaltiger in der Produktion, dürfen aber nicht über die Biotonne entsorgt werden, da sie nicht schnell genug verrotten. Coffee B verspricht, es besser zu machen.

Mit Algen zum Erfolg?

Die Firma will dieses Versprechen einlösen, indem es keine Kapsel im eigentlichen Sinne verwendet. Stattdessen wird eine Kugel aus gepresstem Kaffeepulver mit einer Schicht aus Alginat überzogen. Der Stoff wird, wie der Name vermuten lässt, aus Algen gewonnen und kommt zum Beispiel auch als Darm für Veggie-Würstchen zum Einsatz.
 
Coffee B schreibt auf seiner Website, die Kugeln ("Coffee Balls") seien vollständig kompostierbar - auch in der Biotonne: "Die Coffee Balls können nach Gebrauch im Grüncontainer entsorgt oder sogar als Dünger in einen Pflanzentopf gesteckt werden."
 
Auf Anfrage von SUPER.MARKT legt das Unternehmen ein Prüfzertifikat vor. Demnach wurde die Kompostierfähigkeit der Kugeln für Biotonne und Garten von einem unabhängigen Labor in Italien bestätigt. Die Prüfung fand auf Basis einer französischen Norm statt. Für Deutschland oder Europa gebe es noch keine entsprechende Norm, erklärt ein Abfall-Experte des Umweltbundesamts.
 
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist dennoch skeptisch: "Wir empfehlen, die Kapseln nicht in der Biotonne zu entsorgen, da nicht sichergestellt ist, dass sich das Material in unserer Vergärungs- und Kompostierungsanlage vollständig zersetzt. Sollten die Kapseln im Bioabfall auffallen, werden wir das Zersetzungsverhalten beobachten", so BSR-Sprecher Dr. Thomas Klöckner auf Anfrage von SUPER.MARKT.

Gefangen im System

Wer Coffee B nutzen möchte, macht sich stark abhängig von dem Unternehmen. Denn aktuell gibt es genau eine Maschine, die mit den Kaffeekugeln funktioniert. Coffee B verlangt dafür rund 150 Euro. Für diesen Preis bekommt man auch schon eine kleine Siebträgermaschine, die bei der Stiftung Warentest mit 2,2 (Gut) abgeschnitten hat. Fairerweise sei aber erwähnt, dass man die Kapselmaschine zur Einführung des Coffee B-Systems im Handel auch zu günstigeren Preisen finden kann.
 
Die Innovation lässt sich Delica aber über den Kaffee teuer bezahlen. Acht verschiedene Sorten bietet die Delica-Marke Café Royal aktuell an. Mindestens 3,69 Euro kostet eine Packung mit neun Kaffeekugeln. Hochgerechnet sind das 72,40 Euro pro Kilogramm Kaffee. Kauft man den gleichen Kaffee von Café Royal in einer 36er-Box Nespresso-Kapseln, kommt man nur auf 47,80 Euro pro Kilo. Und ein Kilo Espressobohnen von Café Royal kostet sogar nur 18,99 Euro (alle Preise aus dem Webshop von CoffeeB/Café Royal, Stand 03.08.2023).
 
Andere Kaffeesorten gibt es noch nicht für das System. Wer Nespressokapseln kauft, hat eine deutlich größere Auswahl, um entweder günstigeren Kaffee zu finden, oder besonders hochwertigen von kleinen Röstereien, die oft auch Kapseln für das weit verbreitete System anbieten.
 
All das kann für Coffee B mit der Zeit zweifelsohne noch kommen. Aber wer sich zum jetzigen Zeitpunkt für das System entscheidet, geht damit ein Risiko ein.

Für wen taugt das System?

Das Coffe B-System ist eher etwas für Kafeetrinker*innen, die großen Wert auf Bequemlichkeit und Nachhaltigkeit legen und sich nicht vor höheren Kosten scheuen. Wer besonders viel Kaffee trinkt, sollte eventuell in einen Kaffeevollautomaten investieren. Laut Stiftung Warentest rechnet der sich bei vier Tassen Espresso täglich im Haushalt schon nach rund anderthalb Jahren. Und für jede Tasse fällt nur garantiert kompostierbarer Kaffeesatz an.

Ein Beitrag von Jonas Pospesch.