Stadtansicht Gransee - imago/Hohlfeld
Ben Linse
Stadtansicht Gransee | Bild: imago/Hohlfeld

- Gransee - Ruppiner Tor

Gleich zwei Eingänge in die Stadt gibt es beim Ruppiner Tor. Was hat es damit auf sich? Fontane erzählt die Geschichte der "Waldemar-Tore".

Wir meiden mit Geflissentlichkeit den Waldemar-Bogen

Theodor Fontane

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band I „Die Grafschaft Ruppin":

Warum zwei Tore? F. Knuths Geschichte von »Gransee« berichtet darüber: »Alle Städte, die dem Falschen Waldemar ihre Tore geöffnet und dadurch sich zu ihm bekannt hatten, wurden, als der bayersche Markgraf wieder herrschte, dahin bestraft, daß sie die Tore zumauern mußten, durch die der falsche Waldemar eingezogen war. Diese zugemauerten Tore hießen denn auch im Volksmunde ›Waldemar-Tore‹. Hart neben ihnen waren inzwischen neue, reichgegliederte, mit Türmen und Zinnen geschmückte gotische Tore gebaut worden, die nun, jahrhundertelang, den Verkehr vermittelten, bis das neuerblühende Leben der Städte den verhältnismäßig schmalen Eingang der gotischen Portale störend zu empfinden anfing. Da entsann man sich der zugemauerten Tore, nahm den fünfhundertjährigen Bann von ihnen, brach die Steine aus dem alten Rundbogen wieder heraus und schuf so dem Leben und Verkehr eine doppelte Straße.«

W. Schwartz in seinen »Sagen und alten Geschichten der Mark Brandenburg« erzählt es anders. Nach ihm würden die sogenannten Waldemar-Tore als »Wenden-Tore« anzusehen sein, durch die man deutscherseits die als unrein betrachtete wendische Bevölkerung vertrieben und die Tore dann vermauert habe. Hiermit stimmt auch überein, daß noch, bis ins vorige Jahrhundert hinein, in allen Dörfern, wo Wenden und Deutsche zusammenwohnten, nur die letztren sich der eigentlichen Kirchentüren bedienen durften, während die Wenden gezwungen waren, durch eine kleine, für sie besonders angelegte Seitentür in die Kirche einzutreten.

In Gransee wurde 1818 schon das Waldemar-Tor – ein Name, den ich beibehalte – wieder geöffnet und begann seinem Nachfolger und Nachbar Konkurrenz zu machen, eine Tatsache, die der kleinen Gemeinde der »Falschen-Waldemar-Schwärmer« als vielleicht von symbolischer Bedeutung erscheinen wird.

Wir unsrerseits aber, indem wir den Jakob Rehbock (trotzdem er in der Fürstengruft zu Dessau ruht) für das nehmen, was er war, meiden mit Geflissentlichkeit den Waldemar-Bogen und bewerkstelligen unsre Einfahrt durch das stattliche Portal des »Ruppiner Tores«, das, wenn auch zurückstehend neben dem berühmten Uenglinger Tor in Stendal, nichtsdestoweniger der Teilnahme wert war, die Friedrich Wilhelm IV. ihm angedeihen ließ, als er in den vierziger Jahren an Superintendent Kirchner schrieb: »An diesem Tore wird kein Stein gerührt, ohne daß ich zuvor Kenntnis davon erhalte.«

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Audio: Ausschnitt aus "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gelesen von Hans Hildebrandt (Produktion des Berliner Rundfunk 1991)