Kloster Friedland - Gerd-Ulrich Herrmann
Gerd-Ulrich Herrmann
Kloster Friedland | Bild: privat / Gerd-Ulrich Herrmann

- Kloster Friedland

Neben der seenreichen Landschaft bechreibt Fontane die strengen Klosterregeln, die den "um sich greifenden Sittenverfall" in Friedland stoppen sollten.

Besonders reich aber war Kloster Friedland an schönen Seen, deren Fischertrag für die frommen Jungfrauen ausgereicht haben würde, wenn auch das ganze Jahr aus Festtagen bestanden hätte

Theodor Fontane

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band II "Das Oderland":

Die Lage Kloster Friedlands, – auf einem schmalen Landstreifen zwischen zwei Seen, dem Kloster- und dem Kiezersee – muß von nicht gewöhnlicher Schönheit gewesen sein, als die umgebende Bruchlandschaft noch ihren alten Charakter hatte und die hohen Giebel des Klosters abwechselnd in den einen oder andern See ihren Schatten warfen. Aber ein solches Bild bietet sich dem Auge nicht länger dar, und die Ruinen anderer märkischer Klöster machen einen tieferen und poetischeren Eindruck, teils weil die Trümmer selber pittoresker, teils weil ihre Umgebungen, bei sonst mannigfach Verwandtem, ansprechender sind. Die Lage z.B. des zur Schwedenzeit durch Feuer zerstörten Jungfrauenklosters zu Lindow, in der Grafschaft Ruppin, ist der Lage Kloster Friedlands nahe verwandt, aber die efeuumrankten Mauern, die storchnestgeschmückten Giebel, vielleicht auch die Hügellage zwischen den Seen, leihen jenem einen romantischen Reiz, den dieses entbehrt.

Kloster Lindow ist schöner gelegen, vielleicht auch malerischer in sich selbst, aber Kloster Friedland ist besser erhalten, und die Umfassungsmauer, das Haus des Propstes, ein Stück Kreuzgang, vor allem das Refektorium, zeigen sich teilweise noch in gutem Zustand.

Das Refektorium, jetzt als Malzplatz benutzt, läßt sich in seinen Einzelheiten am besten verfolgen. Es scheint der Stil früherer Gotik. Das alte Kloster, das 1300 großenteils durch Feuer zerstört wurde, war ein romanischer Bau,23) den nun ein gotischer Bau, mutmaßlich im Stile des uns erhalten gebliebenen Refektoriums ersetzte. Die gewölbte Decke desselben wird von drei Säulenpfeilern getragen. Zwei dieser Pfeiler sind rund, der dritte (mittelste) vier- oder sechseckig. Die auf den Pfeilern stehenden Gewölbe sind vielgerippt, so daß immer sechzehn Rippen auf einem Pfeiler ruhen oder aus demselben palmenhaft aufwachsen. Der Abstand zwischen den Pfeilern ist verschieden, und von oben nach unten zu abgeschritten, bemerkt man, daß der Zwischenraum von Pfeiler zu Pfeiler immer um ein bis zwei Fuß kleiner wird. Es stehe dahin, ob dies Absicht oder Zufall ist.

Neben dem Kloster, und vielleicht früher in unmittelbarem Zusammenhange mit ihm, steht die ehemalige Klosterkirche, jetzt die Dorfkirche. Sie ist nicht mehr, was sie war. Der Turm ist kein eigentlicher Turm mehr, und die Kirche selbst hat unter den verschiedenen Umbauten, denen sie unterworfen wurde, ihren gotischen Charakter beinah völlig verloren. Sie besitzt aber aus alter katholischer Zeit her noch mehrere Wertstücke, von denen Kuglers Kunstgeschichte vor allem eines Taufbeckens Erwähnung tut. Wohl in einiger Überschätzung. Es finden sich, ähnlich wie die Reste vergoldeter Schnitzaltäre, solche Taufbecken zu vielen Hunderten in unserer Mark.

Was aber nicht nach Hunderten anzutreffen ist, und was in der Tat eine Sehenswürdigkeit der Friedländer Kirche bildet, das sind drei reichvergoldete Abendmahlskelche, die noch, als Wert- und Erinnerungsstücke aus der vorlutherischen Zeit her, im Pfarrhause aufbewahrt werden. Alle drei sind von verwandter Form und nur der Größe nach verschieden. Auf einem breiten Fuße ruht ein tulpenförmiger Kelch, in der Mitte des kurzen Stiels aber, der diese Kelchtulpe trägt, legt sich ein sechseckiges Ornament ringförmig um den Stiel herum. Eins dieser sechseckigen Ornamente ist hohl und von durchbrochener Arbeit; innerhalb desselben klappert eine Reliquie, ein Knochensplitter oder der Zahn eines Heiligen. Derselbe Kelch, einer der kleineren, trägt auch zugleich die Namen: Martha. Johannes. Welsickendorp. Ein anderer, der größte und schönste, zeigt statt der Namen drei sauber einradierte Marienbilder nach Stellen aus der Offenbarung und abwechselnd mit diesen drei Radierungen drei kleine Goldskulpturen, hautreliefartig auf den Fuß des Kelches aufgelötet. Diese kleinen Goldfigürchen stellen »Maria und Johannes zu beiden Seiten des Gekreuzigten«, ferner »St. Georg, den Drachen tötend« und schließlich noch ein drittes dar, dessen Entzifferung mir nicht gelungen ist.

 

Audio: Ausschnitt aus "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gelesen von Gert Westphal (Produktion des SWR 1982-1985)