Werbeplakat für den Erhalt des Flughafen Tempelhof (Quelle: rbb)
(Quelle: rbb)

- Riskantes Manöver - Die Tempelhof-Kampagne der CDU

Noch ist offen, ob die Unterschriftensammlung für den Erhalt des Flughafens Tempelhof die notwendige Zustimmung in der Bevölkerung bekommt. Für die Berliner CDU und ihren Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger geht es dabei um mehr als die Frage, ob Berlin einen innerstädtischen Flugplatz braucht. Die CDU will mit ihrem Frontmann ihre Kampagnenfähigkeit unter Beweis stellen. Ob die Rechnung aufgeht, da man doch vor allem an längst vergangene Zeiten appelliert?

Seit sieben Jahren sitzt die Berliner CDU in der Opposition. Damals flog der Banken-Skandal auf, und seitdem spielen die Christdemokraten in der Hauptstadt keine allzu große Rolle mehr. Das will CDU-Spitzenmann Friedbert Pflüger dringend ändern. Doch bislang waren seine Bemühungen eher glücklos. Nun taucht er in der Öffentlichkeit nur noch mit einem Thema auf: Der Flughafen Tempelhof und seine Rettung. Ein zweifelhaftes Unterfangen und auch nicht sehr clever für jemanden, der mal im Roten Rathaus sitzen will. Katrin Aue berichtet.

Die Berliner CDU bricht auf ins Jahr 2008 – fertig zum take off. Rettet den Flughafen Tempelhof! So das Motto. Endlich voll durchstarten gegen den rot-roten Senat.

Der Oppositionsführer Friedbert Pflüger steht an vorderster Front im Kampf für den Flugplatz, der im Oktober geschlossen werden soll.

Friedbert Pflüger (CDU), Fraktionsvorsitzender Berlin
„Tempelhof ist die Zukunftsfrage Berlins.“

Der Flughafen Tempelhof. Als Symbol Berlins geliebt und als innerstädtische Lärm- und Gefahrenquelle gehasst. Seit zwölf Jahren steht fest: er wird geschlossen. Auch, um den Bau des Großflughafens Schönefeld zu rechtfertigen. Eine juristische Notwendigkeit und der politische Wille, so war es jahrelang fast Konsens. Das Problem: Ein Konzept dafür, was aus dem Gelände werden soll, gibt es nicht.
Und so steigt die CDU ein in eine Kampagne, die von Tempelhof-Befürwortern vor allem aus der Wirtschaft begonnen wurde.

Friedbert Pflüger (CDU), Fraktionsvorsitzender Berlin
„Wenn wir Arbeit und Investitionen nach Berlin holen wollen, dann ist Tempelhof dafür absolut wichtig, und deshalb kämpfe ich mit ganzer Kraft dafür, zusammen mit meiner ganzen Partei.“

Wenn die CDU da mal nicht aufs falsche Pferd setzt. So der Politikberater Michael Schröder. Er beobachtet politische Kampagnen und die Versuche der CDU, in Berlin neue Anhänger zu finden.

Michael T. Schröder, wbpr, Präsident Marketing Club Berlin
„Also zunächst erstaunt man natürlich sich schon darüber, dass eine Partei sich auf ein so ein Thema fokussiert, vor allem, in einer Situation, wo die Partei selber in Berlin noch ganz andere Aufgaben vor sich hätte und endlich ja mal wieder an die Macht will, und von daher erstaunt es natürlich sehr, sich auf so ein fragiles Thema zu setzen, wo das Ergebnis vollkommen unklar ist im Moment.“

Tempelhof muss bleiben! Todesurteil für Flughafen! Wir sagen Ja zu Tempelhof!“
So trommeln die Boulevardmedien für ein Volksbegehren pro Flughafen.
Plakate rufen dazu auf, mit einer Unterschrift die Schließung zu verhindern.

Mit großem personellem und finanziellem Aufwand organisiert eine Initiative die Stimmensammlung, zum Beispiel hier am Rathaus Tempelhof. 170.000 Menschen müssen bis Mitte Februar unterschrieben haben.

Unterschreibende für Tempelhof
„Naja, der Flughafen Tempelhof ist doch ein schönes Stück Geschichte, und hätten wir den damals nicht gehabt, wo wäre dann die Luftbrücke eingerichtet worden?“
„Ich bin Tempelhoferin, und der Flughafen, der wird erhalten bleiben. Ich möchte das gerne. Wir müssen nicht alles im Osten drüben haben. Wir müssen nicht alles im Osten drüben haben. Das ist meine Einstellung.“

KLARTEXT
„Und warum?“
Unterschreibende für Tempelhof
„Weil ich es nicht schön finde, dass bei uns hier alles weggenommen wird.“

Der Flughafen Tempelhof - ein Symbol des alten Westberlin. Die Initiatoren des Volksbegehrens setzen auf die Bedeutung der Luftbrücke für das Überleben der Berliner:
Zitat:
„490.000 t Lebensmittel retteten die Berliner. Ein Gang zum Bürgeramt rettet Tempelhof.“

Neujahrsempfang der CDU Steglitz-Zehlendorf. Auch hier das Motto: Ja zu Tempelhof. Die CDU feiert sich und ihren Spitzenkandidaten. Schließlich fehlen nur noch rund 33.000 Stimmen zum Erfolg des Volksbegehrens. Friedbert Pflüger auf Motivationstour.

Friedbert Pflüger (CDU), Fraktionsvorsitzender Berlin
„Ich sage ihnen voraus, 170.000 sind eine so starke Botschaft, die kann ein demokratischer Politiker nicht ignorieren. Also, das Engagement lohnt sich. Gehen sie ran. Stimmen Sie für die wirtschaftliche Zukunft unserer Stadt.“

Dafür versucht die CDU-Basis auch die Berliner zu motivieren. Zum Beispiel vergangenen Samstag, in Prenzlauer Berg. Straßenkampf für den Bürgerwillen.

Peter Kurth (CDU)
„Sie gehen noch unterschreiben?“
Bürger
„Natürlich!“
Peter Kurth (CDU)
„Großartig. Nehmen sie noch jemanden mit.“
Bürger
„Okay.“
Peter Kurth (CDU)
„Alles Gute.“

Doch das Interesse ist nicht allzu groß. Prenzlauer Berg ist kein einfaches Pflaster. Tempelhof scheint hier als Problem der Mehrheit nicht unter den Nägeln zu brennen.

Passanten
„Es ist Wahlkampf, oder? Mehr sage ich wohl dazu nicht. Wird mir hier zu politisch.“
„Ich denke, es ist so ein bisschen ein Westberliner Ding. Die hängen eben noch an Tempelhof. Ich denke, es ist für den Osten nicht so das Thema.“
„Ich halte es für ein bisschen übertrieben. Es gibt andere Probleme in Berlin.“


Deshalb ist es aus strategischer Sicht für Pflüger riskant, so sehr auf das Thema zu setzen, meint Politikberater Michael Schröder. Selbst, wenn die 170.000 Stimmen beim Volksbegehren zusammenkommen.

Michael T. Schröder, wbpr, Präsident Marketing Club Berlin
„Wenn er jetzt diesen Teilerfolg dann eventuell verbuchen kann, das ganze aber politisch nicht durchsetzen kann, weil im Endeffekt, ob die Juristen oder Wowereit auch selber plus der Bundesregierung dann sagen: Kommt gar nicht in Frage, Tempelhof wird geschlossen. Was will er dann vorweisen in der Zukunft? Nach dem Motto, so ein Robin-Hood-Prinzip: Ich habŽs versucht, aber ich bin der Unterlegene. Was ist passiert in der Zeit? Er hat im Endeffekt Monate versäumt, um auf andere Themen zu gehen, also das muss er alles aufholen, um neu zu besetzen. Und dann ist die Wahl vorbei.“

Die Zustimmung zu Pflügers CDU fiel übrigens im Dezember laut Infratest von 25 auf 23 Prozentpunkte, trotz massiver Tempelhof-Kampagne.

Friedbert Pflüger (CDU), Fraktionsvorsitzender Berlin
„Ich kann nur alle Kräfte mobilisieren, um eine Fehlentwicklung zu verhindern. Wenn ich das dann nicht schaffe, dann ist das ganz bestimmt nicht mein Fehler. Meine Leute wissen, wie sehr ich mich engagiere.“

Ob das reicht? Michael Schröder ist skeptisch.

Michael T. Schröder, wbpr, Präsident Marketing Club Berlin
„Was man in den letzten Wochen nur erlebt hat, war: kämpfen, kämpfen, kämpfen um jede Stimme. Mit allen Aufrufen, die dazugehören. Und das spricht ja dafür, dass das Thema alleine scheinbar nicht reicht. Und dass die Partei dahinter und die Person dahinter auch alleine nicht reicht.“

Tempelhof – ein Thema, mit dem die CDU wohl eher nicht durchstarten wird.
Zur Erinnerung: die Schließung wurde schon 1996 besiegelt – vom CDU-geführten Senat unter Eberhard Diepgen.