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- Streit um Hochwasserschutz - Schwarze Elster braucht Überschwemmungsflächen

Die Region um die Schwarze Elster wurde in diesem Jahr gleich mehrfach von Hochwässern heimgesucht. Obwohl die Deiche marode sind, haben die Anwohner noch einmal Glück gehabt. Aber Naturschützer und Kommunalpolitiker setzen sich nun für einen vorbeugenden Hochwasserschutz ein und wollen die Schwarze Elster, den am stärksten kanalisierten Fluss Brandenburgs, wieder teilnaturieren. Dafür werden Überflutungsflächen aus der Landwirtschaft gebraucht. Doch die Bauern fordern eine Entschädigung für diese Flächen und haben vom Landesumweltamt noch keine konkreten Antworten erhalten.

Riesenthema immer wieder in Brandenburg: Das Hochwasser. Nicht nur an Oder und Elbe, sondern auch an der Schwarzen Elster im südlichen Brandenburg. Vor kurzem trat hier gleich zweimal hintereinander der Fluss über die Ufer. Großeinsatz für die Katastrophenhelfer, die ganze Aktion kostete rund 1,5 Millionen Euro. Dazu kommen nochmal rund 15 Millionen Euro für die Schäden durch die Ernteausfälle in der Landwirtschaft. Und weitere Überschwemmungen werden befürchtet. Was aber tut die Politik? Sie kündigt nach jedem neuen Hochwasser vollmundig an, endlich Maßnahmen zum Hochwasserschutz zu ergreifen. Doch passiert ist bisher wenig, erfuhr Ute Barthel.

Der Schnee deckt die Spuren des letzen Hochwassers an der Schwarzen Elstern gnädig zu. Hier am Flussufer läuft Andraes Claus schon auf Eis. Der Bürgermeister von Uebigau-Wahrenbrück war hier während der Flut, die erst wenige Wochen zurückliegt, Tag und Nacht im Einsatz.

Andreas Claus (parteilos), Bürgermeister Uebigau-Wahrenbrück
„Es war dramatisch und es war eigentlich nur händelbar, weil so viele mit geholfen haben und wir auch ein Quäntchen Glück hatten. Also, die Elster ist an vielen Stellen übergelaufen, ist über die Ufer getreten. Die Dämme sind weich, sie sind zwar standfest geblieben, es ist kein Damm weggerutscht. Aber es ist hätte nicht wesentlich länger dauern dürfen.“

So sah es an der Schwarzen Elster noch Ende November aus. Dieses Mal ist die Region noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Obwohl die Deiche marode sind, blieb die große Katastrophe aus.

Das Problem der Schwarzen Elster ist: Der Fluss hat keine natürlichen Überflutungsflächen mehr. Denn vor 150 Jahren wurde er in ein enges Flussbett gezwängt. Aus den Sumpflandschaften hinter den Deichen wurden Äcker und die Grubenwässer aus dem Bergbau mussten schnell abgepumpt werden.

Thomas Avermann, Landesumweltamt Brandenburg
„Die Schwarze Elster hat zu 97 Prozent, und das ist wirklich eine sehr erschreckende Zahl, zu 97 Prozent ihre frühere natürliche Aue verloren. Sie ist sehr stark kanalisiert und daraus erwachsen letzten Endes auch die Probleme, die wir haben.“

Deshalb soll dem Fluss wieder mehr Raum gegeben werden. Das Landesumweltamt plant Überflutungsflächen, um das Wasser im Katastrophenfall abzuleiten. Eine Idee, die auch vielen Menschen vor Ort einleuchtet. Im letzten Jahr gründete Bürgermeister Claus die Arbeitsgemeinschaft Schwarze Elster und unterstützt damit das Projekt zum vorbeugenden Hochwasserschutz.

Andreas Claus (parteilos), Bürgermeister Uebigau-Wahrenbrück
„Wie kriegen wir das hin, dass die Wasserstände möglichst auf einem kontrollierbaren Niveau gehalten werden, dadurch dass eben Wasser von den Flüssen auch in der Fläche bleiben kann?“

Doch diese Flächen bewirtschaften derzeit die Landwirte. Und wenn sie ihre Äcker und Weiden zur Überflutung freigegeben, bedeutet das für sie Einkommensverluste. In Plessa ist Kerstin Hennig von der Agrargenossenschaft Elstertal nicht begeistert von dem Vorhaben. Hier standen die Felder durch die Flut seit Monaten unter Wasser. Hochwasserschutz hin oder her: Ohne Gegenleistung wollen die Bauern auf ihre Flächen nicht verzichten.

Kerstin Hennig, Agrargenossenschaft Elstertal
„Wenn wir dafür unsere Flächen hergeben, muss auch in irgendeiner Weise ein Entschädigung dafür gezahlt werden.“
KLARTEXT
„Und die wird nicht gezahlt, wird darüber nicht gesprochen?“
Kerstin Hennig, Agrargenossenschaft Elstertal
„Bisher halten sich alle Stellen bedeckt, es wurden noch keine konkreten Zahlen gesagt, welche Entschädigungen gezahlt werden, ob Entschädigungen gezahlt werden.“

Doch es stimmt nicht, dass die Bauern leer ausgehen. Bei ähnlichen Projekten an Elbe und Oder gab es Entschädigungen für die Landwirte. Die grüne Opposition im Landtag vermutet daher, dass die Bauern mit ihrem Gegenwind die Preise hochtreiben wollen.

Axel Vogel (Bü90/Grüne), Fraktionsvorsitzender
„Natürlich gehört Handeln auch zum Geschäft und wenn ich vorher ganz laut quietsche, dann habe natürlich auch eine größere Möglichkeit oder denke ich eine größere Möglichkeit zu haben, mehr raus zu schlagen. Das wäre aber sehr unfein, muss ich sagen. Es geht ja am Ende darum: Werden Ortskerne überflutet oder werden ab und zu mal Wiesen befeuchtet?“

KLARTEXT
„Was erwarten Sie denn an Entschädigung?“
Kerstin Hennig, Agrargenossenschaft Elstertal
„Nein, da möchte ich mich nicht festlegen. Ich könnte jetzt irgendeine Summe nennen. Da stehen wir aber morgen wieder in der Zeitung. Wie unverschämt die Bauern sind, was die für Gelder haben wollen.“

Wie viel das Land für eine Entschädigung ausgeben will, steht bis heute allerdings nicht fest.

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„Die Bauern dort sind eigentlich da ziemlich verärgert, dass es keine konkreten Aussagen von Landesseite gibt.Warum gibt es die nicht?“
Thomas Avermann, Landesumweltamt Brandenburg
„Also, es ist richtig, es gibt im Moment keine konkreten Regelungen für Entschädigungszahlungen. Aber es gibt ja auch noch keine so konkreten Planungen.“

Noch keine konkreten Planungen - Die EU verlangt Konzepte zum Hochwasserschutz bis zum Jahr 2015. Und diese Frist will das Land wohl voll ausnutzen. Doch erst dann können die Verhandlungen mit den Bauern beginnen. Es kann also noch viele Jahre dauern bis das Projekt in die Tat umgesetzt wird. Obwohl immer häufiger mit dramatischen Fluten in Brandenburg gerechnet wird.

Andreas Claus (parteilos), Bürgermeister Uebigau-Wahrenbrück
„Es muss in der Gesellschaft diskutiert werden, das Thema: Was ist uns wichtiger oder
haben wir noch die Mittel zur Verfügung, jedes Jahr etliche Millionen Euro auszugeben für die Beseitigung von Schäden oder ist es uns wichtiger, Sicherheit zu bekommen, einen vorsorgenden Hochwasserschutz zu betreiben und damit natürlich auch Ressourcen zu sparen?“

Doch die Landesregierung scheint lieber abzuwarten bis die EU in fünf Jahren Fördermittel für die Entschädigungen bereitstellt. Bis dahin nimmt sie Zerstörungen durch Hochwasser in Kauf. Die nächste Flut könnte schon im Frühjahr drohen, wenn der Schnee schmilzt. Bürgermeister Andreas Claus kann auch dann nur hoffen, dass die Deiche weiter stand halten



Autorin: Ute Barthel