Ein Mann vorm Tablet, aufgerufen hat er eine Webseite zum Möbelshopping (Quelle: imago images/Levine-Roberts)
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Wohnen | Dossier| Lesedauer etwa 7 Minuten - Möbel kaufen: Gehen Sie im Netz nicht ins Netz

Hochwertige Möbel im Internet erkennen - das ist nicht gerade leicht. Wie der Online-Möbelkauf besser klappen kann, klärt SUPER.MARKT.

Die Zahlen für Möbelverkäufe im Netz sind - nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie - in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Setzte der Onlinehandel mit Möbeln 2017 noch 5,4 Milliarden Euro in Deutschland um, waren es 2020 schon 6,7 Milliarden Euro - sie erinnern sich, das waren die Pandemiemonate, in denen wir es alle zu Hause hübsch haben wollten. Für 2023 erwarten Fachleute einen Anstieg auf 8,4 Milliarden Euro (Quelle: Statista.de).

 
Aber wie macht man das, online Möbel kaufen? Denn was auf einem Foto hübsch aussieht, ist ja noch lange nicht qualitativ hochwertig. Und wo ich mich beim stationären Händler draufsetzen oder drunterkriechen kann, bleibt mir im Netz nur die Hoffnung auf halbwegs ehrliche Bewertungen anderer User.
 
Damit Sie sich keinen Ramsch ins Haus holen, gilt es also, ein paar Tricks zu beachten. Das Wichtigste zuerst: "Am Ende zählt die Frage: Gefällt es mir oder nicht?" So sagt es Heiner Strack. Der Referent beim Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) hat uns ein paar Hilfestellungen für den Onlinekauf von Möbeln an die Hand gegeben.

"Gefällt es mir oder nicht?"

Mit am Wichtigsten: Wie Ihnen ein Möbel wirklich gefällt, ob es sich gut drauf sitzen lässt, ob die Schubladen leichtgängig sind, sich die Holzoberfläche der Küchenzeile gut anfühlt, das entscheidet sich erst, wenn sie darauf sitzen, es benutzen, es anfassen. Da hilft kein Siegel und keine Bewertung im Internet. Daher sollten Sie beim Kauf darauf achten, dass die Rückgabemöglichkeiten für das Möbel kulant sind, bzw. bestenfalls so, dass Ihnen genug Möglichkeiten zum Ausprobieren gegeben werden. Und schauen Sie nach, was Sie eine etwaige Rücksendung des Möbels kostet - hier gibt es massive Unterschiede.

Die Siegel-Frage

Aber natürlich kann es nicht darum gehen, online ein Möbel zu kaufen, um es dann wieder zurückzusenden. Lieber sollte das Stück ein unverzichtbarer Teil Ihrer Einrichtung werden. Darum rät Strack, eben doch auf die Siegel zu achten. Aber schauen Sie auch darauf, wer die Siegel vergibt. Und bei Tests: Wer hat die gemacht?
 
Der Blaue Engel als Umweltzeichen und das Goldene M, eines davon sollte bei Holz- und Holzwerkstoffmöbeln gegeben sein, rät der Experte. "Das sagt zwar nicht zwingend, dass alle Möbel, die das nicht haben, schlecht sind. Aber für Verbraucher ist das Goldene M sicherlich ein recht umfängliches Merkmal." Wenn ein Möbel das Goldene M der Deutschen Gütergemeinschaft Möbel erhält, muss es alle Anforderungen der RAL GZ 430 erfüllen: Geprüft werden unter anderem Haltbarkeit und Stabilität, Farb- und Lichtechtheit, Fertigungsqualität und - ganz wichtig - Schadstoffe. Die Anforderungen decken in der Regel alle handelsüblichen Möbelarten ab.
 
Außerdem werden die Hersteller bei regelmäßigen Werks- und Produktprüfungen durch unabhängige Institute geprüft.
 
Wer beim Kauf Wert auf Nachhaltigkeit legt - also etwa auf eine verantwortungsvolle Forstwirtschaft - achtet auf das FSC bzw. das PEFC Siegel. Und natürlich, so Strack, müssen EU- oder Bundesrichtlinien eingehalten werden, etwa was Formaldehyd angeht.

Interessante Details - gut versteckt

Stracks nächster Tipp lautet: "Achten Sie genau auf Begrifflichkeiten". Denn gerade in den technisch anmutenden Produktbeschreibungen verstecken sich interessante Details.
 
Etwa wenn von Massivholz oder Vollholz die Rede ist: "Wer sein Produkt so nennt, sollte wissen, dass es dafür eine Norm, die DIN 68871 gibt. Da ist genau festgelegt, was wie sein muss. Bis auf Rückwand und Schubkastenboden müssen etwa alle Teile aus Massivholz der bezeichneten Holzart gebaut sein", so Strack.
 
"Die Verarbeitungsqualität eines Möbels lässt sich nicht daran festmachen, ob ein Möbel massiv ist oder aus Holzwerkstoffen, etwa Spanplatte", so Strack.

Verschiedene Holzarten (Quelle: picture alliance / dpa Themendienst | Peter Steffen)
Holz, Werkstoff, Oberfläche?

Bei Kauf sollten Sie also die Produktbeschreibung genauestens durchgehen - und notfalls nachfragen! Das geht bei vielen Seiten etwa via Chatfunktion, aber auch über Telefon-Hotlines oder E-Mail.
 
Material: Holzwerkstoffe, etwa Spanplatte oder MDF, oder Massivholz.
 
Holzart: "Generell lässt sich sagen, dass eine Laubholz-Oberfläche, etwa Eiche, Buche oder Nussbaum, strapazierfähiger ist als eine aus Nadelholz, beispielsweise Fichte, Tanne, Kiefer", so Strack.
 
Oberflächenbeschichtung: Wie ist eine Oberfläche beschichtet? Mit Lack, Öl oder Wachs? Oder sind Folien zum Einsatz gekommen? Alle Arten erfordern ein unterschiedliches Maß an Pflege - machen Sie sich also besser vorher schlau.
 
Schubläden: Hier gilt es, zwischen Teilauszug oder Vollauszug zu unterscheiden. Ihre Gewohnheiten sind wichtig: Bei Vollauszug sehen Sie den kompletten Inhalt der Schublade, bei Teilauszug eben nicht.

Kopf vor Gefühl

Ob man ein Produkt letztlich mag oder nicht - reine Gefühlssache, die sich nur schwer anhand von Datenblättern im Voraus bestimmen lässt. "Wenn ich vor dem Möbel stehe, dann erschließen sich mir andere Dinge, als wenn ich am PC sitze", weiß der Fachmann. Dennoch setzen immer mehr große Möbelversender darauf, diese Emotionen online erlebbar zu machen, mit zum Teil aufwändigen Inszenierungen im Web zum Beispiel.
 
Am Ende des Tages gilt etwa für Polstermöbel: "Drauf sitzen muss man selber", so Strack. Nehmen Sie also alle Informationen, die Sie im Vorfeld bekommen können, um eine möglichst hohe Treffsicherheit zu erzielen - und hoffen Sie darauf, dass Ihr Gefühle am Ende mitspielen.

Vor dem Kauf

Bevor Sie sich online auf die Suche nach dem perfekten Möbel machen, sollten Sie folgendes genau beachten und hinsichtlich des Möbelkaufs bedenken:
 
1. Wie viel Platz hat das neue Möbel? Was sind die genauen Höchstmaße? Und bedenken Sie: Die in der Regel angegebenen Außenmaße entsprechen nicht immer den Funktionsmaßen, also dem, was Sie später etwa als Stauraum nutzen können.
 
2. Steht es in der Sonne? In Fensternähe kann sich die Farbigkeit des Materials durch die UV-Strahlung stärker verändern.
 
3. Wie soll sich die Oberfläche anfühlen? Sowohl bei Bezugsstoffen von Polstern als auch bei Oberflächen anderer Möbel ist diese Frage wichtig.
 
4. Wie groß und wie schwer sind Sie? Bei Sitzmöbeln geht es vor allem um die Bequemlichkeit - um Ihre Bequemlichkeit! Suchen Sie also das für Sie passende Möbel. Gegebenenfalls finden Sie Angaben zur Maximalbelastung.
 
5. Haben Sie Beeinträchtigungen, die die Handhabung bestimmter Möbel erschweren könnten?

Und die Sicherheit?

Auch bei Möbelshops im Internet tummeln sich schwarze Schafe - oder sogar Abzocker. Aber wer will sich schon auf ein Sofa freuen und am Ende nur Ärger bekommen? Schauen Sie deshalb genau hin, wo Sie etwas kaufen, und besuchen Sie immer mehrere Shops - schon alleine, um Angebot und Preise zu vergleichen. Mit folgenden Tipps kaufen Sie sicher:

  • Hat die Seite ein seriöses Impressum?
  • Gibt es eine direkte Kontaktmöglichkeit? Rufen Sie an oder mailen Sie!
  • Werden Alternativen zur Vorkasse-Zahlung angeboten? Auf Rechnung ist es für Sie natürlich am sichersten. Aber etwa auch der Bankeinzug oder Paypal-Transfer sind bessere Optionen als Vorkasse: Hier können Sie das Geld bei Problemen einfacher zurückfordern, als bei einer Überweisung.
  • Gibt es auf anderen Webseiten als der Händlerseite gute Nutzerbewertungen des Unternehmens? Suchen Sie über Google und auch weitere Suchmaschinen.
  • Werfen Sie einen Blick auf vermeintliche Gütesiegel, die auf der Seite angegeben oder abgebildet sind. Lassen diese sich klicken und führt der Link wirklich zu der Seite des Siegelanbieters?