Informationstafel der Detuschen Bahn mit Verspätungen auf dem Hauptbahnhof Berlin (Quelle: IMAGO / Rolf Kremming)
Bild: IMAGO / Rolf Kremming

Fr 15.09.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Reisepünktlichkeit: Deutsche Bahn kommt immer später

Das marode Schienenetz und mehr Bedarf an Zugreisen sorgen für immer mehr Verspätungen.

Wer in den letzten Monaten mit der Deutschen Bahn gereist ist, kam wahrscheinlich öfter mal zu spät am Zielbahnhof an. Dass das nicht nur eine gefühlte Wahrheit, sondern Fakt ist, zeigt jetzt eine Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro, die der Deutschen Presseagentur vorliegt.
 
Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn hat 2022 für seine Bahnfahrt mindestens 15 Minuten länger gebraucht. Nur 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an. Damit hat sich die "Reisepünktlichkeit" im Vergleich von 2021 zu 2022 um zehn Prozent verschlechtert. 2017 waren es noch gut 86 Prozent der Fahrgäste, die mit weniger als 15 Minuten Verspätung ihr Ziel erreichten.

Viele belastungsbedingte Verspätungen

Schon seit Monaten steht die Bahn wegen Unpünktlichkeit in der Kritik. Viele Baustellen haben den Verkehr 2022 beeinträchtigt. Denn die Infrastruktur der Bahn gilt als marode - sie wurde in den letzten Jahren kaum saniert. Zusätzlich stieg aber der Bedarf an Zugverkehr, allerdings gibt es wenig Kapazitäten für zusätzliche Züge auf den Strecken.
 
Gerade letzteres hat sich stark auf die Pünktlichkeit der Bahn ausgewirkt, wie aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums hervorgeht. 60,9 Prozent der "Verspätungsereignisse" zwischen Januar und Juli 2023 lassen sich auf "belastungsbedingte Verspätungen" zurückführen. 2015 waren es noch 46,4 Prozent. Zu dieser Art der Verspätungen gehören insbesondere Zugfolgekonflikte. Da in den Neunziger Jahren viele Schienen und Weichen von der Bahn abgebaut wurden, können sich die Züge an vielen Stellen nicht überholen.

Marodes Schienennetz hauptsächlich verantworlich

"Die vielen betroffenen Fahrgäste leiden also unter einer Infrastruktur, die eine zunehmende Zahl an Zügen nicht mehr bewältigen kann", sagte Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der Deutschen Presseagentur. "Angebotssteigerungen sind aktuell nur noch begrenzt möglich. Gerade im Nah- und Personenverkehr können bessere Angebote erst dann kommen, wenn zusätzliche Infrastruktur fertiggestellt wird", sagte Gastel. Es liege im Interesse der Fahrgäste, dass nicht nur mehr saniert und ausgebaut, sondern auch neu gebaut werde.
 
Und tatsächlich: Die Bahn plant für die nächsten Jahre zahlreiche Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken. Dadurch soll die Pünktlichkeit verbessert und gleichzeitig durch neuere Bahntechnik die Kapazität des Netzes erhöht werden. Der Ausbau des Streckennetzes spielt zunächst eine untergeordnete Rolle.

Hintergrund

Monatlich wird von der Bahn veröffentlicht, wie viele Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung erreicht wurden - im August waren es 63,4 Prozent im Fernverkehr. Wie oft deswegen Anschlüsse verpasst wurden oder Züge komplett ausgefallen sind, lässt sich daraus allerdings nicht schließen. Die Auswertung der Reisendenpünktlichkeit kommt daher dem tatsächlichen Reisegefühl der Fahrgäste näher, weil auch ein verpasster Anschluss die Statistik beeinflusst. Sie wird ebenfalls von der Bahn erfasst, aber nicht regelmäßig veröffentlicht.

Ein Beitrag mit Material von Dpa.