Pflanzkübel mit Erden, Pflänzchen und roter Schippe (Quelle: imago images/CHROMORANGE)
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Freizeit | Interview | Lesedauer etwa 5 Minuten - Substrate: Willkommen im Erdreich!

Erde ist nicht gleich Erde, und eigentlich sind's eh Substrate. Im Interview erklären Diplomgartenbauingenieurin Sigrun Witt & Gärtnerin Lea Reininger, wie wir gute erkennen.

Jeder Sack sieht gleich aus - wie soll man da im Pflanzencenter ausmachen, welche Erde wirklich gut ist? Und was ist das überhaupt, eine gute Erde? Fragen, mit denen sich alle Hobbygärtnerinnen und -gärtner irgendwann befassen müssen. Zwei, die es beruflich und gerne tun sind die Gärtnerin Lea Reininger und die Diplomgartenbauingenieurin (FH) Sigrun Witt, Leiterin der Lehr- und Forschungsstation Gartenbauwissenschaften des Albrecht Daniel Thaer-Institus (Humboldt Universität Berlin). Im Interview erklären sie, wie Erde riechen muss, warum ein nasser Sack kein guter Sack ist - und was es mit den Brandenburger Böden auf sich hat.

SUPER.MARKT: Ich stehe im Pflanzenmarkt und kenne mich nicht aus. Woran erkenne ich eine gute Erde?

Sigrun Witt: Erst einmal befühlen Sie den Sack. Ich würde nicht kaufen, wenn der Sack quietschnass ist. Dann ist durch lange Lagerung im Freien das Material verregnet und dadurch ist die Erde darin schon länger nicht ausreichend belüftet worden - das kann also in der Folie direkt vor sich hinmodern. Das wollen Sie nicht. Idealerweise lässt sich der Sack leicht zusammendrücken und Sie können das Substrat darin locker bewegen.
 
Schauen Sie dann noch auf die Erdzusammensetzung, die müsste auf die Folie aufgedruckt sein, z.B. Düngergehalt, Zuschlagstoffe: Stimmen Zusammensetzung und pH-Wert für Ihre Anforderungen?
 
Nehmen Sie auch immer erstmal nur einen Sack mit nach Hause und schauen sie sich das Substrat genau an: Teilweise kann ich die Qualität schon am Geruch erkennen. Es darf nicht faulig riechen und auch nicht chemisch, sondern einfach würzig. Wie ein Herbsttag im Wald. Dann kneten Sie vor der weiteren Verwendung das Substrat ordentlich durch - dabei fühlen Sie schon, ob die Erde zu trocken oder zu nass ist. Gröbere Klumpen werden so auch gleich zerkleinert.

Blumenerde, Pflanzerde, Universalerde. Was ist was?

Witt: Da würden sich zum Teil Laboruntersuchungen lohnen! Ob sich da wirklich großartig was unterscheidet? Ob Blumenerde, Substrat, Pflanzerde, Graberde - alles ist im Gegensatz zum natürlich gewachsenen Gartenboden ein industriell hergestelltes Mischprodukt - auch wenn die Zutaten natürlichen Ursprungs sind: Grünschnitt oder Abfälle aus Biotonnen werden kompostiert, mit Sand, evtl. Torf, immer häufiger Torfersatzstoffen oder, je nach Verwendungszweck, mit Blähton, Perlite sowie organischen oder mineralischen Düngern vermengt.
 
Diese Erden müssen strukturstabil sein, müssen Wasser und Nährstoffe aufnehmen, speichern und bei Bedarf wieder abgeben können.
 
Wichtiger ist im Grunde, dass man weiß, was die Pflanzen, die da drin wachsen sollen, für Ansprüche haben. Was für Eigenschaften soll das Substrat also haben.
 
Einfach gesagt: Je größer und "gröber" die Pflanze, desto gröber kann auch die Struktur der Erde sein. Für Jungpflanzen mit ihren feinen Würzelchen nehme ich eine feinere Erde, zum Beispiel Anzuchterde. Für Stauden und Gehölze darf es gröber sein, also Containersubstrat. Aber auch der richtige pH-Wert spielt eine Rolle. Braucht die Pflanze eher eine saure Erde oder nicht? Beispielsweise Rhododendren, Eriken oder Heidelbeeren benötigen eher Moorbeeterde, die liefert einen niedrigen pH-Wert um 5,0 bis 5,5. Und dann setzt man folgerichtig Pflanzen mit ähnlichen Bedürfnissen in einen Kübel oder auf einen Beetbereich.

Muss eine gute Erde teuer sein?

Witt: Das ist schwer zu beantworten, weil man nicht sagen kann, der Preis macht die Qualität. Am Preis kann man erst einmal gar nichts erkennen. Deshalb immer erst den Testsack kaufen, wie gerade beschrieben. Macht das Produkt einen guten Eindruck, dann kaufen wir von der Erde gerne noch mehr. Die wird dann ordentlich durchgeknetet, das ist wirklich wichtig nach der langen Lagerung.

Warum sind Spezialerden so viel teurer?

Witt: Das sind nicht unbedingt nur die Inhaltsstoffe, die so viel mehr wert sind. Ich würde eher davon ausgehen, dass die Produktion kleinerer Mengen einfach aufwendiger und dadurch auch teurer ist - und das wird an die Kundinnen und Kunden weitergegeben. Denn diese Spezialerden werden ja nicht in solchen Massen verkauft, wie die normale Blumenerde, es werden ja zum Beispiel auch kleinere Verpackungen benötigt.
 
Statt viele Extraerden zu kaufen, lässt sich auch selbst etwas anmischen, etwa mit einer Portion extra Kies oder Sand für durchlässige Böden. Oder das Substrat wird noch mit Kompost oder angerottetem Mulch angereichert - je nach Bedarf der Pflanzen, die dort hinein sollen.
 
Reste der Erde immer gut abdecken oder Säcke locker verschließen, so dass sie nicht austrocknet - denn sonst ist damit später nicht mehr viel anzufangen.
 
Werden Spezialerden Zusätze wie Algenmehl oder Agrosil, Mykorrhiza-Pilze oder Depotdünger zugesetzt, erklärt das natürlich auch den höheren Preis.

Gibt es eigentlich klimaresistente Substrate?

Witt: Klimaresistente Substrate selbst gibt es nicht, aber ich kann den Klimabedingungen entsprechend die Zusammensetzung der Böden verbessern und damit zum Beispiel besser gegen schnelle Austrocknung wirken, etwa durch beigefügte sogenannte Bodenhilfsstoffe. Die kann man in die Erde einbringen, um die hiesigen Böden zu unterstützen. Es fehlt ja vor allem an Tonanteilen in Brandenburger Böden, die kann ich hinzufügen. Das ist wichtig, um die Bindefähigkeit und Verklebeeigenschaften zu verbessern. Viele denken, wenn ich mit genug Humus durch Komposteintrag arbeite, dann wird mein Boden super. Aber der Humus allein bringt nichts. Erst durch die Zugabe von Ton-Gesteinsmehl, sogenanntem Bentonit, können die Nährstoffe des Humus und damit auch Nährstoffe und Wasser in den oberen Bödenschichten gespeichert werden. Gebe ich nur Humus zu meiner Erde, wird alles beim nächsten Regen einfach durch die sandigen Böden in die Tiefe gespült, wo meine Pflanzen nicht mehr rankommen.
 
Diese Tonmineralien des Bentonit werden je nach Bedarf in den Boden eingearbeitet, dabei kommen 100 bis 200 Gramm auf einen Quadratmeter. Oder man arbeitet es direkt bei der Kompostierung schon mit ein.
 
Das ist aber keine Einmalsache: Es gilt, das Bentonit plus Humus als permanente Bodenverbesserung hinzuzufügen.

Letzte Frage: Wie kann ich natürlich düngen?

Lea Reininger: Nehmen Sie Mist! Kaninchenmist von ihrem Hauskaninchen kann etwa eingearbeitet werden, aber auch Hühnermist oder Meerschweinchenkot. Sogar Hundehaufen sind brauchbar. Dafür ist aber wichtig, dass der Kot in jedem Fall gut verrottet ist, also auf die vorherige Kompostierung achten. Und dann sollte dieser so angereicherte Humus draußen verarbeitet werden, nicht in der Wohnung. Man kann ja auch zum Beispiel Rinderdung- oder Pferdemistpellets im Handel kaufen - sowas würden wir einem chemischen Dünger vorziehen. Hornspäne sind ebenso empfehlenswert. Vorteil: Sie werden allmählich durch Bodenorganismen abgebaut und liefern über längere Zeit Nährstoffe.
 
Zuletzt ist auch Kaffeesatz immer ein guter Zusatzstoff für Pflanzerde. Einfach esslöffelweise hinzufügen.

Ein Interview von Hannah Demtröder, 28.02.2024.