Ein Finger weist auf die Logos der Amazon- bzw. der Facebook-App auf einem iPad (Quelle: imago images/Hans Lucas)
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Multimedia | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Social Shopping: Amazon-Einkauf in der Facebook-App

Meta öffnet seine Apps von Facebook und Instagram für Amazon. Damit sollen Userinnen und User bald direkt in den Apps beim Handelsriesen shoppen können.

Wisch wisch wisch, kauf, wisch wisch wisch, kauf - so hört es sich an, wenn Nutzerinnen und Nutzer demnächst direkt in der Facebook- oder Instagram-App bei Amazon shoppen, so ganz nebenbei, versteht sich.
 
Der Mega-Deal der beiden Netz-Riesen Amazon und Meta (die Mutter von Facebook und Instagram) sieht vor, dass User:innen nach einer Bestätigung der Shopping-Koop und einer Verknüpfung der beiden Konten bestimmte Produkte direkt in der Facebook- bzw. der Instagram-App kaufen können. Eine Meta-Sprecherin sagte gegenüber dem US-Techportal Techchrunch, die Kund:nnen würden "Echtzeit-Preise, Prime-Berechtigungen, Lieferschätzungen und Produktdetails auf ausgewählten Amazon-Produktanzeigen auf Facebook und Instagram sehen". Mit einem Wisch ist der Einkauf erledigt - ein "Ausflug" auf die Amazon-Website oder in die App ist nicht mehr notwendig.
 
Auch mit den Apps von Pinterest und Snapchat hat Amazon solche Kooperationen. Allerdings nicht in der EU - diese Kooperationen sind aktuell vor allem auf den US-Markt zugeschnitten. Ein Grund für die Zurückhaltung auf dem hiesigen Markt: Die irische Datenschutzkommission hat Meta zuletzt die Verwendung gezielter Werbung auf seinen Social-Media-Plattformen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum untersagt.

Die Vorteile für beide Seiten

Amazon hat in der Vergangenheit versucht, Social-Media-ähnliche Anwendungen in sein Shoppingportal zu integrieren. Zuletzt launchte das Unternehmen den Dienst "Inspire", der Shopping-Empfehlungen geben soll - angetrieben durch den Erfolg von TikTok, der chinesischen Social-Media-Plattform, die vielfach Shoppingtipps gibt und unter anderem in den USA mit "TikTok-Shop" jetzt auch selbst Verkäufe antreibt. Aber auch die extrem erfolgreiche Shopppingseite Temu, ebenfalls ein chinesisches Unternehmen - spielt mit Social-Elementen und dürfte Amazon unter Druck setzen. Der Shoppingriese will sich also mit der Meta-Koop vor die Rivalen setzen und nun selbst tonangebend in den sozialen Shoppingkanälen werden.
 
Für Meta bedeutet der Deal, dass Zielgruppen besser erkannt werden und Anzeigen optimal geschaltet werden könnten. Es ist zu erwarten, dass dadurch Werbetreibende mehr Verkäufe durch Facebook erzielen - was im Endeffekt ein Plus an Werbeeinnahmen mit sich bringt. So beschrieb es zumindest Maurice Rahmey, der mit seinem Unternehmen Disruptive Digital unter anderen für Meta arbeitet. Er war der erste, der Details des Deals im Internet bekannt gab.

Keine Chance in Deutschland und der EU?

Für Deutschland und den EU-Markt ist eine solche Kooperation wie oben schon angedeutet, aktuell schwer vorstellbar.
 
Michael Will, Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht und damit zuständig für Datenschutzfragen in Sachen Amazon, sieht dies allerdings mehr im Wettbewerbsrecht begründet, weniger im Datenschutzrecht. Es müsste sich zeigen, ob eine solche Kooperation mit den Anforderungen des gerade zur Begrenzung der Marktmacht großer Plattformen neu geschaffenen europäischen Digitalen-Dienste-Gesetzes (Digital Service Act) bzw. anderen wettbewerbsrechtlichen Regelungen vereinbar sei.
 
Die Europäische Datenschutzgrundverordnung würde eine solche Kooperation wie die zwischen Meta und Amazon nicht ausschließen, findet auch Eva Zimmermann, Pressesprecherin des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Der Fall Meta fällt in den Verantwortungsbereich der Hamburger Behörde. Die Verbindung zwischen einem Nutzerkonto bei Meta und einem bei Amazon sei unter den Vorgaben der Europäischen Datenschutzgrundverordnung mit einer vorherigen wirksamen Einwilligung der Betroffenen zulässig, sagt sie gegenüber SUPER.MARKT.
 
Eine wirksame Einwilligung ist eine Einwilligung, die unter anderem informiert erfolgen muss, das heißt, "die Betroffenen müssen den Umfang der Verarbeitung und die Folgen ihrer Zustimmung klar erkennen können", die Einwilligung muss darüber hinaus jederzeit widerrufbar sein. "Der Umfang des Datenaustauschs zwischen den Anbietern muss für die Nutzer:innen nachvollziehbar und auf die von der Einwilligung umfassten Zwecke beschränkt sein", so Zimmermann.
 
Florian Glatzner, Referent für Digitales bei Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), glaubt trotzdem nicht, dass Meta diese Kooperation bald in Europa ausrollen wird. Es sei doch so, "dass insbesondere Meta es bereits jetzt offensichtlich nicht schafft, seine bisherigen Angebote konform mit dem EU-Datenschutzrecht zu gestalten. Insofern kann man auch skeptisch sein, ob ihnen dies bei dem neuen Angebot gelingen würde", so Glatzner auf SUPER.MARKT-Anfrage.
 
Auf die Frage, was die Verknüpfung des Facebook- mit dem Amazon-Accounts für Folgen für die User:innen hätte - gerade im Hinblick auf den Datenschutz, äußern sich sowohl Will als auch Zimmermann und Glatzner kritisch.
 
Meta erhielte in einer solchen Konstellation zusätzliche Daten aus dem Amazon-Kosmos. Das Unternehmen "macht die Betroffenen dadurch noch transparenter und damit zu einem begehrteren Ziel für passgenaue Werbe- oder auch politische Botschaften. Die bereits jetzt kaum überschaubare Verarbeitung der personenbezogenen Daten durch Meta würde dadurch noch schwerer durchschaubar", erklärt Eva Zimmermann. "Der Zugang zu "neutralen und objektiven Produktinformationen" könne laut Datenschützer Michael Will weiter erschwert werden.
 
"Besonders pikant wäre es etwa, wenn Meta Informationen über tatsächliche Käufe erhalten würde. Allgemein können solche Profile genutzt werden, um gezielt Schwächen der Verbraucher:innen auszunutzen - beispielsweise indem Menschen, die in der Vergangenheit auffällig oft alkoholische Getränke gekauft haben, vermehrt auch entsprechende Werbung angezeigt wird", erläutert Glatzner. Für diesen konkreten Fall ließen sich die Auswirkungen derzeit allerdings noch nicht abschätzen.

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