Mo 25.09.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Betreuungsrecht: Selbstbestimmung im Vordergrund

Gut 1,25 Millionen Menschen in Deutschland werden gesetzlich betreut. Anfang 2023 gab es eine große Reform des Gesetzes. Was heißt das für die Betreuten?

Die gesetzliche Betreuung soll das Leben der Betreuten leichter machen: Wer seine Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln kann, bekommt Hilfe von einem gesetzlichen Betreuer, den ein Gericht bestellt hat. Damit das Verhältnis zwischen Betreutem und Betreuendem nicht in Schieflage gerät, gibt es seit Anfag 2023 neue Regeln (Bundesministerium der Justiz). Es ist die erste große Reform seit Einführung des Betreuungsrechts im Jahr 1992. Für die rund 1,25 Millionen Betreuten in Deutschland heißt das vor allem, dass ihr Recht auf Selbstbestimmung gestärkt wird. Die gesetzlich verpflichteten Betreuenden müssen den Willen des Betreuten im Blick haben.

Das sind die größten Änderungen im Betreuungsrecht

Zum 1. Januar 2023 trat das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft. Oberstes Ziel der Reform: größtmögliche Selbstbestimmung der betroffenen Person. Eine Betreuung soll daher erst eingesetzt werden, wenn es ohne diese wirklich nicht mehr geht.
 
Deshalb muss die betroffene Person nun auch vor Gericht angehört werden; ihre Wünsche müssen stets im Mittelpunkt des Verfahrens stehen - so zum Beispiel auch bei der Auswahl des Betreuers oder der Betreuerin.
 
Betreuende haben demnach die Angelegenheiten der betreuten Personen so wahrzunehmen, dass diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihr Leben nach ihren Wünschen gestalten können. Kann sich jemand nicht mehr zu seinen Wünschen äußern, darf der Betreuer oder die Betreuerin nicht einfach entscheiden, was er oder sie für die betreute Person als besser erachtet. Stattdessen muss die betreuende Person den mutmaß­lichen Willen des Betreuten umsetzen.
 
Die Betreuenden werden in dem Zuge auch stärker kontrolliert. Ab jetzt gibt es beispielsweise Mindeststandards für den Zugang zum Betreuerberuf: Berufsbetreuer und -betreuerinnen müssen sich bei einer Betreuungsbehörde registrieren und ihre Fachkenntnisse nachweisen, also etwa in Betreuungs-, Sozial- und Verfahrensrecht. Personen, die die Betreuung als Ehrenamt ausführen, sollen sich bei einem Betreuungsverein registrieren und regelmäßig fortbilden lassen.
 
Auch müssen Betreuende die von ihnen betreute Person regelmäßig besuchen und das gerichtlich melden. Ebenfalls gelten strengere Nachweispflichten, etwa im Umgang mit dem Vermögen der betreuten Person.

Was ist eine gesetzliche Betreuung?

Eine gesetzliche Betreuung kann dann eingesetzt werden, wenn ein Mensch sein Leben nicht mehr selbst regeln kann. Sei es zum Beispiel, dass es finanziell vorne und hinten nicht klappt - oder die Person es nicht schafft, Arzttermine auszumachen und wahrzunehmen.
 
So gibt es die Betreuung auch für verschiedene Bereiche, von der Gesundheitsfürsorge über das Aufenthaltsbestimmungrecht, von Behördenangelegenheiten bis zur Vermögensverwaltung. Das Gericht legt fest, für welchen Bereiche oder für welche Bereiche Hilfe benötigt wird.
 
Dabei ist eine gesetzliche Betreuung auf Zeit angelegt. Nach spätestens sieben Jahren muss das Gericht prüfen, ob sie noch nötig ist. Auch vor Ablauf der sieben Jahre kann die betreute Person das Gericht um eine Neuprüfung bitten - dies ist eine weitere Änderung, die seit diesem Jahr gilt.
 
Die betreuende Person kann jemand aus dem Umfeld des Betreuten sein, also etwa die Partnerin oder der Partner oder ein erwachsenes Kind. Das neue Gesetz schreibt hier vor, dass "familiäre Beziehungen" und "persönliche Bindungen sowie die Gefahr von Interes­sens­konflikten zu berück­sichtigen" sind. Abseits davon gibt es ehrenamtliche Betreuer:innen und Berufsbetreuer:innen.