Ein Plakat für das E-Rezept vor einer Apotheke (Quelle: IMAGO / Cord)
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Do 29.06.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Medikamente: mit E-Rezept zur Apotheke

Schluss mit der Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen? Ab 1. Juli sollen wir statt eines rosa Zettels ein E-Rezept bekommen.

Tschüss, rosa Rezeptzettel! Die sollen im Gesundheitswesen künftig zur Ausnahme werden. Denn glaubt man den Worten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), ist das
elektronische Rezept endlich alltagstauglich. Das heißt allerdings nicht, dass es im Alltag auch wirklich funktioniert. Denn offenbar sind die Arztpraxen darauf nicht gut vorbereitet.

Start im Juli

Elektronische Rezepte sollen nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bald möglichst überall möglich sein. "Das E-Rezept ist endlich alltagstauglich", sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er kündigte an: "Zum 1. Juli 2023 können Patienten das erste Mal das E-Rezept in den Apotheken ganz einfach mit ihrer Versichertenkarte abrufen. Bis Ende Juli werden voraussichtlich schon 80 Prozent der Apotheken in Deutschland an das System angeschlossen sein." Die Kassenärztliche Bundesvereinigung warnte vor falschen Erwartungen.
 
Lauterbach erläuterte: "Wenn die Patienten ihre Versichertenkarte in den Apotheken in die Lesegeräte einstecken, liegt das E-Rezept dann bereits in der Datenbank vor. Es geht jetzt mit der Digitalisierung los." Ein bundesweiter Start hatte sich mehrfach verzögert. Technisch können Patient:innen vorerst statt des gewohnten rosa Zettels einen Code für eine Smartphone-App bekommen, um Medikamente in Apotheken abzuholen. Möglich ist auch, einen Code ausgedruckt auf Papier zu bekommen.

Apotheken startklar, Arztpraxen nicht?

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung betonte, derzeit seien die Details noch unklar, wie das E-Rezept in Verbindung mit der elektronischen Gesundheitskarte eingelöst werden könne. Daher sei die Kommunikation seitens des Ministers "unglücklich", da der Eindruck erweckt werde, ab 1. Juli könne bundesweit in allen Arztpraxen das E-Rezept ausgestellt werden.
 
Für Berlin erklärte die Kassenärztliche Vereinigung am 4. Juli: Etwa die Hälfte der Praxen sei den Kenntnissen zufolge technisch nicht in der Lage, ein E-Rezept über die Versichertenkarte der Krankenkasse auszustellen. Demnach verfügen zahlreiche Praxisverwaltungssysteme noch nicht über die entsprechende Software.
 
Beim Deutschen Apothekerverband hieß es, alle Apotheken seien bereits seit 1. September 2022 an das E-Rezept-System angebunden und technisch in der Lage, E-Rezepte zu empfangen - ausgedruckt oder über die App. Auch bei dem vorgesehenen neuen Einlöseweg, bei dem man die Gesundheitskarte in der Apotheke in ein Lesegerät steckt, seien die Apotheken sehr weit. Innerhalb des Monats Juli würden voraussichtlich alle Apotheken dies anbieten können. Fraglich sei aber, ob die Ärzte diese neue, digitale Verordnungsvariante dann auch nutzen würden.

Auch Patientinnen und Patienten müssen sich ausstatten

Für Patientinnen und Patienten gibt es verschiedene Möglichkeiten, um das E-Rezept einzulösen. Am einfachsten geht es mit einem Smartphone: Über die E-Rezept-App der Gematik, die man sich kostenlos in den App-Stores herunterladen kann, können Patientinnen und Patienten Rezepte elektronisch empfangen und einlösen. Für die Anmeldung in der E-Rezept-App benötigen sie sowohl ihre elektronische Gesundheitskarte der neuesten Generation als auch eine dazugehörige PIN der Krankenkasse, die man eigens beantragen muss. Ob eine elektronische Gesundheitskarte eine sogenannte NFC-Funktion hat, erkennen Versicherte anhand des sechsstelligen Zahlencodes auf der oberen Vorderseite.

Vorteile dieser Digitalisierung

Wer die E-Rezept-App nutzt, kann vorab per Smartphone anfragen, ob die Wunsch-Apotheke geöffnet und das Medikament vorrätig hat und sich so etwa Wege ersparen. Bietet die Apotheke einen Botendienst an, kann das Rezept über die App bestellt werden. Bei Online-Apotheken muss zudem kein Originalrezept mehr verschickt werden. Das E-Rezept kann digital an die Versandapotheke übermittelt werden. Bieten Medizinerinnen und Mediziner Videosprechstunden an, kann das E-Rezept ebenfalls ohne Praxisbesuch in die App übermittelt werden.
 
Ein weiterer Vorteil ist: Wer schon ein Vorrezept hat und im gleichen Quartal ein Folgerezept benötigt, kann die Arztpraxis bitten, das Folgerezept über die App direkt auf das Smartphone zu übermitteln. Ein weiterer Arztbesuch entfällt auf diese Weise.

In vielen Fällen bleibt es beim Papier

Wer kein Smartphone oder keine elektronische Gesundheitskarte mit PIN hat, erhält einen Papier-Ausdruck über das E-Rezept. Er ist auch ohne händische Unterschrift des Arztes gültig und wird in der Apotheke gescannt.
 
Für Medikamente, die nicht rezeptpflichtig sind, stellen Ärztinnen und Ärzte weiter das grüne Papierrezept aus. Auch Rezepte für Betäubungsmittel werden derzeit noch nicht als E-Rezept ausgestellt.
 
Für Privatversicherte wird es vorerst weiterhin das blaue Rezept geben. Die Einführung des E-Rezepts ist aber auch hier angedacht.

Ab 2024 verpflichtend

Das E-Rezept ist ein wichtiger Baustein bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Es soll dazu beitragen, Abläufe in Praxen und Krankenhäusern zu verbessern, und dafür sorgen, dass die Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen beendet wird. Das E-Rezept soll zum 1. Januar 2024 verpflichtend werden.
 
Die Einführung des elektronischen Rezepts hatte sich zuletzt immer wieder verzögert - wegen Datenschutzbedenken und weil es technische Probleme bei Apotheken und Arztpraxen gab.

Ein Beitrag von swa mit Material von Dpa und Kna.