Ein Mann steht vor dem geschlossenen Hauptsitz des pleite gegangenen niederländischen E-Bike-Herstellers VanMoof in Amsterdam (Quelle: IMAGO / ANP)
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Di 18.07.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - VanMoof: Hippe Fahrradfirma ist pleite

Update: Coole E-Bikes für coole Metropolen-Menschen, das war der Anspruch von VanMoof: Doch nun ist der Hersteller insolvent. Was heißt das für die Kunden?

Der einst als Shootingstar gefeierte niederländische E-Bike-Hersteller VanMoof ist pleite. Das zuständige Amsterdamer Gericht habe den gewährten Zahlungsaufschub zurückgezogen und das Unternehmen für zahlungsunfähig erklärt, teilte VanMoof am 18. Juli mit. Die Geschäfte im Ausland sollen nach Möglichkeit weiter laufen.

Unklar, wie es außerhalb der Niederlande weitergeht

Welche Folgen die Pleite des Unternehmens für Kundinnen und Kunden in Deutschland haben wird, ist unklar. Dabei geht es etwa um die Lieferung von Ersatzteilen und neuen Rädern, aber auch um Reparaturservices. Einige Bauteile der Räder sind Eigenentwicklungen mit eigenen Maßen - sie können nur durch VanMoof-Teile und nicht die anderer Hersteller ersetzt werden, zum Beispiel Schaltung und Antrieb. Und schon im Laufe des Jahres gab es viele Ersatzteile einfach nicht mehr.
 
Ähnlich problematisch sieht es nach VanMoof-Angaben bei bestellten Rädern aus, derzeit seien alle Auslieferungen gestoppt. Räder der aktuellen Modellpalette kosten zwischen 2.500 und 3.500 Euro. Der Berliner VanMoof-Store ist geschlossen.
 
Auch die Berliner Fahrradläden AKOB und Velaroo, die Reparaturen für VanMoof angeboten hatten, können Kund:innen mit diesen Rädern nur noch eingeschränkt helfen. Reine mechanische Reparaturen, etwa an der Kette oder den Bremsbelägen seien noch möglich, weil man dafür handelsübliche Teile benutzen könne. Herstellerspezifische Teile wie Akkus, Gangschaltungen oder Computer bekämen die Läden nicht mehr. Daniel Torrillas Ramos, Inhaber von AKOB sagt, es habe mit einigen dieser Teile schon länger Lieferschwierigkeiten gegeben. Teile für die Gangschaltungen habe er schon seit mindestens zwei Monaten nicht mehr bekommen. Obwohl AKOB nach eigenen Angaben die erste von VanMoof zertifizierte Partnerwerkstatt in Berlin ist, sei die Kommunikation mit dem Hersteller "nicht die beste", so Torillas Ramos.

Wie steht es um die Zahlungen für Ersatzteile oder ganze Fahrräder?

Die Antworten dazu auf der Support-Seite von VanMoof sind vage: Alle Zahlungen seien den Insolvenzverwaltern bekannt, diese würden "für die Kunden, die diese Ansprüche im Konkursverfahren anmelden wollen, spezielle Verfahren" einrichten. Das heißt, das Geld gibt es erst einmal nicht zurück - und wird kein Käufer für das Unternehmen gefunden, ist es wohl verloren. Denn, so Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ), erst einmal würden das Finanzamt und die Insolvenzverwalter bedient, dann die Kundinnen und Kunden.
 
Einzig für Kund:innen, die mit Kredikarte gezahlt haben, bestehe eine Chance, Geld zurückzubekommen, sagt Karloina Wojtal: mit dem sogenannten Chargeback-Verfahren. Das sei zwar nicht gesetzlich verankert, aber es läge ein wichtiger Grund vor, man habe die Ware ja nicht erhalten. Betroffene holen sich das Geld in diesem Fall über die eigene Bank beziehungsweise die Kreditkartenfirma zurück. Es gelten Fristen von "zwei Wochen bis zu 120 Tagen", so Wojtal. Kund:innen die per Zahlungsdienstleister wie PayPal oder Klarna bezahlt haben, können auch auf diesem Wege versuchen, ihr Geld zurück zu bekommen.
 
Das Europäische Verbraucherzentrum in den Niederlanden bietet auch ein Musterschreiben (englisch) an, mit dem Sie Ihre Forderung bei den Treuhändern einreichen können. Die ernannten Treuhänder sind:
 
Mr J.A.H. Padberg and Mr R.P.A. de Wit
P.O. Box 7925, 1008 AC Amsterdam
Telephone: +31884070444

 
Immer wieder verweist VanMoof genau darauf, dass eben alles davon abhänge, ob ein Käufer für das Unternehmen gefunden werde. Die vom Gericht eingesetzten Verwalter prüften derzeit einen Neustart aus der Insolvenz durch einen Vermögensverkauf an Dritte, erklärt das Unternehmen auf seiner Website in einem Artikel zur aktuellen Situation. "So könnten die Geschäfte von VanMoof weitergeführt werden." Die Gläubigerversammlung soll am 21. September in Amsterdam stattfinden.

"Wir sind traurig, aber vor allem fühlen wir Stolz auf das, was wir erreicht haben."

Die VanMoof-Gründer Taco und Ties Carlier in einer Mail an die Belegschaft
Stillgelegtes Fahrrad durch stillgelegte Server?

Die VanMoof-Bikes sind über eine App sehr stark mit dem Unternehmen vernetzt. Bedeutet die Insolvenz jetzt, dass die Räder sich nicht starten oder gar fahren lassen? VanMoof verneint das in dem Online-FAQ, App und damit verbundene Server würden weiter arbeiten. Dennoch, für alle Fälle empfiehlt man, eine Sicherung des Entsperr-Schlüssels zu speichern, um das Fahrrad über Eingabetasten am Lenker zu entsperren. Wie das geht, wird hier erklärt.
 
Ausgerechnet von einem Hersteller, der eine ähnliche Kundschaft wie VanMoof anspricht, kommt nun unerwartete Hilfe: Das Unternehmen Cowboy aus Belgien hat offenbar eine erste App gebaut, mit der es möglich sein soll, ein VanMoof-Bike auch dann noch zu fahren, wenn bei VanMoof die Server doch nicht mehr erreichbar sein sollten. Aktuell werden die Modelle S3/X3 unterstützt, für die Modelle A5/S5 soll das in Kürze auch der Fall sein. Nichts geplant ist für die älteren Modelle S2/X2.

VanMoof-Gründer weit entfernt von ihren großen Zielen

Die Gründer Taco und Ties Carlier bedauerten das Aus des Unternehmens, wie sie in einer von Medien zitierten Mail an ihre rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schreiben: "Wir sind traurig, aber vor allem fühlen wir Stolz auf das, was wir erreicht haben." Eine Milliarde Räder wollten die Brüder verkaufen, am Ende waren es knapp 200.000.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von Afp und Dpa.