Die wahren Umweltkosten werde an einem Joghurt in einem Penny-Discounter ausgepreist (Quelle: PENNY Markt GmbH)
Bild: PENNY Markt GmbH

Mo 31.07.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Mit Umweltkosten: Penny verlangt "wahre Preise"

Fast doppelt hohe Preise ruft Discounter Penny für Wurst und Käse auf - um die Schäden für die Umwelt abzubilden. Die Aktion ist aber stark beschränkt.

Für insgesamt nur neun Produkte seines Sortiments verlangt der Discounter die "wahren Preise". Diese hat das Unternehmen zusammen mit der Universität Greifswald und der Technischen Hochschule Nürnberg ermittelt. Sie sollen abbilden, welche Kosten der Gesellschaft durch den Konsum von Lebensmitteln entstehen. Berücksichtigt wurden laut Penny die Kategorien Klima, Wasser, Boden und Gesundheit. Die Mehreinnahmen gehen an ein Projekt für klimafreundliche Landwirtschaft, das der Discounter zusammen mit einer großen Molkerei betreibt.
 
"Wir müssen uns der unbequemen Botschaft stellen, dass die Preise unserer Lebensmittel, die entlang der Lieferkette anfallen, die Umweltfolgekosten nicht widerspiegeln", begründet Penny-Manager Stefan Görgens die Aktion.

Bio und vegan gewinnt

Während sich die Preise für konventionelle tierische Produkte fast verdoppeln, fällt der Preisanstieg für Bioware und vegane Lebensmittel deutlich geringer aus, das vegane Schnitzel wird zum Beispiel nur fünf Prozent teurer. "Wir erhoffen uns einen starken Impuls, damit wir Preise für Lebensmittel in einer anderen Form diskutieren und betrachten", so die Greifswalder Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Dr. Amelie Michalke, die an dem Projekt gearbeitet hat.
 
Diskutiert wird auf jedem Fall, unter Social-Media-Posts zu der Aktion wird fleißig kommentiert. Die Stimmung ist gemischt, während einige die Aktion loben und für eine nachhaltigere Ernährung plädieren, kritisieren andere die Folgen für Menschen mit geringem Einkommen.
 
Auf dem Firmen-Bewertungsportal Trustpilot schreibt ein Nutzer über den Discounter: "Was Penny gerade mit den Preiserhöhungen bei 9 Produkten macht, finde ich unglaublich. Wenn keiner diese Artikel kauft, werden sie weggeschmissen? Käse, Wurst. Soviel zum Thema Nachhaltigkeit. Für mich hat Penny damit ein grosses Eigentor geschossen."

Alles nur ein Werbe-Gag?

Zwar habe die Aktion auch einen Werbeeffekt, er sehe sie aber positiv, sagt Patrick Müller, Agrarpolitik-Experte der Umweltorganisation BUND gegenüber SUPER.MARKT. Penny lenke viel Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema. Das Konzept der "wahren Preise" sei gut, der Vorstoß von Penny ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Für weitere Schritte sieht er aber auch die Politik in der Pflicht, er fordert etwa unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für klimafreundliche und klimaschädliche Lebensmittel.
 
Allzu viele Produkte zu den erhöhten Preisen werde Penny vermutlich nicht verkaufen, schätzt der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf. Aber darum gehe es dem Unternehmen auch gar nicht. Es wolle Bewusstsein für Nachhaltigkeit schaffen und gleichzeitig die eigene Marke aufwerten. Besonders riskant sei die Aktion für Penny nicht. "Auch wenn die hohe Inflation zu großer Verunsicherung bei den Verbrauchern geführt hat: Ich glaube nicht, dass das die Aktion die Kunden vor den Kopf stößt - solange sie die Wahl haben, zu anderen Produkten zu greifen", so Fassnacht.
 
Tatsächlich muss man fragen, wie ernst es Penny tatsächlich mit der Nachhaltigkeit meint. In der aktuellen Werbung des Discounters ist die XXL-Packung Hähnchenkeulen aus konventioneller Haltung ein "Highlight der Woche" - für drei Euro pro Kilo. In Berliner Penny-Prospekten wird dieses Angebot prominent auf der Titelseite beworben - die Aktion mit den "wahren Preisen" ist dort nur eine Randnotiz und kommt ausführlich erst auf Seite sieben vor.
 
Auch Patrick Müller vom BUND wünscht sich hier mehr Konsequenz. Der Handel solle auf solche Lockangebote verzichten und auf ein anderes Marketing setzen. Es brauche bei den Unternehmen ein größeres Bewusstsein über die Umwelt- und Klimafolgen der Produkte, die sie bewerben.

Ein Beitrag von JP mit Material von Dpa.