Eine Kundin zeigt einem Handwerker einen Vertrag (Quelle: imago images / Westend61)
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Mo 04.09.2023 | Beitrag | Lesedauer etwa 2 Minuten - Handwerksaufträge: Widerruf möglich

Auch Aufträge an Handwerker lassen sich rückabwickeln - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wann die gegeben sind, klären wir hier.

Ein Handwerker! Endlich haben Sie die Auftragsbestätigung bekommen, ein Termin ist gesetzt, bald wird es wirklich losgehen - doch dann gibt es Bedenken. Egal wieso und weshalb, aber Sie wollen die Auftragsvergabe rückgängig machen. Geht das? Ja, das geht. Auch gegenüber Handwerksbetrieben haben Sie - unter Umständen - ein Widerrufsrecht.

Die Grundvoraussetzung für einen Widerruf

Ein Auftrag an einen Handwerker oder eine Handwerkerin darf nur dann widerrufen werden, wenn der Handwerksbetrieb dem Verbraucher oder der Verbraucherin vor Ort - etwa auf der Baustelle - ein verbindliches Angebot unterbreitet oder dort sogar der Auftrag erteilt wird. Es handelt sich in diesem Fall um einen "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag" mit 14-tägigem Widerrufsrecht.
 
Wenn der Vertrag erst im Nachgang zum Ortstermin per Telefon, Fax oder Mail geschlossen wird und die Kontaktaufnahme vom Verbrauchenden ausging, liegt kein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor, in diesem Fall gibt es kein Recht auf Widerruf.
 
Hat jedoch der Unternehmer die Kundin oder den Kunden angesprochen, gilt der Vertrag als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen und das Widerrufsrecht findet Anwendung.

Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Selbst wenn der Auftrag außerhalb der Geschäftsräume erteilt wurde, gibt es Ausnahmen vom Widerrufsrecht:
 
• Sobald der Betrieb die Dienstleistung vollständig erbracht hat, darf nicht mehr widerrufen werden. Allerdings muss der Verbraucher dem Betrieb gegenüber vor Vertragsschluss ausdrücklich bestätigen, dass dieser mit der Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen darf.
 
• Auch bei Verträgen, bei denen die Fachleute ausdrücklich aufgefordert wurden, den Kunden oder die Kundin aufzusuchen, um dringende Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten durchzuführen, erlischt das Widerrufsrecht. Dafür dürfen aber vom Betrieb keine anderen, unwichtigeren Arbeiten durchgeführt werden, auch wenn diese im Auftrag vereinbart worden sind und der Handwerker darf den Kund:innen in dem zugrundeliegenden Vertrag in den Räumlichkeiten des Verbrauchers keine anderweitigen Dienstleistungen bzw. Produkte verkaufen.
 
• Bei Werkleistungen, die auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind und nicht vorgefertigt, erlischt das Widerrufsrecht ebenfalls.
 
• Ebenso wenn Ware nach der Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurde , also etwa anderen Baumaterialien.

So widerrufen Sie den Auftrag

Wer einen Handwerkerauftrag widerrufen will, muss diesen Widerruf gegenüber dem Handwerker ausdrücklich erklären. Das kann per E-Mail, Post oder Fax erfolgen. Zwar ist auch der mündliche Widerruf rechtens, doch wird davon abgeraten, weil im Streitfall die Widerrufserklärung unter Umständen kaum zu beweisen ist.
 
Für den Widerruf kann das gesetzliche Muster-Widerrufsformular, das Sie hier auf den Seiten der Verbraucherzentrale finden, oder eine Widerrufserklärung auf der Webseite des Handwerkers verwendet werden. Der Widerruf kann allerdings auch vom Kunden oder von der Kundin selbst formuliert werden. Dann sollten Sie darauf achten, dass sich in dem Schreiben der Entschluss zum Widerruf des Vertrags ausdrücklich ergibt. Der Begriff "Widerruf" muss nicht unbedingt enthalten sein, ebenso wenig wie Gründe für den Widerruf.

Das Widerrufsrecht hat seine Grenzen

Dass das Widerrufsrecht seine Grenzen hat, musste der Kunde eines Dachdeckers auf die harte Tour lernen: Der Mann hatte nach über einem Jahr einen da schon längst verrichteten Auftrag widerrufen. Bei einem anschließenden zufälligen Treffen habe er dem Handwerker einen Flyer mit der Überschrift "Der Handwerker-Widerruf - Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern" überreicht. Ferner habe der Mann erklärt, daraus ein neues Geschäftsmodell entwickelt zu haben.
 
Der Bundesgerichtshof urteilte nun, dass, dass der Widerruf nicht rechtens sei. Der Auftrag - bzw. ein Teilauftrag Zusatzarbeiten betreffend - sei zwar telefonisch besprochen und am nächsten Tag auf der Baustelle des Kunden abgeschlossen worden - also außerhalb der Räumlichkeiten des Dachdeckerbetriebs. Allerdings habe der Kunde einen Tag Zeit gehabt, die Modalitäten zu überdenken. Ihm stünde damit kein Widerrufsrecht zu, so der BGH (Az. VII ZR 151/22).
 
Das Amtsgericht Hameln hatte die Klage zuvor abgewiesen, da der Kläger sein Widerrufsrecht "rechtsmissbräuchlich" ausgeübt habe. Auf die Berufung hin verurteilte das Landgericht Hannover den Dachdecker allerdings zur Rückzahlung von 1164,38 Euro. Es muss nun erneut dazu verhandeln.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von DPA.