Jemand hält in einem Fußballstadion viele Euro-Scheine in die Kamera (Quelle: IMAGO / MIS)
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Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 2 Minuten - Sportwetten: Jetzt gibt es Geld zurück

Ein Beschluss des BGH macht glücklosen Zockern Hoffnung - eventuell bekommen sie ihre Verluste zurück. Aber für welche Fälle gilt das?

Noch kein Urteil, aber schon verdammt aussagekräftig: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem verbraucherfreundlichen Beschluss tausenden Spielerinnen und Spielern von Sportwetten Hoffnung auf die Rückerstattung verlorener Wetteinsätze gemacht.
 
Die sind in einem Streit um unerlaubte Sportwetten in tausenden Fällen vor Gericht gezogen. Ein Grund dafür: Mehrere Firmen hatten vor Jahren in einer rechtlich unklaren Lage Sportwetten angeboten. Zum anderen haben sich Kanzleien und Unternehmen, die zu jenen Rechtsanwälte vermitteln und die Kosten der Rechtsverfolgung gegen eine Provision im Erfolgsfall finanzieren, darauf spezialisiert.

Das sagt der Beschluss

In dem 25 Seiten langen Beschluss, der der Deutschen Presse-Agentur (DPA) vorliegt, geht der erste Zivilsenat des BGH im vorliegenden Fall davon aus, dass der Anbieter gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in der Fassung von 2012 verstoßen habe. Unter anderem hatte die Firma demnach den Höchsteinsatz je Spieler nicht auf 1.000 Euro pro Monat begrenzt. Das wird schon daran deutlich, dass der Mann in knapp zweieinhalb Monaten im Jahr 2018 rund 12.000 Euro Verlust gemacht hat. Die fordert er plus Zinsen zurück (Az. I ZR 88/23).
 
Die Verträge zwischen Anbieter und Spieler dürften nichtig sein, schlussfolgert der BGH im noch unveröffentlichten Beschluss. Der Kläger dürfte somit einen Rückzahlungsanspruch haben.

Was hat das mit einem möglichen Urteil zu tun?

Dieser Beschluss ist ganz klar noch kein Urteil. Stattdesssen erteilt der Senat den Parteien nach vorläufiger rechtlicher Beurteilung lediglich Hinweise zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung.
 
Aus dem extrem sorgfältigen und ausführlichen Hinweisbeschluss geht aber laut Rechtsanwalt Matthias Siegmann, der den Kläger am BGH vertritt, eine eindeutige Tendenz hervor - zugunsten des bis dato glücklosen Zockers. Siegmanns Ansicht nach dürfte der Beschluss mehr oder weniger das beabsichtigte Urteil darstellen. Ob es nun überhaupt noch eine Verhandlung und ein Urteil geben wird, ist offen. Das Unternehmen kann seine Revision auch zurücknehmen.
 
Da der Fall beispielhaft für tausende weitere steht, rechnen Fachleute jetzt mit einer noch größeren Klagewelle als ohnehin schon. Rechtsanwalt Thomas Schopf, der den Kläger in Vorinstanzen wie dem Dresdner Oberlandesgericht (OLG) vertreten hatte, schreibt etwa auf anwalt.de, nach dem BGH-Beschluss dürfte "ein regelrechter Tsunami über die ganze Sportwetten-Branche hereinbrechen".
 
Denn schon der Beschluss gilt als richtungsweisend, untere Instanzen dürften sich laut Experten ähnlich wie an einem Urteil des BGH an dem Hinweisbeschluss orientieren.

Und jetzt: eine Mille zurück

Das Thema hat wegen des Ausmaßes eine große Brisanz. Allein das Legal-Tech-Unternehmen Gamesright hat rund 2.000 vermittelte Fälle, die aktuell noch laufen. "Und wir kriegen täglich rund 100 Anfragen." Die Erfolgsquote bei etwa 500 abgeschlossenen Fällen liegt nach Unternehmensangaben bei mehr als 90 Prozent. Im Schnitt gehe es um ein Volumen von rund 25.000 Euro. "Der höchste Rückzahlungsanspruch liegt bei über einer Million."

Glücksspielsucht, Schwarzmarkt & Jugendschutz

Der Glückspielvertrag hat eindeutige Ziele, die auch der Senat des BGH hervorhebt: So soll das Entstehen von Glücksspielsucht verhindert werden, durch ein begrenztes Angebot soll der natürliche Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt werden, unerlaubtem Glücksspiel in Schwarzmärkten soll entgegengewirkt werden, der Jugend- und Spielerschutz soll gewährleistet werden und es soll sichergestellt werden, dass Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden.
 
Dem aktuellen Glücksspielatlas zufolge nahmen 2021 fünf Prozent der Bevölkerung an Sportwetten teil - eine Verdopplung innerhalb von zwei Jahren. Die Bruttospielerträge bei Sportwetten wiederum hätten 2022 bei 1,4 Milliarden Euro gelegen. Zum Vergleich: Bei Lotterien seien es 4,1 Milliarden und bei Geldspielautomaten 4,8 Milliarden Euro gewesen.
 
Der Zuwachs bei Sportwetten sei seit deren Legalisierung im Herbst 2020 stark, heißt es weiter. Laut der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) haben inzwischen 30 Anbieter von Sportwetten eine Erlaubnis. 14 Anträge auf eine solche lägen vor.
 
Spieler können sich in einer GGL-Liste vergewissern, bei einem erlaubten Sportwettanbieter zu spielen. Denn die Beteiligung an einem unerlaubten öffentlichen Glücksspiel ist strafrechtlich verboten, wie Robin Anstötz und Florian Tautz vom Institut für Glücksspiel und Gesellschaft an der Uni Bochum erläutern. "Zusätzlich sollten Spieler auf der Homepage des jeweiligen Anbieters nach dem Prüf- und Erlaubnissiegel der GGL Ausschau halten."
 
Laut einer GGL-Sprecherin sind im vergangenen Jahr rund 630 Beschwerden zu legalen Sportwettangeboten eingegangen. Der Glücksspielatlas berichtet darüber hinaus von 199 illegalen deutschsprachigen Sportwetten-Seiten im Internet im Jahr 2022.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von DPA, 05.04.2024.