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Das Besondere am Pergamonmuseum ist, dass man in fremde Orte und ihre Geschichte eintauchen kann. Man kann durch das vorchristliche Ischtar-Tor treten, eines der Stadttore Babylons oder den hellenistischen Pergamonaltar besuchen und auch das Aleppo-Zimmer. Es ist die Vertäfelung eines Empfangsraumes aus einem Wohnhaus in Aleppo aus dem frühen 17. Jahrhundert. Anke Scharrahs restauriert es vor Ort.
Sie hat einen der schönsten Arbeitsplätze im Pergamon-Museum: Anke Scharrahs restauriert seit mehr als drei Jahren das Aleppo-Zimmer vor den Augen der Besucher.
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Die Leute wundern sich immer, warum ich das mache. Aber ich mache mir meine Stäbchen selber. Weil je nachdem, wie straff oder wie locker ich die Watte wickel, kann ich quasi steuern, wie viel Druck ich dann auf der mal Schicht ausübe. Und dann habe ich eine Atemschutzmaske, weil mit den Lösungsmitteln würde ich mich ja selber vergiften und eine Brille. Und dann noch eine Lupenbrille obendrüber, damit ich wirklich ganz genau sehen kann, was ich mache."
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Das Zimmer hat irgendwann mal vor dem Verkauf vor über 100 Jahren einen Schutz bekommen. Man dachte, es schützt und der altert aber im Laufe von Jahrzehnten, wird immer spröder und führt dazu, dass der die Farbschicht quasi hoch reißt. Deswegen nehme ich den runter."
Um das Jahr 1600 beauftragt ein Kaufmann die kostbaren Wandvertäfelungen für sein Wohnhaus. 1912 werden sie an das Berliner Kaiser Friedrich Museum verkauft.
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Wir stehen jetzt vor der Wand vom Wohnzimmer und das ist auch die Wand, die die am prächtigsten geschmückten Paneele hat. Und auf der linken Seite sind so höfische Szenen. Man sieht so Falkenjagd. Und auf der anderen Seite, auf der rechten Seite, sieht man Szenen aus der christlichen Geschichte, also das letzte Abendmahl. Hier dann Maria mit dem Jesuskind im Tempel. Also man kann sich wirklich in so viele Szenen hinein vertiefen und bekommt immer Geschichten erzählt, die wirklich ganz spannend und ganz aufschlussreich sind."
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Das war ursprünglich ein Empfangsraum für Gäste und es ist immer der wichtigste und am prächtigsten ausgestattete Raum eines traditionellen syrischen Wohnhauses. Man trank dort Tee, man verhandelte mit Business-Partnern. Es wurden Verträge aufgesetzt. Man muss sich eine vielfältige Nutzung für diese Räume vorstellen. Aber immer sozusagen Begegnungsraum für Menschen außerhalb der Familie. Das Tolle ist, dass dieses Zimmer als Geschichte erzählt ist, dass Aleppo eben vor 400 Jahren eine ganz weltoffene Stadt war."
Die Altstadt von Aleppo hat eine 5000-jährigen Geschichte, ist eine der ältesten Handelsstätten des Nahen Ostens. Ein freier Ort. Doch die Front des Bürgerkriegs verläuft ab 2012 mitten durch das Unesco-Weltkulturerbe. Vor wenigen Monaten zerstört ein Erdbeben viele weitere Häuser.
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Aleppo sieht aus oder sah aus wie Berlin am Ende vom Zweiten Weltkrieg. Es gab nur noch so oder es gibt nur so Mauerreste von vielen Gebäuden. Die Altstadt ist ganz stark zerstört."
Seit über zwanzig Jahren ist Anke Scharrahs auf die Restaurierung von syrischen Zimmern spezialisiert, hat das Land mehrmals bereist. Aber die Arbeit am Aleppo-Zimmer bleibt für sie ganz besonders.
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Seit ich mich seit 1998 mit diesen Zimmern aus Syrien beschäftige, habe ich natürlich auch in diesen 25 Jahren verschiedene Formen von positiver und negativer Aufmerksamkeit für meine Arbeit erlebt. Viele haben einfach keine Berührungspunkte zu. Weder zu Menschen, noch zu Orten, noch zu diesen uralten Hochkulturen, die es dort schlicht gibt. Man sieht richtig das Staunen in den Gesichtern. Also mich freut es natürlich, weil wenn auch anderen Menschen sozusagen meine Welt gefällt. Ja, ich gucke das wirklich mit glücklichem Herzen immer an, jeden Tag."
Für Anke Scharrahs geht die Arbeit weiter, bald ohne Zuschauer.
Anke Scharrahs, Restauratorin
"Es ist sehr erstaunlich, dass nach 420 Jahren überhaupt noch so viel von der Malerei da ist. Die Künstler, die das mal hergestellt haben, die wussten ganz genau, welche Materialien sie verwenden. Wenn wir heute so denken, wenn man mal Holztür oder ein Fenster streicht, das ist ja auch nach wenigen Jahrzehnten so, dass es quasi nicht wieder runterfällt. Und dass ist nicht passiert. Es ist wirklich ein Wunder. Für mich als Restauratorin auch. Ich bewundere das Wissen, das diese Kunsthandwerker damals hatten."
Autor: Max Burk