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25.05.2021 - Gesundheit – Wie viele Ärzte braucht die Stadt?

Warum ist es gut, wenn Patient*innen lange auf einen Termin warten müssen? Sind Menschen in der Stadt gesundheitlich besser versorgt als Menschen auf dem Land? Und wie könnte die Gesundheitsversorgung in Zukunft aussehen? Diese Fragen klärt Julia Vismann mit den Medizinern und Gesundheitsforscher*innen Prof. Wolfram Herrmann und Prof. Verena Vogt.

In Berlin gibt es mehr Fachärzt*innen als Hausärzt*innen. Trotzdem müssen Patient*innen oft lange auf einen Termin bei ihrem Wunscharzt warten. Das sei jedoch eher gut, sagt Prof. Wolfram Herrmann. Wartezeiten zeigen an, dass eine Praxis gut ausgelastet sei.
 
Tatsächlich haben gesetzlich Versicherte einen Rechtsanspruch auf einen Arzttermin. Geregelt wird dies vom Terminservice- und Versorgungsgesetz, das seit Mai 2019 in Kraft ist. Der zentrale Patientenservice vermittelt gesetzlich Versicherten Facharzttermine binnen maximal vier Wochen; dabei besteht allerdings keine freie Arztwahl. Der Dienst ist telefonisch unter der bundesweiten Rufnummer 116 117 oder per App „116117“ zu erreichen.

Der Gang zum Facharzt sei ein deutschen Phänomen, so Herrmann. In anderen Ländern wie Großbritannien oder Norwegen würden Patient*innen eher hausärztlich oder in Gesundheitszentren versorgt.

Wolfram Herrmann (Quelle: rbb)

Wir haben uns ein Gesundheitssystem aufgebaut, das sehr sehr viel anbietet. Die Leute sind in Deutschland häufiger beim Arzt als in anderen Ländern, die Leute sind häufiger und länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Das kostet deswegen mehr, aber die Leute sind nicht gesünder.

Wolfram Herrmann, Professor für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Versorgungsforschung, Charité Berlin

 
 
Für Verena Vogt liegt die Stärke des deutschen Gesundheitswesens vor allem im ambulanten Sektor, das heißt in niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. Während der Coronapandemie seien viele Patient*innen zum Hausarzt gegangen. In anderen Ländern, wo es nicht so viele Hausärzte gibt, seien die Menschen auf eine Versorgung im Krankenhaus angewiesen. Deshalb seien dort die Krankenhäuser schnell überfüllt gewesen.

Verena Vogt (Quelle: rbb)

Wir müssen uns nicht alles leisten, was es gibt, sondern wir sollten darauf schauen, ob es uns auch einen Nutzen bringt.

Prof. Verena Vogt, Juniorprofessorin für Versorgungsforschung und Qualitätsmanagement im ambulanten Sektor an der TU Berlin

 

 
 
Nach Ansicht von Verena Vogt gibt es allerdings auch Leistungen, die hinterfragt werden müssten. Nicht alles, was angeboten werde, bringe auch einen Nutzen.
 
Eine große Chance für eine bessere Gesundheitsversorgung sieht Verena Vogt in der Digitalsierung. Vor allem in ländlichen Gebieten könne die sogenannte Telemedizin helfen, Patient*innen zu überwachen - etwa bei Bluthochdruck oder Diabetes.
 
Wie die Medizin der Zukunft aussehen könnte, erfahren Sie im Podcast.

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Blick auf ein Gebäude der Berliner Charité (Quelle: imago-images/Christoph Hardt)
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Talking Science - Wenn Wissenschaft auf Gesellschaft trifft

Julia Vismann, Wissenschaftsjournalistin im rbb, bewegt sich mit diesem Podcast an der Schnittstelle zwischen Gesellschaft und Wissenschaft. In jeder Ausgabe unterhält sie sich mit Forschenden, die ganz unterschiedliche Expertisen einbringen und arbeitet mit ihnen Gemeinsamkeiten und Gegensätze heraus.