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Anton Schneider alias Fatoni macht seit 20 Jahren deutschen Rap - bricht aber mit jedem Klischee, das dazu gehört und gerade das macht ihn interessant. Seine Songs sind klug getextet, politisch und musikalisch immer wieder überraschend. Das gilt auch für sein neues Album.
Musikvideo "Wunderbare Welt"
"Warum gibt es Milliardäre, warum gibt es so viel Geld? Warum untersucht die Kirche ihre Missbrauchsfälle selbst?"
Für das Video zu seinem Song "Wunderbare Welt" taucht Rapper Fatoni in Szenen seiner Lieblingsfilme ein. Ein wenig ratlos beobachtet er das Geschehen.
Musikvideo "Wunderbare Welt", Fatoni
"Alles berechtigte und spannende Fragen aber ich möchte gerade lieber keine Antworten haben. Danke."
Fatoni, Rapper
"Ich kann mich schon so ein bisschen mit der Rolle identifizieren, dass man so durchs Leben geht und so manchmal danebensteht und so denkt: Hä, was ist jetzt? Was ist jetzt los? So sehe ich auch bisschen, glaube ich, meine Künstler Persona. Manchmal nehme ich schon so eine kommentierende Haltung ein."
Musikvideo "Wunderbare Welt", Fatoni
"So viel zu dem man eine Meinung haben kann..."
Fatoni ist heute das erste Mal im Museum für Film und Fernsehen. In München, wo er aufgewachsen ist, war er schon als Kind oft allein ins Kino.
Fatoni, Rapper
"Also das Kino, das am nächsten war zu der Straße, wo ich aufgewachsen bin, da konnte man so manchmal tatsächlich durch den Ausgang sich reinschleichen, wenn Leute rausgegangen sind und dann bin ich in Filme, die ab 16 waren und so."
Auf seinem neuen Album lädt er nun in sein Kopfkino ein. Und blickt zurück auf die Höhen und Tiefen seines bisherigen Lebens.
Fatoni, Rapper
"Ich hab ́ beim Fertigstellen am Ende der Platte so gemerkt, dass sich das gut wie so ein Film hören lässt. Wenn man so will so `ne durchgehende Geschichte hat. Und so ́ne Dramaturgie."
Fatonis Weg ist bestimmt von einem ständigen Hadern mit sich selbst und seinem Platz in der Welt.
Song "Mit dem Taxi in die Therapie", Fatoni
"Als ich in die Schule kam, begann für mich ein Kampf. Ich hab solange gedacht, dass ich nichts gut kann. Was für ein Unsinn. Sie haben gemacht, dass ich gedacht hab, dass ich dumm bin."
Fatoni wechselt mehrmals die Schule, hört nach der 10. Klasse auf. Mit 17 beginnt er zu rappen. Doch bis das sein Beruf wird, folgen etliche Nebenjobs, eine Erzieherausbildung, ein Schauspielstudium. Nebenbei rappt er in Bands und irgendwann solo.
Musikvideo "Lauf der Dinge", Fatoni
"Kann mich mal bitte jemand schütteln, um mich wachzurütteln? Der Lauf der Dinge ist geladen aber keiner traut sich abzudrücken."
Neben seinem Vollzeitjob am Theater schreibt er mit 30 Jahren das Album: "Yo, Picasso", sein Durchbruch.
Musikvideo "Kann nicht reden ich esse", Fatoni
"Meint er kennt meine Mucke, sei Fan meiner Mucke und sehe Potential für ein’ größeren Markt. Er erzählt irgendwas von wegen, er hat Pläne gemacht..."
Scharfsinnig analysiert Fatoni sich selbst und die Gesellschaft. Als er 2016 nach Berlin zieht, treibt er sich kurz in der Techno- und Drogenszene herum. Davon rappt er auf dem neuen Album.
Musikvideo "Alle ziehen", Fatoni
"Niemand will wissen, wo es herkommt aber kein billig shit, ja hab ich Dopamin gebraucht, hab ich Kokain gekauft, noch nie Kokain verkauft, White Privilege, ja. Wir reden so dumm aneinander vorbei in so schöner Euphorie und irgendjemand führt irgendwo genau deswegen einen Krieg."
Fatoni, Rapper
"Also ehrlich gesagt, ich war nie so der gute Raver. Und ich war nie so krass im Moment, dass ich mit nem guten Gewissen und nem geilen Gefühl um acht Uhr morgens oder um elf Uhr vormittags an der Spree saß und dachte: Boah, ist das gerade geil. Sondern ich hab immer gedacht: Fuck, zwei Tage sind im Arsch und ich hab eigentlich irgendwas zu tun."
Fatoni, der Getriebene. Sein lebenslanger Begleiter, so singt er, ist der Zweifel. Viele seiner Lieder sind getragen von einer Melancholie. Fatoni rappt offen über seine Unsicherheiten und Schwächen. Anders als die klassischen Gangster-Rapper.
Song "König der Zweifler", Fatoni
"Ich zweifelte..."
Fatoni, Rapper
"Ein Teil des Arbeitsprozesses ist, dass man alles hasst, sich selber auch und es wieder wegschmeißt und das gehört halt dazu. Und das sagen viele auch nicht, weil es, glaube ich, nicht so cool ist oder so. Es gab so `ne Zeit vor allem auch so im Rap und auch im deutschen Rap, da haben dann immer so Leute so gesagt: Ähm, ich hab das in zehn Minuten geschrieben und wenn ich länger als zehn Minuten für was brauch ́, dann ist es Müll. Und da hab ich immer schon so gedacht: Okay. Ich nicht. Ich hab an dem Song zwei Jahre geschrieben. Aber okay."
Musikvideo "Du wartest", Fatoni
"Einmal in zwei Jahren, lässt du dich durchchecken beim Arzt. Beim Zahnarzt einmal im Quartal, weil du Zahnschmerzen nicht magst. Es ist ziemlich sicher, dass du alles richtig machst. Und dein Versicherungsberater versicherte dir das."
Fatoni gibt gerne den Antiheld, der schon immer diejenigen am meisten bewunderte, die stets wissen was sie wollen. Aber ein bürgerliches Leben wäre für ihn nie in Frage gekommen. Zu groß das Unbehagen vor Routine - man könnte ja etwas verpassen.
Musikvideo "Du wartest", Fatoni
"Ja, du wartest, du wartest, du wartest, du wartest so lang..."
Sein Album soll Drama, Komödie und Roadmovie in einem sein. Am Ende klingt es versöhnlich. Beinahe so, als hätte er seinen Platz gefunden.
Fatoni, Rapper
"Ach ich glaube, es ist ein Auf und Ab. Ich weiß gar nicht, ob’s das gibt. Ich weiß nicht, ob man ankommt und dann ist es gut und dann bleibt’s gut. Ich glaube nicht aber mal schauen."
Song "Mit dem Taxi in die Therapie", Fatoni
"Mir geht es so gut wie noch nie. Mit dem Taxi in die Therapie. Nie wieder mach ich, was man mir befielt. Mit dem Taxi in die Therapie."
Autorin: Lilli Klinger