Abendschau vom 18.07.2008 - Das Jahr 1972
In diesem Sommer atmet Berlin royale Luft. Prinzessin Margaret, die jüngere Schwester der Queen, besucht die Spree.
Die Mutter zweier Kinder macht bei ihrem ersten Berlintrip auch einen Abstecher zur deutsch-englischen Charles Dickens Schule am Olympiastadion.
Wegen ihrer zahlreichen Männerbekanntschaften wird Margaret auch die "Skandalprinzessin" genannt. Sie ist dafür bekannt, gerne und ausschweifend zu rauchen und zu trinken. In Berlin hält sie sich jedoch vorbildlich ans höfische Protokoll.
Zwei Monate später trauert die ganze Stadt. Bei den olympischen Spielen in München nehmen palästinensische Terroristen elf Athleten der israelischen Mannschaft als Geiseln. Insgesamt sterben bei einem gescheiterten Befreiungsversuch 17 Menschen. Die Berliner gedenken der Toten. Etwa 2000 Berliner versammeln sich am Abend vor dem Rathaus Schöneberg zu einer spontanen Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des Attentats in München.
In West-Berlin entstehen im Jahr 1972 die so genannten "Besucherbüros". In den fünf "Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten" können Menschen des Westteils der Stadt, Besuche im Osten beantragen. Wie bereits bei den Passierscheinabkommen vor 1972, liegen die Bearbeitung der Anträge sowie die Kontrolle und Überwachung der Einreisenden fest in den Händen der Stasi.
Einen ganz anderen Sumpf erleben etliche Charlottenburger. Zwischen Zille-, Fritsche- und Hebbelstraße versinken die Mietshäuser im so genannten "Nassen Dreieck". Hier werden ohne Rücksicht auf den schlechten Baugrund dieser sumpfigen Rinne bis 1910 Häuser gebaut. Schon bald zeigen sich erste Risse. Ganze Blöcke stürzen ein.
Die "schiefen Häuser im Sumpf von Charlottenburg" sind in aller Munde. Der Bau der Linie U7 führt schließlich 1972 zur Räumung und zum Abriss der restlichen Häuser auf dem „Nassen Dreieck“. Wie es für die Mieter weitergeht, erfahren sie in der Abendschau. Das "Nasse Dreieck" ist ein Novum in Berlins Stadtentwicklung.
Ein Beitrag von Ralf Ayen